Eine Frau mit schwarzen Haaren lächelt in die Kamera

AUDIO: Eva Birkenstock: Neue Direktorin der Kestner Gesellschaft (3 Min)

Stand: 08.08.2025 14:39 Uhr

In der norddeutschen Kunstszene ist die Kunsthistorikerin Eva Birkenstock keine Unbekannte. Nach Stationen in Hamburg und Lüneburg hat sie nun den Posten als Direktorin der Kestner Gesellschaft in Hannover übernommen.

von Agnes Bührig

Ankunft in der Kestner Gesellschaft – das geht immer los mit einem Blick auf die Fassade, an der Kunst prangt. In diesem Falle guckt Eva Birkenstock – komplett in schwarz gekleidet, leuchtend roter Lippenstift – auf ein Stück breiten, weiß gemusterten Stoff einer früheren Performance. Ein bekanntes Terrain für die 47-Jährige, als Kuratorin im Kunsthaus Bregenz war sie unter anderem für die Billboards zuständig und hat performative Formate für den Außenraum entwickelt.

Zusammenleben und Zukunft als Kunstthema

Für sie sei Kunst im Idealfall auch ein Verhandlungsraum und ein Handlungsraum, mit dem wir auch Fragen stellen können, wie wir zusammenleben und unsere Zukunft gestalten möchten: „Und ich denke, das sind doch alles Fragen, die sich leider immer wieder aufs Neue stellen, nicht zuletzt in dem aktuellen politischen Klima.“

Eva Birkenstock hat eine ruhige Art und so will sie jetzt erst einmal ankommen und sich alles angucken, bevor sie sich dazu äußert, wen sie in Hannover präsentieren wird. Zuletzt war die Kunsthistorikerin Direktorin des Museums für moderne Kunst Ludwig Forum Aachen, zeigte mit Rune Mields, Belkis Ayón und Amy Sillman weibliche Positionen. Das habe auch mit der Sammlung dort zu tun gehabt.

Entscheidend ist, wie Kunst gezeigt wird

In Hannover interessiert sie die Geschichte der Institutionen, inspiriert von Museumsdirektor Alexander Dorner und Lisitzkys Kabinett der abstrakten Kunst. „Das ist auch ein ganz, ganz wichtiger Moment für mich, dass es da wirklich auch sehr progressive Momente gab, auch im Nachdenken darüber, wie man Kunst zeigt und was angebrachte Räume sind für Kunst.“ Auch das Zeigen ist für Birkenstock eine ganz wichtige Frage, ebenso wie die Frage der Betrachterinnenposition, wo man steht: „Dass sich dann auch eine Perspektive verändert und das sind, glaube ich, auch für uns heute in der Gegenwart ganz wichtige Aspekte.“

Reflektieren, von wo aus jemand spricht, der eine andere Meinung hat, sei Thema auch ihrer Studienjahre gewesen, erzählt Birkenstock. Zunächst in der Heimatstadt Köln, dann in Havanna und Berlin. Und was in der Kunstgeschichte der Ritt durch die Epochen gewesen sei und die Öffnung zu einem diziplinübergreifenden Denken noch begrenzt habe, habe sich dann mit dem Fach Kulturantrophologie geändert.

Zusammenarbeiten „im Sinne einer Badeanstalt“

Das sei ein ganz produktiver Raum gewesen, weil dort die Diskurse reinkamen, zur Genderthematik, zu Postkolonialism und Themen, die zeitgleich auch einen starken Eingang in die Kunst gefunden hätten: „Anfang der 2000er haben wir alle die Politisierung der documenta erlebt, es gab die Öffnung so nach und nach, natürlich seit 1989, aber verstärkt jenseits der US-amerikanischen und westeuropäischen Kunstgeschichten.“

Offenheit und eine Zusammenarbeit mit anderen Akteuren in Hannover wünscht sich Eva Birkenstock als Direktorin der Kestner Gesellschaft, wobei sie den Namen schon mit einer möglichst offenen, vielseitigen und dialogischen Gesellschaft der Möglichkeiten verbindet, die für alle etwas bieten. Nicht zuletzt sei das im Sinne der Badeanstalt, die im Gebäude früher lag. Ein Bad impliziere zudem die Themen Fürsorge, Transformation, Erneuerung und das seien alles Dinge, die für sie wichtig sind.

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Eine Frau mit einem schwarzen Oberteil, schulterlangen Haaren und rotem Lippenstift schaut mit einem leichten Grinsen nach vorne in die Kamera.

Vom 1. August an übernimmt die Kunsthistorikerin die Nachfolge von Adam Budak, der sein Amt abgegeben hatte.