Die erste Herausforderung für ihn ist es schon, den Bahnhofsvorplatz überhaupt zu finden. Ist auf dem Bahnsteig 2 und 3 noch ein Blindenleitsystem, was ihn zur Unterführung führt, steht er am anderen Ende ratlos da, nachdem er die Treppe hinaufgestiegen ist. Nur die Logik, sich vom Gleis abzuwenden, führt ihn schließlich zum ersten Teil des Leitsystems.

„Ich würde davon ausgehen, dass hier ein Zebrastreifen ist“

An der Straße prüft er dann, was das Leitsystem ihm anzeigt. „Zuerst haben wir die Noppen, wir könnten es auch Ereignisfeld nennen“, erklärt er. Dieses zeige an, dass hier etwas passiert. Direkt hinter dem Noppenfeld, befinden sich die sogenannten Rippen. „Diese zeigen mir die Richtung an“, so Martin. Da beide Felder direkt ineinander übergehen, werde eine sichere Überquerung angezeigt. „Da ich kein Ampelgeräusch höre, würde ich jetzt hier davon ausgehen, dass ein Zebrastreifen vorhanden ist.“ Ein Zebrastreifen würde dann bedeuten, dass die Autos anhalten, wenn er die Straße überquert.

Dass es diesen nicht gibt, ist für ihn unverantwortlich. „Es ist eine absolute Unfallquelle“, sagt Martin. „Der Wille war da, aber die Umsetzung ist mangelhaft.“ Er als ortsfremde Person mit Sehbehinderung würde hier jetzt mindestens zehn Minuten stehen bleiben, um sicherzustellen, dass keine Auto, Bus oder Radfahrer kommen.

Damit das Leitsystem eine ungesicherte Querung anzeigt, müssten zwischen den Noppen- und Rippenfeldern Lücken von mindestens 60 Zentimetern bestehen. Dazu müssten einige Platten des Leitsystems entfernt und durch normale Gehwegplatten ersetzt werden.

Stadt Mittweida spricht von Planungsfehler

Die Stadt Mittweida spricht auf Anfrage von MDR SACHSEN von einem Planungsfehler. Dieser sei im vergangenen Jahr durch den Besuch einer blinden Person bekannt geworden. „Wir haben daraufhin das damalige Planungsbüro über den Mangel informiert“, so Oberbürgermeister Ralf Schreiber (CDU). „Der Umbau ist jetzt für dieses Frühjahr vorgesehen.“

Eine Ortsbegehung habe es bereits Ende März gegeben. Warum der Umbau nicht sofort in die Wege geleitet wurde und warum vor Ort auch keinerlei Sicherungsmaßnahmen ergriffen wurden, hat die Stadt Mittweida bislang nicht beantwortet.