Ein Ausflug an die Küste ist für Frank Pürschel deutlich teurer geworden als geplant. Der Sauerländer erlebte am vergangenen Wochenende in Bremen eine böse Überraschung: Seinen Zwischenstopp im Hotel musste er am Sonntagmorgen um eine Taxifahrt zum Abschlepphof nach Woltmershausen erweitern. Mehr als 400 Euro ärmer und mit ordentlich Wut im Bauch konnte er dann seine Fahrt nach Warnemünde fortsetzen. Was war passiert?
Am Sonnabend kam Pürschel gegen 20 Uhr am B+B-Hotel in der Findorffstraße/Ecke Admiralstraße an, um dort eine Nacht zu verbringen. Das Hotel sei wegen einer Tagung stark ausgelastet gewesen, alle hauseigenen Parkplätze waren Pürschel zufolge belegt. Der Sauerländer machte sich also auf die Suche nach einem Parkplatz – in dieser Gegend ohnehin ein schwieriges Unterfangen, das durch das Deutschrap-Festival TurnUp Brmn auf der Bürgerweide noch schwieriger wurde. Pürschel wähnte sich also im Glück, als in der Admiralstraße ein Auto aus einer Lücke fuhr.
Verstoß ist unstrittig
Vergangen war das Glück, als er am Sonntagmorgen um sechs Uhr die Reise fortsetzen wollte, aber sein Auto nicht mehr fand. Geklaut, habe er zunächst gedacht. Abgeschleppt, ergab sich dann nach einem Anruf bei der Polizei. Um 21.20 Uhr sei das passiert, habe ihm ein Anwohner berichtet, so Pürschel. Auch andere Fahrzeuge habe es demnach getroffen.
Fest steht: Pürschel hat an der Stelle illegal geparkt. Das räumt er im Nachhinein auch ein. Was der Sauerländer als Parkplatz ausmachte, ist ein Gehweg. Zwar ist der straßenseitige Teil des Gehwegs anders gepflastert als der hausseitige Bereich – was auch in einigen Straßen der Fall ist, in denen das Gehwegparken erlaubt ist. Ein entsprechendes Schild, das das Parken auf dem Gehweg erlaubt, gibt es in diesem Bereich der Admiralstraße jedoch nicht. Das sei ihm entgangen, sagt Pürschel. Er habe sich an der Pflasterung orientiert, die in seiner Heimat Parkraum markiere.
Ob der Tourist tatsächlich ahnungslos irrte oder bei der Parkplatzsuche auf Risiko spielte, lässt sich nicht klären. Es ist auch nicht entscheidend, denn am Ende geht es um die Frage der Verhältnismäßigkeit. Ein Knöllchen für einen Parkverstoß, sagt Pürschel, hätte er ärgerlich gefunden, aber akzeptiert. „Diese Abschleppaktion war total unverhältnismäßig“, kritisiert der Durchreisende.
Frank Pürschel hat die Parksituation nach dem Abschleppvorgang fotografisch nachgestellt.
Foto:
Frank Pürschel
Am Sonntag, nach dem unfreiwilligen Besuch beim Abschlepphof, ist Pürschel noch mal zum vermeintlichen Parkplatz zurückgekehrt und hat die Situation fotografisch nachgestellt. Auf diesen Bildern ist zu sehen, dass das Auto erkennbar auf dem Gehweg steht, dort aber etwa ein Meter Platz bis zum Zaun des anliegenden Mehrfamilienhauses verbleibt. Auch Ein- oder Ausfahrten werden nicht blockiert. „Genau so stand ich auch am Sonnabend“, versichert Pürschel. Wen er denn auf diese Weise – und insbesondere spätabends am Wochenende – so behindert habe, dass ein Abschleppen verhältnismäßig sei, will er wissen.
Am Mittwochvormittag steht an gleicher Stelle ebenfalls ein Auto, weitere davor in gleicher Position auf dem Gehweg. Der Anwohner habe ihm am Sonntag berichtet, dass das üblich sei, aber sonst nicht abgeschleppt werde, sagt Pürschel. Dass ein Verkehrsverstoß auch dann ein Verstoß bleibt, wenn er oft begangen und selten geahndet wird, ist ihm klar. Trotzdem sieht der Betroffene sich einer Unverhältnismäßigkeit ausgesetzt, die ihn 410 Euro plus Taxigeld gekostet habe.
War das Bremer Ordnungsamt im Recht? Diese Frage lässt sich vorerst nicht klären. Im „Erlass über das Abschleppen und Verwahren von Kraftfahrzeugen“ heißt es, die Anordnung zum Abschleppen sei „eine Ermessensentscheidung, die unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in jedem Fall eine Abwägung der Einzelumstände erfordert und in der Regel eine konkrete Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer voraussetzt“.
Zum konkreten Fall äußert sich die Innenbehörde auf Anfrage nur begrenzt. Behördensprecher René Möller erklärt: „Ich zweifele die Arbeit des Ordnungsamtes nicht an. Die Verhältnismäßigkeit wird bei solchen Vorgängen von der Verkehrsüberwachung immer beachtet. Das machen die täglich und beruflich.“
Pürschel hat nun die Möglichkeit, sich im Anhörungsverfahren zur Ordnungswidrigkeit zu äußern. Dass er die Sache auf sich beruhen lassen wird, ist unwahrscheinlich. Der Reisende hat nach eigener Aussage eine Beschwerde-Mail an den Bremer Bürgermeister geschrieben und überlegt, einen Anwalt einzuschalten. Auf dem Rückweg von Warnemünde ins Sauerland will Frank Pürschel seinen Zwischenstopp in Oyten machen. Von Bremen habe er erst mal genug.