Im Michaelshaus ist Margret mit dieser Einstellung nicht allein. 14 Ehrenamtliche verteilen hier einmal pro Woche zwischen 80 und 120 Portionen Essen. Das Team besteht überwiegend aus Seniorinnen, die Altersspanne reicht von Anfang 60 bis 85. Das Gebäude der Gemeinde Himmelsleiter ist einer der sieben Standorte von „Suppoptimal“. Über die Initiative der Bürgerstiftung finden in Stuttgart regelmäßige Essensausgaben statt.

Teil des Essens kommt von Harrys Bude

Freitags ist das Michaelshaus an der Reihe. Für Daniela Rapp bedeutet das, um 9 Uhr entweder bei der Schulküche Issgut oder beim Rudolf-Sophien-Stift vorgekochte Gerichte in Einmachgläsern abzuholen. Die werden später die Hauptspeise.

Rapp arbeitet als Honorarkraft für die Bürgerstiftung und kümmert sich unter anderem um die Essensausgabe in Freiberg. Ein weiterer Stopp auf ihrem Weg: Harrys Bude, die Einrichtung des Stuttgarter Lebensmittelretters Harry Pfau. Für Rapp hat er mehrere Kisten zur Seite gestellt, die das Angebot bei der Speisung ergänzen – Salatgemüse, dazu Pflaumen, Erdbeeren und süße Stückchen für den Nachtisch.

Obdachloser hilft mit – und wird Teil des Teams

Mit dem vollen Auto fährt Rapp zum Michaelshaus, dann übernehmen die Ehrenamtlichen. „Das ist ein ganz tolles Team“, lobt die 52-Jährige. „Die sind alle mit so viel Energie, Herzblut und Verlässlichkeit dabei.“

Wie zum Beweis eilen am Gemeindezentrum sofort drei Menschen herbei, um Rapp beim Ausladen zu helfen. Darunter eine Helferin, aber auch einer der Stammgäste, die schon vor dem Gebäude warten. Außerdem der Ehrenamtliche Wolfgang, die männliche Ausnahme im Seniorinnen-Team. „Ich komme von der anderen Seite“, erzählt der 65-Jährige. Während der Corona-Pandemie landete der frühere Hotelbetreiber auf der Straße, schlief wochenlang unter einer Stuttgarter Brücke.

So fand Wolfgang zunächst als Gast den Weg zu den Speisungen von „Suppoptimal“. Später begann er, selbst mitzuhelfen. Auch, um sich wieder nützlich zu fühlen. „Ich hätte mich damals im Park volllaufen lassen können oder schauen, dass ich wieder auf die Beine komme.“ Inzwischen hat Wolfgang über die ehrenamtliche Arbeit eine Wohnung gefunden – und bringt sich an fünf Standorten von „Suppoptimal“ ein.

Rund 80 Gäste bei Speisung in Stuttgart-Freiberg

Zu tun gibt es viel. Zwischen 800 und 1000 Portionen Essen werden über die Initiative wöchentlich verteilt. Alleine in Freiberg kommen in der Regel rund 80 Gäste. In den Räumlichkeiten des Gemeindezentrums sind die Ehrenamtlichen deshalb emsig am Werk. Sie waschen Salatköpfe und schneiden Radieschen, bereiten den Nachtisch vor und geben die Gläser mit der Hauptspeise – diesmal Kartoffelsuppe – aus.

Diesmal auf dem Speiseplan: Kartoffelsuppe. Foto: Ferdinando Iannone

Anschließend setzen sich die Gäste mit ihrem Mittagessen, Tellern und Besteck auf die Bierbänke, die im Schatten der Bäume vor dem Gemeindezentrum aufgestellt sind. „Natürlich ist das auch anstrengend“, sagt die 85-jährige Margret über ihren ehrenamtlichen Einsatz. „Aber einmal die Woche darf das schon sein.“

Ehrenamt in der Nachfolge Christi

Auf Frauen wie Margret verweist Dagmar Ohage-Harchaoui, wenn sie sagt: „Die sind meine Vorbilder fürs Nochälterwerden.“ Die 69-Jährige arbeitete jahrelang als Diakonin bei der Gemeinde Himmelsleiter. Als sie von der Idee für die Essensausgabe erfuhr, war sie sofort Feuer und Flamme. „Wenn wir uns in der Nachfolge Christi sehen, dann sollten wir denen helfen, die es am nötigsten haben“, stellt sie klar.

Echte Unterstützung für Bedürftige habe sie zeit ihres Lebens aber zu häufig vermisst, auch im kirchlichen Umfeld. Anders bei der Speisung, wo Ohage-Harchaoui weiter fester Teil des Teams ist. „Ich will etwas vom Schönen in meinem Leben abgeben“, sagt sie. „Dann bekommt man auch etwas Schönes zurück.“ So erzählt sie von einer Frau, die Stammgast ist – und an diesem Freitag den Ehrenamtlichen selbst gepflückte Äpfel mitgebracht hat. Ohage-Harchaoui schwärmt: „Wenn die Leute sich bei uns bedanken, dann ist das unsere Belohnung.“