Demnach hält Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) die bestehenden Regeln für ausreichend, „um eine Verunstaltung des öffentlichen Raums auszuschließen“. Problematisch: Bei der Umsetzung eines Verbots müsste sogar Banden- und Trikot-Werbung verschwinden, was Sportvereine wie Hertha BSC massiv zu spüren bekämen.
Zudem muss die Stadt Berlin seit 2019 bestehende Werbeverträge mit dem DOOH-Anbieter und Stadtmöblierer Wall einhalten, berichtet die „B.Z.“. Diese reichen bis ins Jahr 2034 und umfassen mehr als 1.000 hinterleuchtete und digitale Werbevitrinen. Laut Angaben der Zeitung spült das der Stadt jährlich 20 Millionen Euro in die Kassen – eine Summe, die man sich freilich nicht entgehen lassen will. Abgesehen davon, dass sehr wahrscheinlich hohe Entschädigungen fällig werden würden.
Auch an Schulen, Unis und Kitas soll Reklame nach dem Willen der Initiatoren tabu sein. Sponsoring solle nur dann möglich sein, „wenn eine Beeinflussung ausgeschlossen ist und der Grundsatz der Transparenz gewahrt wird“. Immerhin: Die klassische Litfaßsäule sowie Werbeflächen an Wartehäuschen des öffentlichen Personenverkehrs möchte man nicht verbieten.
Dass der Senat den Gesetzesentwurf zumindest als verfassungsgemäß anerkannt hat, bewertet die Initiative als Teilerfolg. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass eine Ablehnung im Abgeordnetenhaus als am wahrscheinlichsten gilt. Die Abgeordneten haben vier Monate Zeit, um den Entwurf entweder weitgehend unverändert anzunehmen oder abzulehnen.
Die Initiative Berlin werbefrei bereitet sich für den Worst Case schon vor. Dann würde eine Unterschriftensammlung für ein Volksbegehren gestartet. Über ein Formular kann man sich bereits dafür anmelden, das Sammeln findet von Mitte Januar bis Mitte Mai 2026 statt. 170.000 Unterschriften werden benötigt, um einen Volksentscheid auf den Weg zu bringen. Angepeilter Termin dafür ist der 20. September 2026. Dann läge es in den Händen der Berliner über die Zukunft der Außenwerbung in der Hauptstadt zu entscheiden. 613.000 Ja-Stimmen müssten zusammenkommen.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich in einer Metropole Widerstand gegen Digitalwerbung regt. In Hamburg ist die ähnlich gelagerte Initiative Hamburg Werbefrei Mitte Mai gescheitert (MEEDIA berichtete).