Auch Hockey, dieser technisch so komplexe und athletisch so fordernde Sport, kann ganz simpel klingen. „Das erste Spiel ist das wichtigste und dann jedes Spiel gewinnen.“ Das sagte Janneke Schopman, die neue Bundestrainerin der Damen-Nationalmannschaft, über ihre Pläne bei der anstehenden Heim-Europameisterschaft. Atmosphärisch verspricht das an diesem Freitag in Mönchengladbach beginnende Turnier ein Erlebnis zu werden. Ob auch ein achtbares Ergebnis herausspringt, ist ungewiss.
Die deutschen Damen stecken nach der Enttäuschung bei den Olympischen Spielen in Paris (Aus im Viertelfinale) am Anfang eines Erneuerungsvorhabens. Dieses anzuleiten und bis zu den nächsten Spielen 2028 in Los Angeles zum Erfolg zu führen, damit hat der Deutsche Hockey-Bund (DHB) im vorigen November die international erfahrene Niederländerin Schopman betraut. Aus ihrem EM-Aufgebot spricht der Reiz des Neuen – allein sechs Spielerinnen bestreiten ihr erstes Großereignis überhaupt: Lisa Nolte und Linnea Weidemann wechseln sich als Kapitäninnen ab, Julia Sonntag und Nathalie Kubalski als Torhüterinnen. Nicht mehr dabei sind unter anderem die langjährige Kapitänin Nike Lorenz und Anne Schröder. Entsprechend groß sind die Fragezeichen, was das neu formierte Team leisten kann.
Gladbacher EM-Doppelschlag
Die Auftritte bei der vom Hockey-Weltverband ausgerichteten Pro League mit Rang sieben (bei neun Teilnehmerländern) waren enttäuschend. Allerdings lädt diese Turnierform, zumal kurz nach Olympischen Spielen, seit jeher zum ausgiebigen Testen ein. Auch ein EM-Turnier im nacholympischen Jahr steht bei einigen Nationen im Rang einer Versuchsanordnung für Personal und Prozesse. Die 48 Jahre alte Schopman sagte vor dem ersten Spiel gegen Frankreich an diesem Samstag (18 Uhr, Magenta Sport), dass sie ihre Spielerinnen „nicht mit Erwartungen überladen“ werde, „und ich werde auch nicht sagen: Wir können das nicht oder wir sind zu jung.“ Weitere Gegner in der Gruppe sind Irland sowie Topfavorit Niederlande.
Ungewöhnlich ist, dass der DHB nach 2023 gleich wieder den Zuschlag für die Ausrichtung einer EM erhalten hat. Ein Gladbacher EM-Doppelschlag sozusagen. DHB-Sportdirektor Martin Schultze berichtete, dass der Verband früh Interesse signalisiert und eine Chance gesehen habe, weil die Hockeynationen Belgien und Niederlande im kommenden Jahr die WM ausrichten, Spanien das Budget für eine Bewerbung nicht aufbrachte und England die EM 2027 ausrichten wird. Wirtschaftlich geht es für den notorisch klammen DHB vor allem darum, keinen Verlust zu machen. Zudem bietet dieses Turnier die Chance, ein breites Publikum zu erreichen. Magenta TV überträgt insgesamt mehr als 30 Stunden live, die Partien der deutschen Damen und Herren sind kostenfrei zu sehen.
Auch die deutschen Herren treffen zum Auftakt am Freitagabend (19.30 Uhr) auf Frankreich. Die weiteren Gruppengegner sind England und Polen. Das Team geht mit einem Dutzend Weltmeistern von 2023 und als Silbermedaillengewinner von Paris als eines der Topteams in diese EM. „Die Mannschaft hat die Logik entwickelt, dass, wenn sie zu einem Turnier fährt, es nur ein Ziel geben kann: das Turnier zu gewinnen“, sagt Bundestrainer André Henning. Während die deutschen Damen bereits für die WM 2026 qualifiziert sind, kämpfen die Herren noch um ihre Teilnahme. Bei der EM in Mönchengladbach müssen sie dafür das beste der bislang noch nicht qualifizierten Teams werden. Die WM-Teilnahme sicher haben bislang die Niederlande, Belgien und Spanien. Der Umweg zur WM würde ansonsten über ein zusätzliches Qualifikationsturnier führen. Bundestrainer Henning sagt: „Wenn wir unser Ziel erreichen, hat sich das erledigt.“