Deutschland wird bis auf Weiteres keine Rüstungsgüter, die im Gazastreifen eingesetzt werden können, an Israel liefern. Das geht aus einer Mitteilung der Bundesregierung hervor. Damit reagiert die Regierung auf den israelischen Plan, Gaza-Stadt vollständig militärisch einzunehmen.

Israel habe das Recht, sich gegen Terror zu verteidigen, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) laut der Mitteilung. Die Freilassung der Geiseln und Verhandlungen über einen Waffenstillstand hätten auch für die Bundesregierung oberste Priorität. Zudem sei Entwaffnung der Hamas „unerlässlich“, sagte der Kanzler: „Die Hamas darf in der Zukunft von Gaza keine Rolle spielen.“

Allerdings lasse das am frühen Morgen vom israelischen Sicherheitskabinett beschlossene Vorgehen „aus Sicht der Bundesregierung immer weniger erkennen, wie diese Ziele erreicht werden sollen“, sagte Merz. Unter diesen Umständen genehmige die Bundesregierung vorerst „keine Ausfuhren von Rüstungsgütern, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können“. Welche Rüstungsgüter damit gemeint sind – und welche nicht –, ging aus dem Schreiben nicht hervor.

„Die Bundesregierung bleibt zutiefst besorgt über das fortdauernde Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen“, hieß es in der Mittelung weiter. Mit der geplanten Offensive trage die israelische Regierung noch stärker als bisher Verantwortung für die Versorgung palästinensischer Zivilisten. „Sie muss einen umfassenden Zugang für Hilfslieferungen ermöglichen, auch für UN-Organisationen und andere nicht-staatliche Institutionen“, sagte Merz. Israel müsse die humanitäre Lage in Gaza „umfassend und nachhaltig verbessern“. Zudem forderte der Kanzler die israelische Regierung auf, weitere Schritte hin zu einer Annexion des besetzten Westjordanlands zu unterlassen.

Unterstützung von Vizekanzler Klingbeil

Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) brachte seine
Unterstützung für die Einschränkung der Rüstungsexporte zum Ausdruck. „Dem Staat Israel gilt
unsere volle Solidarität, aber Falsches muss benannt werden“, sagte
Klingbeil. Das humanitäre Leid in Gaza sei unerträglich, kritisierte der
SPD-Vorsitzende. Für diese Lage trage die israelische Regierung eine
große Verantwortung. „Deswegen muss jetzt humanitäre Hilfe
schnellstmöglich und umfassend nach Gaza reingelassen werden.“

Zudem
dürften keine Fakten geschaffen werden, die einer Zweistaatenlösung
entgegenstünden – weder in Gaza, noch im Westjordanland. Zugleich sagte auch Klingbeil, die Freilassung aller Geiseln und eine
Waffenruhe seien von größter Dringlichkeit.

Grüne und Linke fordern weitere Schritte

Grüne und Linke begrüßten den Beschluss. Zugleich forderten
die Oppositionsparteien weitere Schritte. Die Bundesregierung müsse „das
EU-Assoziierungsabkommen aussetzen, Palästina anerkennen und die Maßnahmen des
Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs umsetzen“, sagte die Linken-Außenpolitikerin Lea Reisner. Auch Grünen-Chefin Franziska Brantner sieht den teilweisen
Rüstungsstopp nur als einen ersten Schritt: „Kanzler Merz und sein
Außenminister Wadephul müssen sich jetzt mit Nachdruck für einen politischen
Prozess einsetzen.“ Es brauche ernsthaften Druck für ein Ende des Kriegs „und der humanitären Katastrophe, die Freilassung der Geiseln sowie eine politische
Perspektive“, sagte sie.

© Lea Dohle

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Ungeachtet deutlicher Warnungen und Kritik aus dem In- und Ausland hatte das israelische Sicherheitskabinett am Freitagmorgen nach einer mehr als zehnstündigen Sitzung entschieden, Gaza-Stadt vollständig einnehmen und kontrollieren zu wollen. Zudem wurden dem Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zufolge fünf Prinzipien festgelegt, um den Krieg im Gazastreifen zu beenden. Dazu gehören unter anderem die Entwaffnung der Hamas sowie die Entmilitarisierung des Gazastreifens und der Aufbau einer Zivilregierung.

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