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Hunderte Kommentare mit Gewalt- und Mordaufrufen wurden unter einem (inzwischen gelöschten) Beitrag von AfD-Chefin Alice Weidel gepostet. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt.
Stuttgart – Die vom Verfassungsschutz inzwischen als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestufte AfD ist in den sozialen Medien ganz besonders erfolgreich. Auch Parteichefin Alice Weidel bildet dabei keine Ausnahme. Im Juni sorgte die Politikerin mit einem Beitrag auf ihrem Instagram-Profil für bundesweite Aufregung, in dem sie erklärte, dass mehrere „Mädchen“ in einem hessischen Freibad von einer syrischen „Tätergruppe“ sexuell belästigt worden seien. Den Post bestückte sie mit einem KI-Bild, das den tatsächlichen Vorfall nicht widerspiegelte, sowie dem Text: „Syrer-Gruppe belästigt 9 Mädchen. Täter sofort abschieben!“
Alice Weidel früher: So stark hat sich die AfD-Chefin verändertFotostrecke ansehen
Laut umfangreichen Recherchen des SWR sammelten sich daraufhin zahlreiche Hasskommentare unter dem Post der AfD-Chefin, die zu Gewalt und Mord aufriefen und die laut dem Sender lange unkommentiert blieben. Inzwischen ist der entsprechende Beitrag gelöscht, allerdings offenbar erst auf SWR-Nachfrage. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat aufgrund von mehreren potenziellen Strafbeständen Ermittlungen aufgenommen. Die zum IPPEN.MEDIA-Netzwerk gehörende Gmünder Tagespost hatte bereits über die Entlassung einer Erzieherin berichtet, die sich an den Hasskommentaren beteiligt hatte.
Aufruf zu Mord und Gewalt gegen Flüchtlinge: Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt
Durch diesen Artikel der Gmünder Tagespost liegt unserer Redaktion eben auch ein Screenshot des besagten Beitrags von Alice Weidel vor, den die AfD-Chefin nach der Konfrontation durch den SWR inzwischen gelöscht hat. „Gleich 9 Mädchen wurden in einem Freibad im CDU-regierten Hessen Opfer einer Tätergruppe, die sie sexuell belästigten“, hieß es im Wortlaut. „Alle Täter haben, zumindest bis zur CDU-Turboeinbürgerung, die syrische Staatsangehörigkeit. Mit der AfD säßen sie sofort im Abschiebeflieger!“ Mit dem Post erreichte Weidel vor der Löschung mehr als 150.000 Likes und über 700 Kommentare.
Unter diesem (inzwischen gelöschten) Beitrag von AfD-Chefin Alice Weidel sammelten sich hunderte Hassnachrichten. © Sarah Schwellinger
Laut SWR-Recherchen fanden sich unter dem Beitrag Kommentare, die gegen syrische Flüchtlinge hetzten. „Töten, alle töten. I love 88“, nennt das Medium als Beispiel. Die Zahl 88 ist eine in Neonazi-Kreisen oft verwendete Chiffre für „Heil Hitler“ (das H als achter Buchstabe im Alphabet, Anm.d.Red.). Zudem haben sich unter dem Beitrag offene Morddrohungen gesammelt, die zum Erhängen und Kastrieren der syrischen Flüchtlinge aufrufen und immer wieder Bezug zur NS-Zeit nehmen. Laut der Stuttgarter Staatsanwaltschaft sind mehrere Kommentare unter dem Beitrag strafrechtlich relevant.
Kommentare unter Beitrag von Alice Weidel: Mehrere Nutzer konnten identifiziert werden
Dass nun, unter anderem, die Staatsanwaltschaft Stuttgart Ermittlungen wegen Strafbeständen wie der „öffentlichen Aufforderung zu Straftaten“ oder der „Belohnung und Billigung von Straftaten“ aufgenommen hat, liegt laut SWR daran, dass einige der Nutzer identifiziert werden konnten. Welche Tatbestände durch die Kommentare genau erfüllt werden, ist derzeit noch Gegenstand von Ermittlungen unter Einbeziehung der Gesamtumstände. Alice Weidel selbst reagierte neben der Löschung des Beitrags bislang nicht auf die Anfrage des SWR. Zu Beginn des Jahres sorgte die AfD in Karlsruhe mit „Abschiebetickets“ für Aufregung, sodass sich sogar die Polizei einschalten musste.