Der ikonische Einstieg in „Der Herr der Ringe“ wäre beinahe nie entstanden. Dabei veränderte er nicht nur Mittelerde, sondern auch unser Verständnis von filmischer Erzählkunst für immer und hallt auch Jahrzehnte später in unseren Köpfen nach.

Es ist eine der einprägsamsten Stimmen der Kinogeschichte: Galadriel spricht mit ruhiger Ernsthaftigkeit, während sich vor unseren Augen die Geschichte Mittelerdes entfaltet. Doch was wie ein meisterhaft durchdachter Auftakt wirkt, war ursprünglich nicht geplant – und wurde erst ganz am Ende der Produktion von „Die Gefährten“ verwirklicht. Regisseur Peter Jackson hatte zunächst keinen Prolog vorgesehen, obwohl das Studio New Line Cinema einen wünschte. Ein zweiminütiger Rückblick sollte reichen – doch Jackson wusste: Die Geschichte des Einen Rings braucht Raum.

Der Weg zu diesem siebeneinhalbminütigen Meisterwerk war steinig. Denn es war tatsächlich das letzte Element, das Jackson in Angriff nahm – unter Druck und gegen Widerstände. Sogar Ian McKellen, der Gandalf spielte, sprach sich gegen eine lange Einführung aus. Dennoch erkannte das Studio schließlich, wie essenziell der Prolog war, und ermutigte Jackson, ihn beizubehalten. Heute gilt die Sequenz als Paradebeispiel dafür, wie man ein komplexes Fantasy-Universum filmisch zugänglich macht – mit einer einfachen Formel: Erzähl die Geschichte des Rings wie ein Mini-Film.

Galadriel oder Gandalf? So anders sollte der Anfang von „Herr der Ringe“ eigentlich werden

Die Entscheidung, Galadriel als Erzählerin zu wählen, war keineswegs selbstverständlich. Ursprünglich wurden Frodo oder Gandalf in Erwägung gezogen – doch beide wären zu sehr Teil der eigentlichen Handlung gewesen. Jackson entschied sich für Galadriel, weil sie als uralte Elbin nicht nur die nötige Autorität, sondern auch die Distanz zu den Geschehnissen mitbrachte. Ihre Stimme verleiht dem Prolog einen fast mythischen Charakter – was kein Zufall ist, denn die berühmten ersten Worte der Ringsaga („Die Welt ist im Wandel. Ich spüre es im Wasser, ich spüre es in der Erde, ich rieche es in der Luft.“), an die sich jeder Fan erinnert, stammen im Original gar nicht von ihr, sondern von Baumbart.

Auch inhaltlich nahm sich Jackson Freiheiten. Die Schlacht des Letzten Bündnisses dauerte in Tolkiens Buchvorlage Jahre – im Film jedoch wird sie auf wenige Minuten verdichtet. Figuren wie Gil-galad oder Anárion wurden komplett gestrichen. Die Entscheidung, sich ganz auf den Einen Ring als Protagonist des Prologs zu konzentrieren, brachte Struktur in das erzählerische Chaos. Es ist ein klassischer Dreiakter – vom Schmieden des Rings über seinen Verrat an Isildur bis hin zu Gollums Besessenheit und Frodos Schicksal.

Heute lässt sich der Film kaum noch ohne dieses grandiose Vorspiel denken. Was einst als zu lang, zu riskant und zu erklärungsbedürftig galt, wurde zu einem zentralen Element der „Herr der Ringe“-Mythologie. Auch einer der legendärsten Sätze von Gandalf entstand übrigens nur zufällig. Hier lest ihr mehr dazu:

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