„Medizintechnik ist ein komplexes Geschäft“, sagt Rolf Ackermann. Seit 1954 gibt es sein Unternehmen, die Ackermann Instrumente GmbH in Rietheim-Weilheim. Die Firma fertigt und vertreibt chirurgische Instrumente, vor allem für Endoskopie und Implantologie, und vor allem unter der eigenen Marke.
Sein Vater Heinz hat die Firma gegründet, Rolf Ackermann stieg 1993 ein – und war natürlich auch schon vorher mit im Geschäft. „Ich hab‘ morgens um 4 Uhr angefangen, dann eine Ausbildung in einem Betrieb in Tuttlingen gemacht, dann wieder zu Hause gearbeitet und irgendwann noch studiert“ – so beschreibt er seine Anfänge. Später, als er selbst Inhaber war, wurde das Arbeitspensum nicht weniger.
Der Hauptsitz der Ackermann Instrumente GmbH in Rietheim-Weilheim. (Foto: Ackermann Instrumente )
Dass seine beiden Töchter sich das jetzt nicht antun wollen, kann der 60-Jährige durchaus nachvollziehen. Aber ihm sei klar gewesen: „Wenn ich mal in Rente gehe, will ich, dass es gut weitergeht.“
Finanzinvestor aus Tübingen steigt ein
Mit SHS Capital soll es nun weitergehen. Dahinter steckt eine Beteiligungsgesellschaft aus Tübingen, die sich auf Medizintechnik spezialisiert hat. SHS hat vor kurzem die Mehrheitsanteile an Ackermann übernommen. Wie hoch die Anteile sind und wie viel Geld geflossen ist, dazu schweigen die Beteiligten.
Produktion in der Medizintechnik: Bei Ackermann Instrumente werden Produkte für die Chirurgie rund um Endoskopie und Implantologie hergestellt. (Foto: Ackermann Instrumente )
Klar ist aber: Ackermann hat sich bewusst für einen Finanzinvestor entschieden und gegen den Verkauf an eine größere Firma. „Klar hätte an einen strategischen Investor verkaufen und schnelles Cash machen können“, sagt er, „aber so kann ich noch mitmischen, da haben wir als Firma mehr Möglichkeiten.“
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Denn für SHS soll es nicht bei dieser einen Beteiligung bleiben. Ziel sei es, eine größere Medizintechnik-Gruppe aufzubauen, erklärt Cornelius Maas, Partner bei SHS Capital. „Wir sehen schon länger den Trend, dass sich auf dem Markt einiges bewegt, deshalb sind wir auf der Suche nach weiteren Partnern.“
Sind es wirklich noch 400 Unternehmen?
Von 400 Unternehmen im Medizintechnik-Cluster in und um Tuttlingen war in den vergangenen Jahren die Rede. Doch eine Konzentration ist spürbar: Die Zahl der Chirurgiemechanikbetriebe ist laut Handwerkskammer Konstanz in zehn Jahren um etwa 20 Prozent zurückgegangen, in der Industrie dürfte es ähnlich sein.
„Die kleinteilige Tuttlinger Cluster-Region hat fantastische Produkte, aber vor allem die Zwei- bis Drei-Mann-Betriebe sind im Gesamtsetup so klein, dass sie den Markteintrittsbarrieren nicht mehr gerecht werden können“, sagt Peter Grassl, Geschäftsführer bei Ackermann Instrumente.
Peter Grassl, Geschäftsführer der Ackermann Instrumente GmbH, in Rietheim-Weilheim. (Foto: Ackermann Instrumente GmbH)
Bei Ackermann Instrumente werden chirurgische Instrumente aller Art, vor allem für die Endoskopie, gefertigt. (Foto: Ackermann)
Vor allem die hohen Anforderungen für die Marktzulassung, etwa die EU-Medizinprodukteverordnung, machen kleinen Handwerksbetrieben das Leben schwer. Hinzu kommen fehlende Nachfolger oder Investitionsstau.
Investitionen sind unumgänglich
Wer bestehen will, muss deshalb wachsen – diese Devise haben zuletzt viele Mittelständler verfolgt. Auch Ackermann Instrumente habe in den vergangenen Jahren massiv „in die Substanz“ investiert, sagt Grassl. Seit 2019 hat das Unternehmen drei kleinere Firmen übernommen, die jüngste war Allgaier Instrumente aus Frittlingen im Jahr 2024.
86 Mitarbeiter hat Ackermann nun und Niederlassungen in Mexiko, den USA und Indien. Ein wichtiger Absatzmarkt sind zudem andere asiatische Länder. Den Umsatz schätzten Branchendienste 2023 auf etwa 13 Millionen Euro.
Cornelius Maas, Partner bei SHS Capital in Tübingen, will über einen Fonds in den Medizintechnik-Mittelstand investieren. (Foto: SHS Capital)
Ackermann hat viele Produktionsschritte im eigenen Haus und ein gutes Netzwerk – SHS will die Firma deshalb als „Kern-DNA“ erhalten, wie Maas sagt, weitere Firmen aus dem Mittelstand zukaufen und strategische Partner suchen, um zu wachsen. SHS habe selbst viel Know-how in der Medizin-Branche und werde über einen Beirat im Unternehmen mitreden. Das Projekt sei langfristig angelegt, „um damit auch der Region eine starke Zukunftsperspektive zu geben“, so Maas.
Rolf Ackermann selbst will noch etwa fünf bis sieben Jahre in seinem Unternehmen weiter „mitmischen“. Dann, so hofft er, kann er mit gutem Gefühl seine Rente antreten.
Wer ist SHS Capital?
SHS aus Tübingen wurde 1993 gegründet und ist ein Private-Equity-Anbieter – heißt: Die Firma sammelt Geld von Investoren ein, zum Beispiel Privatleuten, Stiftungen, Pensionsfonds oder Unternehmern, und bündelt das in einem Fonds. Mit dem Geld kauft es dann Anteile an Healthcare-Unternehmen in Europa. Der aktuelle Fonds umfasst 270 Millionen Euro und ist bereits der sechste, den SHS aufgelegt hat. Das Geld soll vor allem in mittelständische Betriebe investiert werden, Fokus ist der Aufbau einer Medizintechnik-Gruppe. Profit generiert SHS in der Regel durch den Weiterverkauf. In der Vergangenheit hat SHS auch in Start-ups investiert, so zum Beispiel die Wurmlinger Firma Emerging Implant Technologies (EIT). SHS erwarb 2016 die Mehrheitsanteile an EIT und verkaufte sie 2018 an Johnson&Johnson weiter.