Stand: 08.08.2025 16:42 Uhr

2030 möchte Deutschland 85 Prozent seines Stroms aus Erneuerbaren Energien gewinnen. Damit das funktioniert, braucht es neben dem Netzausbau auch zuverlässige Batteriespeicher. Doch deren Bau verläuft schleppend.


Jenni Rieger

Die Australier haben es mal eben vorgemacht: Dort ging in der vergangenen Woche ein Batteriespeicher in Betrieb, der Ende des Jahres eine Leistung von 850 Megawatt (MW) erbringen und eine Speicherkapazität von 1680 Megawattstunden (MWh) haben soll. Zur Veranschaulichung: Mit dieser Leistung kann die „Wartha Super Battery“ bei voller Auslastung 970.000 Haushalte eine halbe Stunde lang mit Energie versorgen.

Überwiegend kleine Heimspeicher installiert

Auch in Deutschland weiß man längst, dass es eine gute Idee ist, Spitzen aus den Erneuerbaren Energien, also Wind- und Solarenergie, zu speichern, anstatt sie ungenutzt abfließen zu lassen. Der Ausbau der dazu benötigten Batteriespeicher jedoch verläuft nach wie vor schleppend.

„Hierzulande wurden bisher überwiegend kleine Heimspeicher installiert – und diese nur zur Optimierung des Eigenverbrauchs betrieben und nicht markt- und netzdienlich“, erläutert Tim Meyer, studierter Elektrotechniker und Experte für Erneuerbare Energien. „Der Ausbau von Großbatterien, die in anderen Ländern diese Aufgabe übernehmen, hinkt in Deutschland tatsächlich hinterher.“

Deutschland müsste Kapazitäten verzehnfachen

Zwar sind inzwischen einige Unternehmen auf das Projekt Groß-Batteriespeicher aufgesprungen, wie etwa RWE, Preussen Elektra, diverse Stadtwerke oder auch die EnBW. Die nennt Batteriespeicher auf ihrer Homepage „die Zukunft der Energieversorgung“. Und in der Tat sind Batteriespeicher so angesagt wie lange nicht mehr.

Doch wird das ausreichen? Wenn Deutschland seinen Ausstieg aus den fossilen Energien vollzogen hat? Und fast ausschließlich auf die volatilen Erneuerbaren setzen will? Tatsächlich hat das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme berechnet, dass die mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien benötigte Speicherkapazität von rund 100 Gigawattstunden (GWh) im Jahr 2023 auf rund 180 Gigawattstunden im Jahr 2045 ansteigen wird.

Die schlechte Nachricht: Momentan sind in Deutschland Batteriespeicher installiert, die auf eine Gesamtspeicherleistung von (optimistisch geschätzt) gerade mal 19 GWh kommen. Dabei machen private Heimspeicher den größten Teil der installierten Kapazität aus, Großspeicher (ab 1 MWh) bilden nach wie vor eher die Ausnahme. Deutschland müsste seine Speicherkapazitäten also fast verzehnfachen, um für 2045 gewappnet zu sein.

EnBW baut in Philippsburg

Das nächste Großprojekt der EnBW wirkt angesichts dieser Zahlen wie ein kleiner Tropfen auf dem durstigen Energiemarkt: Am Standort des einstigen Kernkraftwerkes Philippsburg soll hier „einer der größten Batteriespeicher Deutschlands“ entstehen, „mit einer Leistung von 400 Megawatt und einer Kapazität von 800 Megawattstunden“.

„400 Megawatt sind keine Peanuts“, so Experte Meyer. Aber der Nachholbedarf bei der Flexibilisierung des deutschen Stromsystems sei riesig. „Der Speicher in Philippsburg wird hierzu einen Beitrag leisten, ist aber nur ein Schritt in die richtige Richtung. Insofern ist auch das Signal bedeutsam, dass die EnBW mit diesem Projekt sendet.“

Doch dieses Signal ist nicht eindeutig. Zwar erneuerte der Konzern auf seiner heutigen Bilanzpressekonferenz den Willen zum „größten Umbau“ auf dem deutschen Energiemarkt und kündigte an, bis zum Jahr 2030 50 Milliarden Euro zu investieren, mehr als 50 Prozent davon in Deutschland. Allerdings nicht nur in Projekte wie den geplanten Philippsburger Batteriespeicher, sondern vor allem auch in Gaskraftwerke, die es brauche, wenn die Erneuerbaren nicht genügend Strom generieren. Selbst, wenn die Batteriespeicher weiter ausgebaut werden. 

Batteriespeicher ziehen auch immer wieder Kritik auf sich. Denn zum einen sind diese kostspielig und sehr energieintensiv in der Herstellung. Zum anderen ist deren Lebenserwartung begrenzt. Außerdem können selbst die große Batteriespeicher keinen sogenannten Blackout abfangen.

Dunkelflauten nicht abgedeckt

Einige dieser Kritikpunkte will Tim Meyer nicht gelten lassen: „Batterien sind nicht teuer. Im Gegenteil, der enorme Preisverfall hat dazu geführt, dass massenhaft Marktakteure gerne mehr Batterien einsetzen würden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Spielregeln für die Netzanbindung endlich vereinfacht und standardisiert werden. Und natürlich leisten entsprechend betriebene Batterien auch große Beiträge zur Systemstabilität. Niemand erwartet aber, dass Batterien alleine und ohne gesicherte Leistung in der Dunkelflaute Blackouts vermeiden können.“  

Der Fachmann verweist auf ergänzende Technologien wie Wasserkraftwerke, um eine drohende Dunkelflaute abfangen zu können. Die EnBW allerdings geht andere Wege: Sie will auf Gaskraftwerke setzen. In Karlsruher Rheinhafen soll bald das nächste entstehen, mit einer Leistung von 850 Megawatt Strom und bis zu 220 Megawatt Fernwärme. „Ob wir das jedoch bauen, hängt von den politischen Rahmenbedingungen ab“, so ein Sprecher der EnBW heute und verweist damit auf das Kraftwerkssicherungsgesetz (KWSG).

Dieses soll den Neubau von wasserstofffähigen Gaskraftwerken fördern, um die Stromversorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten, insbesondere in Zeiten, in denen Erneuerbare Energien nicht ausreichend verfügbar sind. Ende des Jahres soll es in Kraft treten. Nur dann, so die EnBW, seien ihre Projekte umsetzbar.