Mein Cousin, der kürzlich aus Süddeutschland zu Besuch war, überraschte mich mit der Aussage, das Radfahren in Berlin sei dank der vielen neuen Radwege viel entspannter geworden. Er weiß eigentlich, wovon er spricht, denn er hat in den 90er-Jahren ein paar Jahre hier studiert. Na gut, dachte ich. Wahrscheinlich hat er recht, auch wenn ich immer denke, dass es Radfahrer in Berlin nicht leicht haben. Sogar auf einem Radweg.
Für keinen galt das mehr als für den entlang der Prinzenstraße Richtung Moritzplatz in Kreuzberg. Eine schlimme Buckelpiste, erzeugt durch Wurzelaufbrüche, die irgendwann einfach überteert worden sind. Alle paar Meter wurde man nach oben geschleudert – ich übertreibe nicht. Das Grünflächenamt hat hier nämlich Platanen gepflanzt, und die sind bekannt dafür, dass ihre Wurzeln nicht nur in die Tiefe wachsen, sondern auch in die Breite, um Nährstoffe an der Oberfläche zu erreichen. Die Bäume sind nicht schuld, das liegt in ihrer Natur. Das nicht zu beachten, hat das Grünflächenamt einfach versäumt.
Hat einer die Vergangenheitsform bemerkt? Als ich nämlich heute diese verhasste Piste nahm, durfte ich feststellen, dass dort Bauarbeiten im Gang sind. Erst wollte ich mich noch aufregen, denn die Strecke war teilweise abgesperrt, dann begriff ich, dass sie daran arbeiten, den Radweg wieder erträglicher zu machen.
Ein Berliner Amt behebt einen Missstand – mich durchströmte Dankbarkeit
Völlig unerwartet traf mich das Gefühl von Dankbarkeit, das mich plötzlich durchströmte. Ein Berliner Amt behebt einen Missstand. Das sollte ja eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, zumal unfassbare 13 Milliarden des 44-Milliarden-Euro-Haushalts von Berlin für Personalkosten ausgegeben werden, für die Beamten und Angestellten in der Verwaltung. Irre, wenn man bedenkt, was hier alles nicht funktioniert.
Auch hier an der Prinzenstraße hat es viel zu lange gedauert. Aber ich war plötzlich voller Wohlwollen für die Menschen in der Bezirksverwaltung von Friedrichshain-Kreuzberg. Liebe Berliner Verwaltung, es könnte so leicht sein, uns wieder für euch einzunehmen. Ihr müsst uns einfach nur öfter mal das Gefühl geben, dass wir euch nicht egal sind. Das Gefühl, von euch gesehen zu werden.