Der Volksmund sagt: „Das Alter ist irrelevant. Außer, Du bist eine gute Flasche Wein.“ Oder – und in ihrem Fall würde der Volksmund sicher mit absoluter Mehrheit zustimmen – Du bist Iris Berben.
Am Dienstag feiert die Frau, die im deutschsprachigen Raum seit Jahrzehnten in ihrer eigenen Liga spielt, ihren 75. Geburtstag. Mit viel Tamtam und Brimborium? Fehlanzeige. Eine Interviewanfrage sagt Berben höflichst ab. Und lässt BILD ausrichten: „Nach vielen großen und manchmal auch ausufernden Festen, die ich zu meinen Geburtstagen feiern konnte, möchte ich dieses Mal einfach abtauchen – ein bisschen ,unerreichbar’ sein und mich leise darüber freuen, wer alles an diesem Tag an mich denkt.“
1978: Iris Berben (damals 28) und Ingrid Steeger (1947–2023) in der Kult-Serie „Zwei himmlische Töchter“
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Worüber solle man denn auch groß reden? Ja, worüber denn? Fast 60 ihrer 75 Jahre Leben verbrachte Iris Berben sehr öffentlich und sehr sichtbar: Bereits 1965 spielte sie in einem Experimentalfilm mit. Ihren ersten TV-Auftritt absolvierte sie schließlich 1967 in einem TV-Beitrag des NDR über die Hamburger Blumenkinder, die in der restlichen Welt schlicht Hippies hießen.
Das ist sie – zumindest innerlich – bis heute geblieben: frei, unangepasst, manchmal rebellisch und ihren eigenen Werten treu. Iris Berben war eine von vielen ihrer Generation und stach doch immer aus der Menge heraus.
Strahlend von innen und außen: Iris Berben im Herbst 2024 auf dem Laufsteg in Paris
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Wer ihr begegnet, kann den Blick bis heute nicht von ihr abwenden. Obwohl sie selbst diese Blicke gar nicht unbedingt sucht, im Gegenteil. „Sexy? Erotisch? Ich möchte nur Mensch sein – das ist schon schwer genug.“
Sie kann gut ohne Aufmerksamkeit leben. Meist hilft dabei schon die Sonnenbrille. Es ist auch nicht ungewöhnlich, sie hinter dem Steuer ihres Sportwagens (ein eleganter Oldtimer) auf den Straßen Berlins zu sehen. Oder beim Einkauf in der Feinkost-Etage des KaDeWe. Unprätentiös, uneitel, unaufgeregt und nicht selten sogar ungeschminkt. Wer kann, der kann.
1985–1986: Iris Berben (damals 35) und Diether Krebs (1947–2000) in der Comedy-Serie „Sketchup“, die im deutschen Fernsehen Maßstäbe gesetzt hat
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Dieses Aussehen, es ist bis heute so ein Teil von ihr, der vornehmlich von außen thematisiert wird: „Ich habe lieber ein Knackhirn als einen Knackarsch“, sagt Iris Berben mit einer Jahr für Jahr größer werdenden Coolness. Für den Geburtstag der ARD ließ sie sich noch einmal für ihre „Sketchup“-Rolle als „Tante Gisela“ verunstalten.
Selbstironisch erzählt sie mittlerweile von ihrem von einer Maskenbildnerin gelegentlich glatt geklebten Hals. 2024 lief Iris Berben bauchfrei in Paris über den Laufsteg. Na und? „Mein Äußeres war sicherlich eine gute Schule für mich, weil ich durch diese anfängliche Reduzierung auf die Schönheit nie zufrieden mit mir war. Ich wollte immer höher, weiter, besser sein. Ich geriet oft in eine Verteidigungshaltung, dass ich tatsächlich auch drei zusammenhängende Sätze formulieren kann. Vielleicht hätte ich mir ein paar Umwege ersparen können, wenn ich anders ausgesehen hätte.“
2023: Iris Berben in der Disney+-Serie „Deutsches Haus“ über die Auschwitz-Prozesse
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Umwege ist Iris Berben einige gegangen
Ihre Schulzeit war keine Glanzleistung. Sie flog von drei Schulen („Die Lehrer kamen nicht mit mir zurecht.“), das fehlende Abitur ist immer noch ein wunder Punkt. Ihre Karriere war keine Selbstverständlichkeit. Einst sprach sie für eine Rolle in „Cabaret“ vor – und bekam sie nicht. Zum größten deutschen Star wurde sie erst jenseits der 50. Wohl auch deshalb sind Zweifel ihr Motor. Ihr Engagement für Israel und Juden in Deutschland? In ihrer Branche jahrelang nahezu ein Alleingang. Ihr Privatleben? Lange ungewöhnlich. In den Siebzigerjahren zog sie ihren Sohn Oliver als alleinerziehende Mutter groß. Heiraten wollte sie trotzdem nie. Und das wird sich wohl auch nicht mehr ändern: Seit 2007 ist Berben mit Heiko Kiesow liiert. Wer die beiden trifft, sieht ein glückliches Paar – auf Augenhöhe.
Glückliches Paar auch ohne Trauschein: Iris Berben und ihr Lebensgefährte Heiko Kiesow (63). Dass sie jemals heiraten wolle, hat die Schauspielerin mehrfach ausgeschlossen
Foto: Fredrik von Erichsen
Könnte eine Frau wie Iris Berben also durch die 75, eine banale Zahl, erschüttert werden? „Andere machen sich effektiv mehr Gedanken über mein Alter als ich.“ In Hinblick auf das Älterwerden sagt sie auch: „Mir persönlich wäre es lieber, mir statt ewiger Jugend insgesamt mehr Lebenszeit kaufen zu können.“
Iris Berben und ihr Sohn Oliver (53). Er ist CEO der Constantin Film
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Und anders ausgedrückt, also vom Ende her gedacht: „Der Tod macht mich wütend. Diese ganze Angelegenheit ist nicht befriedigend geregelt. Dass wir sterben, ist eine Frechheit.“ Bis dahin beschäftigt Iris Berben diese Frage: „Die eigentliche Sorge beim Älterwerden ist doch für viele, ob man noch gesehen wird.“
Diese Sorge, liebe Iris Berben, können wir Ihnen hoffentlich nehmen. Happy Birthday!