Die Liste der Vergehen war lang, das Landgericht ahndet sie aber nicht. Foto: Bernd Weißbrod/dpa
Ein 52-Jähriger begeht mehrere Straftaten, gilt aber als schuldunfähig. Das Landgericht hat nun eine Entscheidung getroffen.
Ein 52-jähriger Böblinger, der in den vergangenen Jahren ganz überwiegend in städtischen Obdachlosenunterkünften in der Kreisstadt gewohnt hatte, wird nunmehr eine längere Zeit im Zentrum für Psychiatrie (ZfP) in der Weissenau verbringen müssen. Dort war er bereits seit einigen Monaten vorläufig untergebracht.
Die 5. Große Strafkammer des Landgerichts Stuttgart ordnete die längerfristige Unterbringung des 52-Jährigen an und entsprach damit den Schlussplädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung.
Von einer Rückkehr rät der Gutachter ab
Die Kammer folgte damit der Empfehlung des für die vier Verhandlungstage beauftragten Gutachters Korbinian Golla. Der Oberarzt des ZfP Weissenau hatte wegen der psychischen Erkrankung und Alkoholabhängigkeit des Angeklagten eine fachpsychiatrische Betreuung in einer Einrichtung und eine anschließende Suchttherapie für erforderlich gehalten und von einer Rückkehr in städtische Obdachlosenunterkünfte abgeraten, da es in diesem Umfeld immer wieder zu Straftaten gekommen sei.
Von den in diesem Prozess erhobenen sieben Tatvorwürfen – von Körperverletzung über Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bis zur Sachbeschädigung und Bedrohung – sprach das Landgericht den Mann wegen Schuldunfähigkeit frei.
Der 52-Jährige hatte im Januar 2023 in Böblingen fünf Polizeibeamten massiv Widerstand geleistet, als diese ihn mit einem Blutalkoholgehalt von 2,04 Promille auf dem Fahrrad erwischt hatten. Er hatte sich geweigert, in einen Streifenwagen zu steigen. Einem Beamten, der ihn fixieren wollte, hatte er den Arm verdreht, am Boden mit den Füßen nach den Polizisten getreten und diese zudem beleidigt.
Im Mai 2023 hatte er in einer Obdachlosenunterkunft in Böblingen einem Mitbewohner, der vor einer Waschmaschine kniete, von hinten massiv in den Nacken gehauen. Einen Monat später schoss er in der Nacht um 3.30 Uhr ans Fenster eines anderen Mitbewohners Stahlkugeln mit einer Schleuder, und weitere zwei Monate später um 3.20 Uhr warf er Steine ans Fenster eines dritten Mitbewohners, damit dieser ihm die Tür öffnete. Als Letzterer sich weigerte, beleidigte er ihn massiv.
Der Angeklagte hat die Vorwürfe großteils bestritten
Im Oktober 2023 trat er einen weiteren Mitbewohner um 4 Uhr morgens gegen das Schienbein, und eine Stunde später bedrohte er nochmals einen anderen mit den Worten „Ich steche dich ab“. In einer anderen Obdachlosenunterkunft in Böblingen versetzte er schließlich im Mai vergangenen Jahres einem Mitbewohner einen schmerzhaften Tritt gegen das Knie.
Die Vorwürfe hatte der 52-Jährige zu Prozessbeginn in weiten Teilen bestritten. „In diesem Milieu wollen dich viele einfach nur fertig machen und erzählen Lügen“, hatte der Böblinger den Richtern erzählt.