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Fortuna Düsseldorf sagt Shon Weissmann ab. Der Verein sei arisch und antisemitisch, wird unterstellt. Doch bei genauerem Blick zeigt sich rasch: Das Gegenteil ist der Fall.

Düsseldorf – Eigentlich schien der Wechsel von Shon Weissman zu Fortuna Düsseldorf schon so gut wie sicher. Doch auf der Zielgeraden platzte der Transfer, wie der Zweitligist am Dienstag (5. August) auf X verkündete. Eine Entscheidung, die eine Welle der Entrüstung hervorrief – die jedoch der komplexen Situation nicht gerecht wird.

Shon Weissman im Training beim Wolfsberger AC.Shon Weissman (hier beim Wolfsberger AC) wird nicht zu Fortuna Düsseldorf wechseln. (Archivbild) © IMAGO / GEPA pictures

Doch wie kam es überhaupt so weit? Immerhin hatte Weissman laut der Rheinischen Post bereits den Medizincheck hinter sich und einen unterschriftsreifen Vertrag vorliegen. Doch unter den Fortuna-Fans regte sich Widerstand und auch der Aufsichtsrat des Zweitligisten soll noch sein Veto eingelegt haben.

Fleischhauer wettert nach geplatztem Weissman-Deal: „Fortuna Düsseldorf ist gesichert arisch!“

Denn der israelische Fußballer hatte in den sozialen Medien mehrere kritische Posts geteilt und geliked, die zur „Auslöschung Gazas“ aufriefen und fragten, „warum noch keine 200-Tonnen-Bomben abgeworfen wurden“. In Spanien wurde sogar Strafanzeige wegen Verbreitung von Hassbotschaften gegen ihn gestellt.

Jan Fleischhauer sprach daraufhin in „Meine Welt. Meine Meinung“ beim TV-Sender Welt von einem „Sturm der Entrüstung bei den Hamas-Fans von Fortuna Düsseldorf“. Und der Kolumnist legte nach und behauptete: „Man kann jetzt sagen – Fortuna Düsseldorf ist gesichert arisch!“ Ähnlich äußerte sich auch Marie von den Benken auf X.

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In Anlehnung an den Post von Fortuna Düsseldorf schrieb die n-tv-Kolumnistin: „Wir haben uns intensiv mit Fortuna Düsseldorf beschäftigt, uns aber final entschieden, Fortuna Düsseldorf als gesichert antisemitischen Sportverein einzustufen.“ Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf sprach wiederum von einer „Anti-Israel-Kampagne“.

Und auch Weissman meldete sich auf X zu Wort und betonte, er wolle sich nicht als jemand darstellen lassen, der Hass verbreite – nur wegen drei Likes und einem Kommentar zum Gaza-Krieg, den er sofort löschte. „Ich bin Sohn einer Nation, die nach dem Horror des 7. Oktober immer noch trauert“, machte der Spieler deutlich.

„Dieser schwarze Tag, an dem ganze Familien ermordet, gekidnappt und misshandelt wurden, bleibt für mich eine offene Wunde, als Person, als Israeli und als Sportler, der sein Land repräsentiert. Es ist möglich und nötig, abzulehnen, dass unschuldige Menschen auf beiden Seiten zu Schaden kommen“, schrieb Weissman. „Während ich jedwede Kritik akzeptiere, tut es mir weh, dass nicht der gesamte Kontext gesehen wird.“

Fortuna Düsseldorf arbeitet eigene Vergangenheit auf – mithilfe der Fans

Heikle Anschuldigungen, die jedoch im Kontext der Vereinsgeschichte zu betrachten sind. Die Heimat der Fortuna liegt in den Düsseldorfer Stadtteilen Flingern und Gerresheim – beide waren klassische Arbeiterviertel, die in den 1920er- und 1930er-Jahren den Nationalsozialisten sehr kritisch gegenüberstanden.

Gleiches gilt auch für die Vereinsikone Paul Janes und den langjährigen Vereinsführer Matthias Bakkers. Zwar erfolgte die Gleichschaltung bereits im Juni 1933, einen Arierparagraphen – also der Ausschluss der Juden aus dem Verein – gab es jedoch zunächst nicht. Erst als Bakkers zwangsweise zurücktrat, wurde eine solche Regelung unter dessen Nachfolger eingeführt.

Aukleber mit der Aufschriftt Fortuna-Fans gegen rechts.Auch die Fans der Fortuna positionieren sich klar gegen Hass und Antisemithismus. © IMAGO/Michael Gstettenbauer

Hinzu kommt, dass sich der Verein seiner Verantwortung bis heute bewusst ist. Die Aufarbeitung wird sowohl bei Fortuna als auch den Fans großgeschrieben. Diese sorgten etwa für eine Würdigung des jüdischen Vereinsarztes Waldemar Spier, der eine wichtige Rolle beim Gewinn der Deutschen Meisterschaft im Jahr 1933 spielte.

Fortuna Düsseldorf kämpft gegen Rechts und Antisemitismus

Hinzu kommen zahlreiche Gedenkaktionen. Im Januar 2024 erinnerte der Verein mit leeren Plätzen im Stadion an zwölf Düsseldorfer, die verschleppt und in den Konzentrationslagern ermordet wurden – darunter auch Spier. Der Kampf gegen Rechts und Antisemitismus ist dabei auch ein elementarer Teil der Aktion „Fortuna für alle“.

Das wird auch in der Vereins-DNA deutlich. „Unsere Arena bietet über 50.000 Plätze, aber keinen einzigen für rassistische, verfassungs- und fremdenfeindliche Bestrebungen sowie diskriminierende oder menschenverachtende Verhaltensweisen. Denn Respekt, Vielfalt und Toleranz stehen für uns an erster Stelle“, heißt es dort.

Und genau die hat Fortuna Düsseldorf bei der Entscheidung, Shon Weissman zu holen, konsequent gelebt. Forderungen nach einem Genozid, auch wenn diese aus einer Emotion erfolgen, passen nicht zu diesen Werten. Zumal Weissman laut der israelischen Tageszeitung Ha’aretz schon vor dem 7. Oktober 2023 mit generalisierenden, aufstachelnden Statements über arabische Israelis aufgefallen sein soll. Zudem sei Weissman ein Unterstützer des rechtsextremen Politiker Itamar Ben-Gvir. Und das passt eben nicht zur Fortuna-DNA. Unabhängig von Religion und Herkunft des Spielers. (smo)