Stand: 11.08.2025 06:00 Uhr

In „Die Farben der Zeit“ entdecken vier Cousins und Cousinen, dass sie eine ziemlich mysteriöse Familiengeschichte teilen. Die Tragikomödie schafft eine zauberhafte Zeitreise zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

von Walli Müller

Der Film beginnt mit einer überraschenden Erbschaft: ein Haus, in der Normandie, seit 1944 verlassen und von der Natur überwuchert. Erstaunt hört ein Saal voller Menschen, die sich nie zuvor begegnet sind, dass das Haus ihrer Vorfahrin Adèle Meunier gehörte. Nun sollen sie dem Verkauf zustimmen, damit es einem Einkaufszentrum mit großem Parkplatz weichen kann. Vier Vertreter der weitverzweigten Verwandtschaft werden also in die Normandie entsandt, um sich das Objekt anzuschauen.

Es ist, als hätte sich ein Schaufenster in die Vergangenheit geöffnet. An der Wohnzimmerwand hängt eine Galerie historischer Schwarz-Weiß-Aufnahmen – alles Verwandte von Adèle, wie die Vier annehmen müssen.

Zeitlose Verbundenheit durch gemeinsame Herkunft

Während die vier modernen Charaktere – ein genervter junger Film- und Fotokünstler, eine kühl berechnende BWLerin, ein kunstgeschichtlich interessierter Lehrer und ein idealistischer Öko-Imker – rätseln, wen sie da in Fotos und Gemälden vor sich haben, wird die Familiengeschichte auf einer zweiten, historischen Erzählebene lebendig: 1895 bricht Adèle, 21 Jahre alt, auf nach Paris, um ihre Mutter zu suchen, die sie nie kennengelernt hat. Auf dem Seine-Schiff lernt sie Anatole und Lucien kennen, der eine Maler, der andere Fotograf.

Die Moderne ist angebrochen in Paris. Der Eiffelturm steht kühn am Seine-Ufer. Vom Hügel aus bestaunen die jungen Leute bald die erste elektrisch beleuchtete Straße der Stadt, die Avenue de l’Opéra, und Adèle teilt sich unbefangen sogar ein Zimmer mit den zwei Jungs. Keiner da, der daran Anstoß nehmen könnte. Einen Liebsten hat sie schon zu Hause in der Normandie, wo die Nachfahren auf Zeitebene zwei inzwischen fasziniert auf Spurensuche gehen.

Mehr und mehr beginnen die Gegenwartsmenschen zu verstehen, wie sehr es sich lohnt, auf die gemeinsame Familiengeschichte zurückzublicken, weil es stärkt zu wissen, woher man kommt, und weil über die Beschäftigung mit Adèle, die auch schon auf der Suche nach ihren Wurzeln war, ein Gemeinschaftsgefühl entsteht. Wunderbar, wie sich ganz langsam ein Geist geschwisterlicher Verbundenheit zwischen ihren Nachfahren einstellt.

„Die Farben der Zeit“: Vielschichtiges Familienporträt

Familie und Anbruch der Moderne – das sind Regisseur Klapischs Themen in „Die Farben der Zeit“. Er bettet seine fiktive Handlung ganz zauberhaft in die reale Kunstgeschichte ein. Denn mit ihren beiden Freunden betritt die junge Adèle das Paris der hippen Fotografen und impressionistischen Maler um 1900. Auch Meister Claude Monet höchstpersönlich taucht im Film auf – und ein Gemälde, das zumindest von ihm sein könnte. Vergangenheit und Gegenwart fügen sich in diesem Film nahtlos ineinander und ergeben ein farbenprächtiges, vielschichtiges und herzerwärmendes Familienporträt.

Szene aus dem Film "Die Farben der Zeit": Eine Frau min rotem Kleid geht mit Tasche und Koffer auf der Straße im alten Paris

Die Farben der Zeit

Genre:
Drama
Komödie
Produktionsjahr:
2025
Produktionsland:
Frankreich, Belgien
Zusatzinfo:
mit Suzanne Lindon, Abraham Wapler, Vincent Macaigne und anderen
Regie:
Cédric Klapisch
Länge:
124 Minuten
Altersempfehlung:
ab 12 Jahren
Kinostart:
14. August 2025