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Eine große Versicherungsgruppe aus Deutschland steht nach Zeiten der Krise zum Verkauf. Der Vorstand führt Gespräche mit einem möglichen Partner aus Österreich.

Nürnberg – Die Nürnberger Versicherung steckt in der Krise. Das Unternehmen plant weiterhin Maßnahmen, um die Finanzlöcher zu stopfen. Bei der Suche nach einem strategischen Partner könnte die größte Versicherungsgruppe aus Österreich zur Hilfe kommen und die Nürnberger übernehmen.

Österreich-Konzern prüft Übernahme von Nürnberger Versicherungsgruppe

Die Nürnberger Versicherung steht vor dem Verkauf an die österreichische Vienna Insurance Group (VIG). Die VIG strebe eine Beteiligung von mehr als 50 Prozent an, teilten beide Unternehmen jüngst mit. Derzeit prüften die Österreicher bereits exklusiv die Bücher. Grund für den Zuschlag seien „insbesondere die strategischen Optionen, die finanziellen Investmentindikatoren und die Zusagen zur Standortsicherung sowie zum Erhalt der Marke und Identität“ der Nürnberger, teilte die börsennotierte Nürnberger Beteiligungs-AG mit. Beide Unternehmen haben am Freitag (8. August) bekannt gegeben, eine entsprechende Due-Diligence-Prüfung zu starten.

Die Nürnberger Versicherung verzeichnet hohe VerlusteDie Nürnberger Versicherung verzeichnet hohe Verluste: Bis 2026 sollen insgesamt 600 Stellen abgebaut werden. © IMAGO/Ardan Fuessmann

Ob es zu einer Übernahme durch die VIG komme, sei aber noch nicht sicher, hieß es in der Mitteilung. Eine Entscheidung solle im Herbst fallen. An der Börse wird fest mit einem Verkauf der Nürnberger gerechnet: Die Aktie schnellte um elf Prozent auf 59,40 Euro, damit ist die Nürnberger Beteiligungs-AG mehr als 680 Millionen Euro wert. Sie hat eine Reihe großer Aktionäre aus der Branche: Nach LSEG-Daten ist die Münchener Rück mit 19,1 Prozent der größte, gefolgt von der Neue Seba Beteiligungsgesellschaft, an der unter anderem die Hannover-Rück-Tochter E+S Rück beteiligt ist (18,8 Prozent), der Versicherungskammer Bayern (16,3 Prozent) und der japanischen Daido Life (15,0 Prozent).

„Die Nürnberger könnte als deutscher Erstversicherer zur weiteren Diversifikation unseres Portfolios beitragen“, erklärte VIG-Chef Hartwig Löger. Die VIG – früher als Wiener Städtische bekannt – ist in rund 30 Ländern in Mittel- und Osteuropa aktiv und verfolgt eine Wachstumsstrategie auch über Zukäufe. In Deutschland ist sie seit 1990 mit der kleinen InterRisk präsent. Seit 2017 hat auch der eigene Rückversicherer VIG Re eine Zweigniederlassung in Deutschland.

Nürnberger Versicherung vor Verkauf an Vienna Insurance

Die Nürnberger-Aktionäre hielten sich bedeckt, ob sie ihre Anteile an die VIG abgeben wollen. Die seit 1999 beteiligte Versicherungskammer erklärte, sie habe „ein großes Interesse daran, dass die Nürnberger Versicherung zukunftssicher und profitabel aufgestellt ist“. Als bayerischem Versicherer sei es ihr „ein besonderes Anliegen, dass die Finanzplätze Nürnberg und Bayern mit ihren attraktiven Arbeitsplätzen und starken Marken erhalten bleiben“. Münchener Rück und Hannover Rück wollten sich nicht äußern.

Mit 3,7 Milliarden Euro an Beitragseinnahmen und Kapitalanlagen von 35,1 Milliarden Euro gehört die Nürnberger zu den größeren deutschen Versicherern. Im vergangenen Jahr war sie mit 78,5 Millionen Euro tief in die roten Zahlen gerutscht. Grund dafür waren vor allem hohe Schäden in der Kfz- und Gebäudeversicherung. Die Schaden-Kosten-Quote lag in der Sach-Sparte über 100 Prozent. Dank eines Sparprogramms, bei dem bis 2026 rund 600 von 4100 Arbeitsplätzen gestrichen werden sollen, und Preiserhöhungen rechnet sie für das laufende Jahr mit einer Rückkehr in die Gewinnzone. 

Nürnberger Versicherungsgruppe macht Verluste im Jahr 2024

Die Versicherungsgruppe hatte im Geschäftsbericht für das Jahr 2024 hohe Verluste vermeldet. „Unser Konzernergebnis 2024 weist ein Defizit von 77 Millionen Euro aus, und wir mussten unsere Gewinnprognose von ursprünglich 40 Millionen Euro deutlich revidieren. Das ist schmerzhaft. Insbesondere, weil vier von fünf Bereichen sehr erfolgreich liefern“, heißt es in dem Bericht. „Für 2025 erwarten wir ein Konzernergebnis in der Größenordnung von 40 Millionen Euro. An unserem Ziel, mittelfristig, das heißt, bis 2026/27, ein Jahresergebnis von 80 bis 100 Millionen Euro zu erwirtschaften, halten wir am unteren Rand fest.“ (bohy mit Material von Reuters)