Nach zehn Jahren Pause ist es wieder so weit: In Bremerhaven findet ab Mittwoch, 13. August, mit der Sail eines der größten Windjammer-Festivals der Welt statt. 250 Große und kleine Segelschiffe gehen dann in der Hafenstadt vor Anker – von der „Alexander von Humboldt II“ bis hin zur „Gorch Fock“.
Bei den Windjammern handelt es sich um die großen Frachtsegelschiffe, die zwischen Ende des 19. Jahrhunderts und Mitte des 20. Jahrhunderts auf den Weltmeeren unterwegs waren. Heutzutage werden sie meist nur noch als Schulschiffe verwendet. Bilder und Zeitzeugenberichte aus dem Hafenarchiv dokumentieren jedoch, dass die letzten großen Frachtsegler noch bis in die 1950er-Jahre die Häfen der Stadt Bremen aufsuchten.
Von Bremen nach Buenos Aires
So zeigt ein Bild des Bremer Fotografen Hans Brockmöller, dass 1956 ein besonderes Segelschiff beim Kohleumschlag in den Industriehäfen vor Anker lag: die „Pamir“. Nur ein Jahr später wurde ihr auf dem Rückweg von Buenos Aires nach Deutschland im Nordatlantik ein Hurrikan zum Verhängnis. Von den 86 Seemännern an Bord starben 80, darunter die meisten Kadetten in Ausbildung. Unter ihnen befanden sich auch mehrere Bremer, darunter Kapitän Johannes Diebitsch.
Blick auf Weser und Europahafen im Jahr 1973: Auf dem ehemaligen Kellogg-Gelände befindet sich nun auch das Hafenarchiv.
Foto:
Hans Engler
Der Untergang der „Pamir“ ging als größte deutsche Schiffskatastrophe nach dem Zweiten Weltkrieg in die Geschichte ein. Zu dem Zeitpunkt gehörte die 1905 für die Hamburger Reederei F. Laeisz gebaute Viermastbark der Stiftung Pamir und Passat und war als frachtfahrendes Segelschulschiff vorwiegend zwischen Norddeutschland und Südamerika im Einsatz. Auch das Schwesterschiff der „Pamir“, die „Passat“, lag immer wieder in Bremen.
Welche Ladungen die Schiffe an Bord hatten, kann ebenfalls im Hafenarchiv nachgelesen werden. Es gehört zum Kulturhaus Walle, Brodelpott, und existiert seit 2004 in der Überseestadt. Dort sind mehr als 6000 Hafenbilder thematisch sortiert und in Bildmappen einsehbar. So auch die Abzüge und Negative von Hans Brockmöller, der als Chronist des Wiederaufbaus und der Bremer Häfen gilt. Seine Fotografien sind derzeit in einer Ausstellung der Bremischen Bürgerschaft in Zusammenarbeit mit dem Brodelpott zu sehen.
Schwesterschiff entgeht Untergang nur knapp
Doch auch alte Hafenberichte finden sich in der Bücherei des Archivs wieder. So steht in der Novemberausgabe des Weserlotsen im Hafenarchiv dazu folgender Auszug zur „Passat“: „Am Röchling-Kai wurde eine Koksladung von 2500 t für Buenos Aires aufgenommen. Unter den 96 Mann Besatzung befinden sich 40 Schiffsjungen, die sich nach ihrer theoretischen Ausbildung nun vor dem Mast in der Praxis bewähren sollen“.
Heute nur noch ein Museumsschiff: die „Passat“ in Travemünde.
Foto:
Markus Scholz
Nur wenige Wochen nach ihrem Schwesterschiff drohte auch die „Passat“ während eines Sturms zu kentern, erreichte in schwerer Schieflage jedoch noch Lissabon. Dennoch wurde sie, wieder in Hamburg angekommen, ausgemustert. 1959 kaufte die Hansestadt Lübeck das Schulschiff und überführte es in den Travemünder Hafen, wo es noch heute liegt.
Das Ende der beiden Frachtsegler war jedoch nicht das Ende des großen Trubels in den Häfen der Stadt Bremen. Noch bis in die 60er-Jahre hinein wurden laut Hafenarchiv bis zu 12.000 Schiffsmeldungen pro Jahr verzeichnet. Dank des Projekts „Schiffe gucken“, welches mit Unterstützung des Bremer Schiffsmeldedienstes und vielen Freiwilligen arbeitet, stehen Tausende Schiffs- und Frachtdaten vor Ort zur Verfügung. Wer in dem Archiv stöbern und sich beraten lassen will, kann dies mittwochs zwischen 14 und 18 Uhr, sowie donnerstags zwischen 14 und 17 Uhr tun.