Der Flugzeughersteller Pilatus habe durch die neuen US-Zölle einen massiven Wettbewerbsnachteil, sagt Verwaltungsratspräsident Hansueli Loosli. Er spricht über den Ausbau in den USA und warum dies nicht auf Kosten des Stammhauses in Nidwalden geht.
09.08.2025, 09:2509.08.2025, 09:32
Maurizio Minetti / ch media
Pilatus ist von den US-Zöllen stark betroffen. Rund die Hälfte des Umsatzes erwirtschaftet der Nidwaldner Flugzeughersteller in den USA. Am Freitag gab das Unternehmen einen vorläufigen Lieferstopp in die USA bekannt.
Nun nimmt Verwaltungsratspräsident Hansueli Loosli Stellung. Noch im Februar sagte er zuversichtlich: «Ich glaube nicht, dass die Flugzeugindustrie zu jenen Branchen gehört, die der US-Präsident mit Zöllen belegen möchte.» Es kam anders. Im April drohte US-Präsident Donald Trump zunächst mit Importzöllen von 31 Prozent, dann waren es 10 Prozent, seit Donnerstag gelten 39 Prozent.
Die USA sind für Pilatus ein Schlüsselmarkt; 700 Millionen Franken Umsatz machen Sie dort. Wie hart treffen Sie die Zölle?
Hansueli Loosli: Das trifft uns sehr hart. Zölle von 39 Prozent kann man aus Konkurrenzgründen nicht einfach den Kunden weitergeben, noch mit erhöhter Produktivität kompensieren – das können Sie vergessen.
Wie reagieren Sie?
Wir haben gleich am Donnerstag einen temporären Lieferstopp in die USA beschlossen. So gewinnen wir Zeit, um mit unserem Händlernetzwerk und Kunden Gespräche zu führen. Es geht darum, wer von uns welche Zollkosten übernimmt. Wir geben uns bis nächste Woche Zeit. Bis dann möchten wir die Verhandlungen abschliessen.
Zur Person:
Hansueli Loosli ist seit 2020 Mitglied und seit Mitte 2021 Präsident des Verwaltungsrats von Pilatus. 2021 gab der langjährige Coop-Chef seine Ämter als Präsident von Coop und Swisscom ab. Der 69-jährige Loosli folgte bei Pilatus auf den langjährigen Verwaltungsratspräsidenten Oscar J. Schwenk, der 2023 verstorben ist.
Bild: eveline beerkicher
Was heisst das für die Belegschaft?
Dank einer hohen Auslastung am Hauptsitz in Stans NW sind keine unmittelbaren Massnahmen vorgesehen. Dauert diese Krise aber länger an, könnten Kurzarbeit oder personelle Anpassungen durch natürliche Fluktuation nötig sein. Im Moment ist das aber kein Thema.
Haben US-Kunden Bestellungen storniert?
Nein, bisher glücklicherweise nicht. Mit jedem Tag steigt aber das Risiko, weil die Flugzeuge ja massiv teurer werden.
Was ärgert Sie am meisten?
Dass wir mit diesen Zöllen einen massiven Wettbewerbsnachteil im Vergleich zur Konkurrenz haben. Die US-Hersteller sind ohnehin im Vorteil, weil nicht betroffen. Es zeichnet sich ab, dass Grossbritannien oder die EU für die Zivilaviatik eine Zollausnahme von null Prozent erhalten werden. Grundsätzlich galten null Prozent für Zivilflugzeuge, für unsere Mitbewerber und Pilatus, seit Ende der Siebzigerjahre. Es existiert seit damals eine weltweite Regelung, aber für die Schweiz gilt diese Vereinbarung jetzt nicht mehr. Das muss nun als Teil eines möglichen Abkommens zwischen der Schweiz und den USA, wie in der EU oder in Grossbritannien geschehen, geregelt werden. Damit würden wir wieder gegenüber unseren Mitbewerbern vergleichbar dastehen. Wir sind dazu mit dem Wirtschaftsdepartement in Bern im Austausch.
