Spätestens durch seinen zweiten Platz bei der Vendée Globe 2024/25 hat Yoann Richomme gezeigt, dass er aktuell zu den stärksten Imoca-Piloten in der Szene gehört. Mit seiner von ihm mitkonstruierten Paprec Arkéa hat der Franzose die Favoritenrolle bei diesem Ocean Race Europe inne.
Eine Rolle, die der 42-Jährige gelassen nimmt, wie er im Interview mit float verrät. Doch bei aller Gelassenheit ist der Segler und Techniker vor allem ein akribischer Arbeiter, der in der Vorbereitung nichts dem Zufall überlassen hat und ein Boot in Bestform an den Start bringt.
Yoann, Du nimmst unter den Skippern des Ocean Race Europe eine besondere Rolle ein, denn du bist nicht nur ein herausragender Segler, sondern kommst als studierter Navalarchitekt auch von der technischen Seite. Zudem bist Du nicht der romantische Imoca-Segler, der dieses Alleinsein so liebt. Wie würdest du den Unterschied zwischen dir und den anderen Skippern beschreiben?
Zunächst einmal nehme ich die Renn-Ergebnisse sehr gelassen. Natürlich versuche ich, eine seriöse Arbeit abzuliefern und damit auch gute Ergebnisse einzufahren. Aber wenn die Ergebnisse nicht gut sind, zieht mich das nicht runter. Es ist eben, wie es ist. Nach einem schlechten Resultat geht man über zur nächsten Aufgabe.
Das macht es einfach für mich, die Projekte zu erfüllen. Und das macht es auch einfacher für das Team um mich herum. Trotzdem mache ich mir selbst Druck auf der technischen Seite, um ein gutes Boot zu haben und es beständig zu verbessern – um also in einem ständigen dynamischen Prozess der Verbesserung zu sein.
Den Rückstand aufholen
Um da mal einzuhaken: Was bedeutet das konkret? Kannst Du erklären, in welchen Bereichen dieser Prozess stattfindet?
Gern. Als wir vor über zwei Jahren in dieses Projekt gestartet sind, da war die Entwicklung schon in voller Fahrt und wir haben die foilenden Imocas nicht verstanden. Denn es ist ein völlig anderes Design als zum Beispiel die Class40 und andere Boote. Wir haben zwei Jahre gebraucht, um den Rückstand aufzuholen und die Imocas technisch zu verstehen. Es gibt viele Details, an denen man arbeiten kann: die Segel, die Foils, der Ballast, der Kiel.
Skipper Richomme und seine Crew arbeiten beständig an der Performance der Yacht @ Yann Riou – polaRYSE/Paprec Arkea
Als wir nun von der Vendée zurückkamen, da hatten wir einen Berg an Arbeit vor uns, aber wir wussten, woran wir arbeiten wollten. Wir wollten die Yacht möglichst leicht machen, denn da waren wir in vorherigen Rennen nicht gut. Wir haben mit den Foils und den Segeln gearbeitet, auch am Trimm, um die Yacht auf die Bedingungen für die Sommermonate in Europa einzustellen.
All das haben wir zusammengebracht. Und wir haben das Gefühl, uns verbessert zu haben. Wir haben kein Design, das wirklich gut zu dieser Art des Rennens passt. Das haben wir beim Fastnet Race gesehen. Es waren nur 15 Knoten Wind, und das war nicht unser Spiel. Wir waren außerhalb der Range, vielleicht sogar zu weit. Aber so ist es eben, damit müssen wir umgehen.
Daher habe ich versucht, jeden zu pushen in seinem Verständnis dafür, was das Boot schneller macht, wo wir uns verbessern können. Und wenn mein Team das verstanden hat, dann kann ich viele Fragen stellen. Gerade gestern haben wir darüber diskutiert, wie wir das Equipment unter Deck stauen sollen. Was der beste Weg ist. Und dann haben alle an dieser Frage bis Mitternacht gearbeitet.
Dem Boot alle Probleme ausgetrieben
Hilft dabei Deine weit gefächerte Ausbildung? Denn Du bist ja nicht nur ein studierter Naval-Architekt, sondern auch ein IT-Spezialist.
Ja, naja. Aber tatsächlich habe ich das Verständnis für die verschiedenen technischen Details und kann sicherlich das meiste ohne Hilfe von außen reparieren. Zur Vendée Globe hatte ich zum Glück nicht viel zu reparieren. Ich bin mit einem hohen technischen Level in das Rennen gegangen und hatte nicht viel Bruch. Eigentlich gar nicht. Ich habe während des gesamten Rennens, in den ganzen 65 Tagen, vielleicht zehn Stunden an dem Boot gearbeitet.
Wirklich?
Absolut. Ich habe eigentlich nichts zu reparieren gehabt, wirklich nichts war kaputt an diesem Boot. Wir waren sehr gut vorbereitet. Wir haben dem Boot in den zwei Jahren der Vorbereitung alle Probleme ausgetrieben. In den allerersten Tagen nach der Wasserung hatten wir gleich Bruch.
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