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Vier Tage lang feierten die Städte Geretsried und Chamalières 2008 ihre deutsch-französische Freundschaft. Hunderte Besucher kamen zum Europäischen Partnerschafts- und Freundschaftsabend ins Festzelt. © Archiv
Während die deutsch-französische Freundschaft mit Vichy in Bad Tölz gerade eine Wiederbelebung erfährt, sieht es im Nordlandkreis anders aus. Zwar läuft die Städteverbindung zwischen Chamalières und Geretsried rund, aber in der Partnerschaft zwischen Barbezieux und Wolfratshausen mangelt es an Nachwuchs.
Bad Tölz/Geretsried/Wolfratshausen – Als Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten gewählt wurde, herrschte im Umfeld von Monika Öttl das blanke Entsetzen. Die Vorsitzende des Tölzer Städtepartnerschafts-Vereins empfahl ihren Freunden, Ruhe zu bewahren. Ihre Hoffnung: Die Turbulenzen um Trump könnten dazu führen, dass die Europäer enger zusammenrücken. Genau so kommt es nach ihrer Beobachtung: „Die Deutsch-französische Freundschaft erlebt in Tölz gerade eine Renaissance“, sagt sie. Auch in der Städteverbindung Chamalières und Geretsried läuft es rund, während es bei der Partnerschaft zwischen Barbezieux und Wolfratshausen an Nachwuchs mangelt.
Schüler-Austausch mit Vichy läuft gut
Monika Öttl gerät geradezu ins Schwärmen, wenn sie an die jüngste Bürgerfahrt in die französische Partnerstadt Vichy denkt. „Ich habe gedacht, dass die Deutschen wegen des Zweiten Weltkriegs in Frankreich nicht gerne gesehen sind“, gibt sie zu. „Tatsächlich waren in Vichy Menschen aller Altersgruppen da, mit denen wir sofort in Kontakt gekommen sind.“ Vor allem viele junge Leute hätten den Wunsch geäußert, Bad Tölz kennenzulernen. Der Schüler-Austausch laufe ohnehin gut.
Gerade nach Corona sei die Situation noch eine andere gewesen. Donald Trump wirke jedoch wie ein Katalysator für die Deutsch-Französischen Beziehungen: „So schlimm er war und ist: Die Leute verstehen jetzt: wir Europäer müssen zusammenhalten.“ Hinzu komme in Vichy ein Bürgermeister, der sehr „viel Empathie“ für die Städte-Partnerschaft zeige: „Er spricht zwar kein Deutsch, aber das ist wurscht“, sagt Öttl. „Er spricht perfekt Englisch und ein bisserl Italienisch.“
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In Geretsried sind es vor allem die Musiker, die die Städte-Partnerschaft zu Chamalières vorantreiben. „Musik ist generationenübergreifend“, sagt die Vorsitzende des Partnerschaftsvereins, Edith Peter. Erst kürzlich habe sich ein Bus mit einer rund 50-köpfige Delegation auf den Weg nach Chamalières gemacht, darunter auch viele junge Leute: „Und der Schüler-Austausch läuft auch fabelhaft.“ Zur Geburtstagsfeier seine extra eine Delegation aus Chamalières angereist, berichtet die Vorsitzende: „Das war sehr entspannt und schön.“ Beim Geretsrieder Waldsommerfest wird am 26. Juli die „Harmonie de Chamalières“ musizieren.
Besonders wichtig ist Peter, dass die Franzosen privat untergebracht werden. „Ich werde immer wieder gefragt, warum wir immer Unterkünfte suchen, wir könnten die Leute ja auch in Hotels unterbringen – aber das ist ja nicht der Sinn der Partnerschaft.“
Manche Familien sind seit Jahrzehnten dabei
Den Gedanken der Städte-Partnerschaft hält sie für so aktuell wie eh und je. Frankreich und Deutschland seien schließlich wichtige Länder und Europa: „Wenn wir nicht zusammenstehen, verhandeln und dafür sorgen, dass es gut läuft, dann sehe ich schwarz für die Zukunft.“ Auffallend sei allerdings, dass der Altersdurchschnitt im Partnerschaftsverein steigt, manche Familien würden schon seit 40 Jahren französische Gäste beherbergen. Möglicherweise wäre es laut Peter sinnvoll, auf eine projektbezogene Zusammenarbeit zu setzen.
Noch höher ist der Altersdurchschnitt vermutlich im „Verein zur Förderung der Partnerschaft zwischen Barbezieux und Wolfratshausen.“ Etliche Mitglieder hätten schon Probleme damit, 100 Meter vom Bus in ein Restaurant zu gehen, berichtet der Vorsitzende Rainer Kebekus.
Nur kleine Beteiligung an Messe
Ein weiteres großes Problem: Barbezieux hat drei Partnerstädte, in jedem Jahr kümmern sich die Franzosen nur um eine. Heuer ist die italienische dran, nächstes Jahr die Partnerstadt aus der Schweiz und erst 2027 wieder Wolfratshausen. „Wir finden das sehr bedauerlich“, sagt Kebekus. Einen Schüler-Austausch mit Barbezieux bieten laut Kebekus nur die Montessori Schule Biberkor in Berg an und das Gymnasium Icking.
Um wenigstens etwas Präsenz zu zeigen, reist heuer eine Delegation zur Landwirtschaftsmesse nach Frankreich. Die Fahrt sei allerdings richtig teuer geworden. Im Jahr 2018 habe die Fahrt laut Kebukus noch rund 5000 Euro bezahlen müssen, mittlerweile seien es um die 9000 Euro. Auch wenn die Stadt Wolfratshausen die Fahrten stark unterstützt, seien etliche Mitglieder nicht mehr in der Lage, den Eigenanteil zu bezahlen. Ein Zugticket kostet ebenfalls stattliche 350 Euro. Die Konsequenz: Nach einem Aufruf meldeten sich gerade mal neun Mitfahrer.