Nicole Neumann hat ein Ziel. Die Borgfelderin möchte, „dass die Erde als Lebensraum für Mensch und Tier bestehen bleibt“. Dafür, findet sie, könnten Politiker und Unternehmer noch viel mehr tun. Ihrer Forderung verleiht sie jetzt mit Wolle und Häkelnadel Nachdruck. Mehrere Stunden täglich fertigt sie Blumen für ein überregionales Kunstprojekt an.

Und sie ist nicht allein. Zum Blütenhäkeln aufgerufen haben die Verantwortlichen des Bremer Vereins Klimazone Findorff und die Initiative „Art against ecocide“ (Kunst gegen den Ökozid). Sie wollen in der Woche der Artenvielfalt vom 6. bis 12. Oktober auf dem Bremer Marktplatz vor der Bürgerschaft einen Teppich aus 16.000 Blüten auslegen – als stillen Protest und „sichtbares Zeichen gegen das Artensterben und für ein verbindliches Ökozidgesetz“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung. Schon jetzt würden jeden Tag Tier- und Pflanzenarten verschwinden. „Dabei ist Biodiversität keine schöne Zugabe zur Welt, sondern ihr Fundament“, betont Ulrike Hübner, Mitbegründerin von Art against ecodide und Initiatorin des Häkel-Projekts. Maßnahmen zur Reduktion von Emissionen in Bereichen wie Verkehr, Gebäude und Landnutzung würden jedoch unzureichend umgesetzt, kritisieren die Organisatoren des Protests. Gesche Reich vom Verein Klimazone Findorff fordert mehr Verbindlichkeit und „ein radikales Umdenken in Politik und Rechtssprechung“.

Mit Handarbeit die Zukunft verändern

Auch Nicole Neumann aus Borgfeld macht sich ihre Gedanken. „Ohne diese Welt können wir nicht existieren“, sagt sie, während sie mit einer Häkelnadel einen Wollfaden wieder und wieder durch die Maschen zieht. Der Schutz der Umwelt und des Klimas liege ihr am Herzen. Als Lehrerin beschäftige sie sich auch an ihrem Arbeitsplatz entsprechenden Themen. „Wenn man sich einmal intensiv damit beschäftigt hat, lässt einen das nicht mehr los“, sagt sie. Angesichts der Zerstörung von Natur, des Artensterbens und der klimatischen Veränderungen verspürt die 51-Jährige nach eigenen Worten „extreme Sorge“ – aber auch Hoffnung. „Ich bin optimistisch, dass wir es schaffen können, Dinge zu verändern.“ Wichtig sei es, damit anzufangen.

Mut schöpft sie aus dem Umstand, dass sich ihrer Ansicht nach bereits viele Unternehmen umorientieren, in Technik zur Nutzung von Sonnen- und Windenergie investieren und in Kreislaufwirtschaft denken. „Wir brauchen Gesetze, die umwelt- und klimaschützendes Verhalten unterstützen“, sagt Nicole Neumann. „Wenn die Entsorgung von Müll günstiger ist als dessen Wiederverwertung, dann ist es kein Wunder, dass nichts passiert.“ Ulrike Hübner fordert zudem, dass umwelt- und klimaschädliche Handlungen künftig mit Gefängnis bestraft werden müssten. Das, glaubt Nicole Neumann, „hätte präventiven Charakter“. Derzeit würden zu viele Unternehmen die angesetzten Geldstrafen einfach in Kauf nehmen und in ihre Projekte einpreisen. Das müsse sich ändern. Die Borgfelderin ist überzeugt, „Natur, Umwelt und Klimaschutz sind den Menschen wichtiger, als die Politik meint, viele haben nur nicht die Zeit, auf die Straße zu gehen“.

In Borgfeld möchte Neumann nun versuchen, Kunst, Naturschutz, Cafés und Unternehmen zusammenzubringen, damit sie sich für die Natur, die Umwelt und die Zukunft einsetzen. Ihr gefällt der Gedanke, dass Menschen beim Häkeln ins Gespräch kommen. „Man ist nicht allein und wenn jeder zehn Blüten häkelt, haben sich am Ende 1600 Menschen beteiligt“, rechnet sie vor. Ideengeberin Ulrike Hübner sagt: „Jeder, der nur eine Blüte beisteuert, ist Teil des Projekts.“ Jede Blüte wiederum sei Ausdruck dafür, dass einem Menschen der Erhalt der Ökosysteme wichtig sei. Die Bremerin wünscht sich, dass sich ihr Land auf kommunaler und auf Bundesebene für den Artenschutz starkmacht.

Je vielfältiger, desto besser

Auf der Bank unter der Linde im Borgfelder Ortszentrum stehen derweil zwei Kartons, in denen Nicole Neumann bereits Blüten gesammelt hat. Zu sehen sind grüne, gelbe, bunte; einige mit Fransenrand, andere ohne. Die Fäden sind mal eng miteinander verkettelt, mal luftig verschlungen. Größe, Form und Farbe seien egal. Je vielfältiger, desto besser. Für den Protestteppich häkeln laut Ulrike Hübner derzeit Menschen in verschiedenen Bremer Stadtteilen, darunter in Findorff und Schwachhausen. Geschätzt 180 Blüten sind bereits fertig.

Nicole Neumann versucht, auch in Borgfeld einen Häkeltreff zu organisieren. Sie ist auf der Suche nach Menschen, die Lust haben, gemeinsam zu häkeln – egal, ob Anfänger oder Profi. Beteiligen könnten sich Einrichtungen, Gruppen und Vereine. „Man kann aber auch allein zu Hause häkeln und die fertigen Blüten abgeben“, sagt sie. Eine Sammelstelle befinde sich im Bistro Crêpe Suzette (Borgfelder Heerstraße 42b). Die Blüten können bis 30. September abgegeben werden.

Info

Wer Interesse am gemeinsamen Häkeln unter der Linde oder in einem der Borgfelder Cafés hat, Wolle spenden möchte oder Unterstützung braucht, meldet sich per E-Mail unter info@artagainstecocide.de (Stichwort: Borgfeld). Weitere Infos gibt es auf der Plattform Nebenan.de unter dem Stichwort „Häkeln gegen Ökozid“.

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