Vor dem geplanten Treffen von US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin zur Ukraine haben mehrere europäische Staaten einen eigenen Verhandlungsvorschlag vorgelegt. „Wir halten weiterhin an dem Grundsatz fest, dass internationale Grenzen nicht mit Gewalt verändert werden dürfen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Frankreich, Italien, Deutschland, Polen, Großbritannien, Finnland und der EU-Kommission. Der derzeitige Frontverlauf solle als Ausgangspunkt für Gespräche dienen.
Verhandlungen seien nur „im Rahmen eines Waffenstillstands oder einer Verringerung der Feindseligkeiten“ sinnvoll, betonen die Unterzeichner. Zudem seien robuste Sicherheitsgarantien nötig, damit die Ukraine ihre Souveränität wirksam verteidigen könne. Konkrete Aussagen zu einem möglichen NATO-Beitritt oder zur Rolle der USA in diesen Garantien fehlen.
Forderung nach erhöhtem Druck auf Russland
Die europäischen Staaten fordern, den Druck auf Moskau deutlich zu erhöhen. „Nur ein Ansatz, der aktive Diplomatie, Unterstützung für die Ukraine und Druck auf die Russische Föderation kombiniert, kann erfolgreich sein.“ Gleichzeitig sichern sie Kyjiw weitere militärische und finanzielle Unterstützung zu.
Präsidenten Putin und Trump am Rande des G20-Gipfels in Osaka (2019)Bild: Shealah Craighead/White House/IMAGO
Man werde eng mit Trump, den USA, dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und dem ukrainischen Volk zusammenarbeiten. Frieden könne nur mit der Ukraine entschieden werden: „Die Ukraine hat die Freiheit, über ihr eigenes Schicksal zu entscheiden.“
Am Samstag trafen sich in Großbritannien hochrangige Regierungsvertreter und Sicherheitsberater aus den USA, der Ukraine und mehreren europäischen Staaten – darunter US-Vizepräsident JD Vance. Über Inhalte wurde wenig bekannt, Selenskyj sprach von „konstruktiven“ Gesprächen.
„Der Weg zum Frieden für die Ukraine muss gemeinsam mit der Ukraine bestimmt werden“, bekräftigte Selenskyj später in seiner Videoansprache. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonte auf X, dass Europa Teil einer Lösung sein müsse, da es um seine eigene Sicherheit gehe.
Russland fordert Ostukraine und Krim
Trump will sich am Freitag in Alaska mit Putin treffen – ob es auch zu einem Treffen zwischen Putin und Selenskyj kommen wird, ist offen. Der Ukrainer forderte ein solches Gespräch immer wieder. Auch Trump betonte die Notwendigkeit direkter Gespräche zwischen Moskau und Kyjiw auf höchster Ebene, wobei er zuletzt sagte, sie seien keine Voraussetzung dafür, dass er selbst sich mit Putin treffe. Der Kremlchef zeigte sich eher verhalten mit Blick auf einen möglichen Dreier-Gipfel. Er halte ein solches Treffen zwar für möglich, noch seien die Bedingungen dafür aber weit entfernt, erklärte er zuletzt.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (l.) und US-Vizepräsident JD Vance bei einem Treffen in Rom im Mai 2025Bild: Ukrainian Presidential Press Service/Handout via REUTERS
US-Medien berichten, Putin habe vorab gefordert, dass Russland die volle Kontrolle über die ostukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk erhält – was die Aufgabe strategisch wichtiger Städte für die Ukraine bedeuten würde. Laut „Wall Street Journal“ machte er diesen Vorschlag bei einem Besuch des US-Unterhändlers Steve Witkoff in Moskau. Im Gegenzug soll Putin laut „New York Times“ zu einer Waffenruhe und dem Einfrieren anderer Frontabschnitte bereit sein.
Kyjiw lehnt Gebietsabtretungen strikt ab
Trump sprach zuletzt von einem möglichen „Austausch von Gebieten zum Wohl beider Seiten“, ohne Details zu nennen. Die Ukraine weist solche Ideen entschieden zurück. „Die Ukrainer werden ihr Land nicht dem Besatzer schenken“, erklärte Selenskyj. Die ukrainische Verfassung lasse keine Gebietsabtretungen zu.
Putin wolle die Annexion von Cherson, Saporischschja, Luhansk, Donezk und der Krim legitimieren lassen, warnte Selenskyj: „Diesen zweiten Versuch der Aufteilung der Ukraine werden wir nicht zulassen.“ Russland kontrolliert seit 2014 Teile des Donbass, nach Scheinreferenden 2022 erklärte Moskau sie zu eigenem Staatsgebiet.
In Luhansk hält die Ukraine nur noch wenige Quadratkilometer, in Donezk kontrolliert sie rund ein Viertel der Fläche. Eine Räumung würde die Aufgabe wichtiger Verteidigungsstädte wie Slowjansk, Kramatorsk und Kostjantyniwka bedeuten – mit gravierenden Folgen für die Verteidigungsfähigkeit.
Druck auf Russland oder „America First“?
Das Treffen in Alaska wäre das erste direkte Gespräch zwischen einem amtierenden US-Präsidenten und Putin seit vier Jahren. Unter Joe Biden herrschte nach der russischen Invasion Funkstille, die USA wurden wichtigster Unterstützer Kyjiws.
Trump, der im Wahlkampf immer wieder angekündigt hatte, den Ukraine-Krieg „innerhalb von 24 Stunden“ zu beenden, holte Putin nach Beginn seiner zweiten Amtszeit aus der diplomatischen Isolation. Innenpolitisch hat der Republikaner mit seinem Versprechen hohe Erwartungen geweckt. Viele seiner Anhänger – darunter einflussreiche Kongressmitglieder – verlangen einen strikten „America First“-Kurs und lehnen militärische sowie finanzielle Unterstützung der USA für andere Länder weitgehend ab.
Präsident Selenskyj in seiner Videobotschaft zum US-Russland-GipfelBild: Ukrainisches Präsidialamt
In Alaska können ohne ukrainische Beteiligung kaum verbindliche Vereinbarungen getroffen werden. Eine Waffenruhe oder Gebietsabgabe erfordert verfassungsrechtliche Änderungen, die weder Selenskyj noch das Parlament allein beschließen können.
Trump besitzt jedoch erheblichen Einfluss – vor allem durch Waffenlieferungen und Geheimdienstinformationen, die für die ukrainische Verteidigung unverzichtbar sind. Schon im März hatte er die US-Militärhilfe zeitweise ausgesetzt.
pgr/ack (dpa, rtr, afp)