«Sollte es zu Stornierungen kommen, könnten wir diese Flugzeuge in Märkten ausserhalb der USA verkaufen.»
Was ist Ihr mittelfristiger Plan?
Die Modelle PC-12 und PC-24, die wir in den USA verkaufen, sind sehr gefragt. Es gibt lange Wartelisten und das Auftragsvolumen ohne die USA beträgt zwei Milliarden Franken. Sollte es zu Stornierungen kommen, könnten wir diese Flugzeuge in Märkten ausserhalb der USA verkaufen. So oder so werden wir vermehrt neue Märkte erschliessen. Parallel dazu planen wir in den nächsten fünf Jahren 150 bis 200 Millionen Franken in eine erweiterte US-Fertigung zu investieren, wo wir heute schon 400 Personen beschäftigen. Damit werden wir Zölle im US-Geschäft reduzieren können und unsere Wettbewerbsfähigkeit weiter verbessern.
Also geht die Strategie von Donald Trump auf?
Wir haben diese Investition schon vor über einem Jahr beschlossen. Die Pläne setzen wir nun aber schneller um als ursprünglich gedacht. Es ergibt Sinn, zum jetzigen Zeitpunkt den Ausbau der US-Fertigung zu beschleunigen. Heute ist es so, dass wir die Flugzeuge in Stans herstellen und diese nach Colorado fliegen, wo das Finishing an den Flugzeugen, zum Beispiel Innenausbau und Lackierung, stattfindet. Dort sind wir nun schon seit beinahe 30 Jahren tätig. Künftig wollen wir in Florida das ganze Flugzeug montieren können.
Blick in eine der Hallen von Pilatus am Hauptsitz in Stans NW.bild: boris bürgisser
Geht das auf Kosten von Arbeitsplätzen in der Schweiz?
Nein, wir können in Stans gar nicht so viel produzieren, wie der Markt heute von uns verlangt, sonst hätten wir nicht solch grosse Bestellbestände. Wer heute ein Flugzeug bei uns bestellt, kommt nicht vor 2027 zum Zug. Also brauchen wir weiterhin die Kapazitäten in Stans für die übrigen Märkte, die ebenfalls am Wachsen sind. Wir haben in Stans die Kapazitätsgrenzen erreicht. Wir haben deshalb kürzlich auch in Stans über die nächsten zehn Jahren einen weiteren Ausbauschritt beschlossen, der fast eine halbe Milliarde bedeuten wird. Wir können auf eine Erweiterung der Kapazitäten in der Schweiz nicht verzichten. Es ist aber klar, dass der Aufbau der Belegschaft dieses Jahr nicht so stark sein wird wie in den letzten Jahren, als wir pro Jahr bis zu 300 neue Stellen geschaffen haben.
«Man darf ob der Zölle nicht vergessen, dass uns der schwache US-Dollar mindestens so grosse Sorgen macht.»
Der Pilatus-Heimatkanton Nidwalden hat signalisiert, im Notfall dem grössten Arbeitgeber unter die Arme greifen zu wollen. Wird das nötig sein?
Nein, wir gehen nicht davon aus, dass wir auf staatliche oder kantonale Hilfe angewiesen sein werden. Wir werden zwar vorübergehend weniger verdienen, aber wir werden alles daran setzen, uns den neuen Gegebenheiten anzupassen, flexibel zu bleiben und nicht die öffentliche Hand zu belasten. Man darf ob der Zölle nicht vergessen, dass uns der schwache US-Dollar mindestens so grosse Sorgen macht. Diese verlorenen Erträge tragen wir selber, die können wir nicht unmittelbar auf die Kundschaft abwälzen. Unsere Wertschöpfung findet zu 95 Prozent in der Schweiz und damit in Franken statt, wir fakturieren aber einen grossen Teil in US-Dollar. Wir benötigen nun Klarheit, bis wir wieder in die USA liefern werden. Wir hoffen, dass die Politik eine Lösung findet, die US-Zölle so rasch wie möglich zu reduzieren.
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