Berlin – Bettina Orlopp ist keine, die mit der Faust auf den Tisch haut – und doch ist sie eine Kämpferin. Eine, die sich durchbeißt. Eine, die sich entschlossen ihren Weg in einer Welt gebahnt hat, in der Männer jahrzehntelang unter sich waren: der Finanzwelt. Und jetzt, mit 55 Jahren, steht sie ganz oben – als erste Frau an der Spitze der Commerzbank.

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Und sie ist erfolgreich: Diese Woche veröffentlichte die Bank die Zahlen fürs zweite Quartal: 462 Millionen Euro Nettogewinn – mehr, als Experten vorausgesagt hatten. Zum Jahresende sollen es 2,5 Milliarden sein, 100 Millionen mehr als bislang geplant. Unter ihr legte die Aktie gut 100 Prozent zu.

Gegenüber BILD erklärt Orlopp, die Bank sei so profitabel wie noch nie. „Ein Erfolg des gesamten Team Yellow, das zusammensteht und sich nicht ablenken lässt.“

Professor Volker Brühl, der an der Goethe-Uni in Frankfurt das Center for Financial Studies leitet, schätzt Orlopp. Er zu BILD: „Sie repräsentiert die Bank sehr gut, sehr unaufgeregt, sehr nüchtern, sehr klar.“ Orlopp habe die Kosten stark reduziert, die Bank verschlankt. „Das muss man ihr hoch anrechnen.“ Aber auch ihr Vorgänger Manfred Knof (59) habe seinen Anteil am Erfolg.

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Auch bei den Commerz-Bänkern werde Orlopp geschätzt, so Brühl: „Sie kommuniziert nach innen sehr gut, hat einen guten Stand in der Belegschaft.“ Und das, obwohl sie 3900 Stellen streichen muss.

Seit Oktober 2024 sitzt die 100-Prozent-Frau auf dem Chefposten. Zur Commerzbank kam sie 2014, arbeitete davor lange bei der Unternehmensberatung McKinsey, stieg dort zur Partnerin auf – die einzige in Deutschland, die Teilzeit arbeitete, um sich um ihre zwei Kinder zu kümmern. Brühl lobt, Orlopp habe immer wieder weibliche Führungskräfte gestärkt.

Allein auf weiter Flur: Bei Merz’ Investitionsgipfel im Juli war Orlopp (r.) neben Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (52, CDU) die einzige Frau

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Foto: IMAGO/PIC ONE

In BILD teilt sie ihren Rat an Frauen, die mit einer Spitzenposition liebäugeln: „Traut Euch etwas zu, hebt die Hand und nehmt die Herausforderung an!“

Wie sie selbst es nach ganz oben geschafft hat?

Eine Karriere als CEO könne man nicht planen, so Orlopp. Aber es sei wichtig, dass man einen Job habe, der Spaß mache. „Denn nur dann ist man gut und kann auch mit Rückschlägen umgehen.“ Und: klarmachen, wenn man den nächsten Karriereschritt gehen wolle.

Schwierigster Kampf steht an

Bei allen Erfolgen: Ihren schwierigsten Kampf führt Bettina Orlopp gerade erst. Es droht Gefahr aus Italien. Dort sitzt die Unicredit unter CEO Andrea Orcel (62) – und der will die Commerzbank übernehmen.

2024 kaufte die Bank der Bundesregierung Aktien ab, wurde damit größter Anteilseigner. Jetzt steht die Bank kurz vor der 30-Prozent-Marke: Halten die Italiener 30 Prozent der Aktien, müssen sie den übrigen Aktionären ein Kaufangebot machen. Die Eigenständigkeit der Commerzbank stünde damit vor dem Aus.

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Orlopp wehrt sich dagegen. Das Gebaren aus Italien kritisierte sie am Mittwoch gegenüber der Presse scharf: „Die Situation ist, gelinde gesagt, nicht ideal, da Unicredit ein direkter Wettbewerber im deutschen Markt ist.“

„Das war der Sündenfall“

Ihr Weg aus der Misere: die Aktionäre reich belohnen, hoffen, damit den Preis für die Bank in die Höhe zu treiben. Doch Finanzprofessor Brühl glaubt: „Mit Blick auf eine mögliche Übernahme durch die Unicredit hat Frau Orlopp das Heft des Handelns nicht mehr in der Hand.“ Dafür habe die Bundesregierung gesorgt, als sie 2024 das Aktienpaket an die Unicredit verkauft habe. „Das war der Sündenfall.“

Was Brühl der Bankchefin jetzt rät? „Sie muss mehr über Zukäufe nachdenken, damit die Bank in andere Größenordnungen wachsen kann.“ Denkbar: Käufe im Bereich der Vermögensverwaltung.

Orlopp gibt sich optimistisch: Diese Woche sagte sie, 2026 könnte „ein Jahr des Aufbruchs werden“.