„Select & Arrange“ im Eames House: Was man von den Eames’ übers Wohnen und Einrichten lernen kann.

Haben Sie als Kind gern Collagen gebastelt? Magazinseiten zerschnitten und in Einzelteile zerlegt, um sie danach Stück für Stück neu zu arrangieren? Ich erinnere mich an eine Übung aus dem Kunstunterricht, für die wir mit der Schere hantierten, als wären wir Matisse, wir schnitten Bilder aus Modemagazinen heraus und führten mit dem Stift die Linien der Motive weiter.

Auch Charles und Ray Eames schätzten die Kunst der Collage – allerdings arbeiteten sie nicht mit Papierschnipseln, sondern mit Formen, Farben und Proportionen. Im Grunde verstanden sie Gestaltung als Collage. Das beste Beispiel ist ihr Haus, das sie Mitte der 1940er-Jahre im kalifornischen Pacific Palisades für sich selbst entwarfen. Das „Case Study House No. 8“, heute bekannt als Eames House, war ursprünglich Teil eines Projekts von John Entenza, dem Herausgeber der Zeitschrift „Arts & Architecture“, der sich für moderne Wohnkonzepte interessierte. Auf einem Fleckchen bewaldeter Steilküste mit Blick aufs Meer entwarfen die Eames’ ihre Wohnstudie in Form zweier rechteckiger, zweistöckiger Flachdachbauten. Das eine diente ihnen zum Wohnen, das andere zum Arbeiten, miteinander verbunden wurden sie über einen kleinen Innenhof.

Charles und Ray balancieren auf dem Stahlrahmen des Eames House in Pacific Palisades, Kalifornien, 1949.

© Eames Office LLC. All rights reservedBunte Paneele, viele Fenster – das Eames House in Kalifornien ist jetzt wieder geöffnet

Für das Gerüst der Häuser setzten sie auf standardisierte Industrieteile. Die Fassade mit den vielen Fenstern und den bunten Paneelen wurde schnell berühmt – und 2006, lange nach dem Tod der beiden, wurde das Haus zum Denkmal erklärt. Seitdem kümmern sich die Nachkommen des Ehepaares mit ihrer Eames Foundation darum. Als verheerende, fast einen Monat andauernde Waldbrände im Januar dieses Jahres große Teile von Pacific Palisades zerstörten – über 16.000 Gebäude, darunter Architekturikonen von Richard Neutra und Ray Kappe –, war auch das Eames House bedroht. Es blieb ausgerechnet deshalb verschont, weil man im letzten Jahr zahlreiche der schnell brennenden Eukalyptusbäume entfernt hatte – ein Merkmal, das Ray und Charles früher am Grundstück liebten, ihr Bau sollte sich in die Natur einfügen. Zwar wurde das Eames House nicht zerstört, aber der Rauch hat es doch so angegriffen, dass es die letzten sechs Monate geschlossen war. Jetzt hat es wieder für die Öffentlichkeit geöffnet.

Einrichten als Collage

Ein Blick in die Räume zeigt, wie aktuell die Möbel der Eames’ heute noch sind – und dass das Paar nicht nur ein Händchen für das Produkt selbst, sondern auch für die Komposition von Räumen hatte. Eines ihrer Prinzipien lautete „Select and Arrange“. Das mag einem zunächst selbstverständlich erscheinen, schließlich ist das die einfachste Erklärung dafür, was Einrichten ausmacht: Man wählt etwas aus und arrangiert. Interessant aber ist die Herangehensweise der Eames: Sie verstanden Einrichten als Collage. Sie komponierten Möbel, Kunst und allerlei Objekte – von Büchern über selbst entworfenes Spielzeug, Decken und Kissen bis hin zu Fundstücken aus der Natur – und schufen aus vielen Einzelteilen ein stimmiges Ganzes. Ihre Assemblage wurde im Laufe der Jahre „immer wieder neu positioniert und kombiniert, und es kamen stets neue Stücke hinzu – und doch blieb die Collage immer ein sehr persönlicher Ausdruck von Charles und Ray Eames und ihrer Philosophie“, heißt es im Buch „Eames & Vitra“, das der Möbelhersteller 2023 veröffentlichte.