Als Ilyas Ansah nach knapp 70 Minuten den Ball gefühlvoll aus der Luft annahm, ging ein beifälliges Raunen durch die Alte Försterei. Nicht, weil die Aktion zu irgendetwas führte, sondern einfach, weil sie an sich schön war. Und weil es an diesem Nachmittag sonst kaum etwas zu feiern gab in der Offensive des 1. FC Union.
Mit 0:1 unterlagen die Köpenicker am Sonnabend im letzten Testspiel der Vorbereitung gegen Olympiakos Piräus. Ein Ergebnis, das gegen den Griechischen Meister wahrlich keine Schande darstellt. Nur: Es war das vierte 0:1 in Folge. Das vierte Mal, dass Unions defensive Stabilität in starkem Kontrast zur offensiven Zahnlosigkeit stand. Und so kurz vor dem Saisonauftakt ist das durchaus ein Grund zur Sorge.
Dass die Jungs gut verteidigen können, haben sie auch heute wieder bewiesen. Aber man muss sagen, dass wir vor dem Tor nicht kaltschnäuzig genug sind.
Steffen Baumgart, Trainer des 1. FC Union
Das konnte man nach dem Spiel auch an den Gesichtern und der Tonlage erkennen. „Dass die Jungs gut verteidigen können, haben sie auch heute wieder bewiesen. Aber man muss sagen, dass wir vor dem Tor nicht kaltschnäuzig genug sind“, sagte etwa Trainer Steffen Baumgart.
Auch als er sagen sollte, was die Mannschaft gut gemacht hatte, war die Antwort des Trainers vielsagend: „Man hat erst mal sehr, sehr gut verteidigt und eine der besten Offensivmannschaften Griechenlands relativ lange vom Tor weggehalten. Und wir hatten Stürmer, die im Defensiven sehr, sehr gut gearbeitet haben.“
Union kann Offensivqualität noch nicht auf den Platz bringen
Was ihren eigentlichen Job angeht, haben die Angreifer aber noch reichlich Luft nach oben. Man müsse einfach mehr nach vorne kommen und Torchancen erarbeiten, betonte Ansah. Eine richtige Antwort darauf, wie das gelingen sollte, konnte er aber auch nicht liefern.
Eine einfache Diagnose gibt es ja auch nicht. Denn Unions Schwierigkeiten in der Offensive liegen nicht an einem Mangel an Qualität und sind auch nicht unbedingt taktisch zu begründen. Der Grundgedanke, einen Ballbehaupter wie Andrej Ilic neben einem explosiven Sprinter wie Oliver Burke einzusetzen, ist an sich ein guter.
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Chancen erspielte sich Union im gesamten Test gegen Olympiakos.
In der Praxis bleibt aber vieles noch viel zu unpräzise. Gegen Olympiakos versandete jeder verlängerte Ball in der Wüste des letzten Drittels. Und fast jeder gut gemeinte Sprint verpuffte ohne Erfolg. Am Ende kamen nur drei richtige Chancen heraus, und nur eine davon hatte ein Stürmer. Als Marin Ljubicic dann aber frei vor dem Tor stand, fiel er nur auf den Hintern.
Es blieb der Eindruck eines Konstrukts, bei dem noch kein Einzelteil so richtig funktioniert. Ilic arbeitet viel mit wenig Ertrag. Ansah muss sich in der neuen Mannschaft erst noch einfinden. Burke brodelt vor latenter Explosivität, kann sie aber nicht ausspielen. Und Woo-yeong Jeong wiederum, der am Sonnabend der wohl gefährlichste Angreifer war, kommt gerade erst von einer schweren Verletzung zurück.
So hat Ansah recht, wenn er für ein wenig Geduld plädiert. „Dafür ist die Vorbereitung da, um sich einzuspielen. Wenn wir uns besser kennen, dann werden wir Erfolg haben.“
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Man braucht also Zeit. Nur: es gibt keine. Schon am Freitag geht die Saison los mit der ersten Runde des DFB-Pokals gegen Gütersloh. Danach startet man schon in den Bundesliga-Alltag, wo die ersten Wochen es durchaus in sich haben. Nach dem Auftaktspiel gegen den VfB Stuttgart folgt eine Auswärtsreise nach Dortmund.
„Die Vorbereitung ist ab heute vorbei“, sagte Baumgart am Sonnabend und wollte das eigentlich positiv formulieren. Die Serie von vier 0:1-Niederlagen in Folge gilt es schnellstmöglich hinter sich zu lassen. Doch das muss man erst einmal schaffen. Denn wie Baumgart auch zugab: „So eine Serie habe ich noch nie erlebt: weder als Trainer noch als Spieler“.