Es war ein Gesetz zur „Erleichterung der Arbeit der Landwirte“ in Frankreich, das unter anderem die Wiederzulassung von drei Insektiziden vorsah und ohne parlamentarische Debatte noch schnell vor dem Sommer beschlossen wurde. Dann aber geschah Unvorhergesehenes: Mehr als 2,1 Millionen Menschen unterschrieben eine Petition dagegen, initiiert von einer 23 Jahre alten, parteilosen Studentin. Das schreckte die Regierung auf, deren Mitglieder ohnehin unterschiedliche Positionen dazu vertraten. Der Druck auf Präsident Emmanuel Macron, das Gesetz nicht zu erlassen, stieg.

Nun entschied der Verfassungsrat, dass es zwar verfassungskonform sei, zensierte aber den Paragrafen über die Zulassung der zur Gruppe der Neonikotinoiden zählenden Pestizide. Mit Verweis auf die Umwelt-Charta von 2005, die der Umwelt- und Gesundheitsvorsorge Verfassungsrang einräumt, erklärten die Richter, dass die fraglichen Insektenbekämpfungsmittel negative Folgen für die Biodiversität sowie „für die Wasser- und Bodenqualität haben und Risiken für die menschliche Gesundheit hervorrufen“ könnten. Die Wiedereinführung des Pflanzenschutzmittels in Frankreich ist damit gescheitert. Insbesondere ging es um das Mittel Acetamiprid.

Neonikotinoide zum Schutz von Zuckerrüben und Haselnüssen

Die Neonikotinoide dienen vor allem dem Schutz von Zuckerrüben, aber auch von Haselnüssen. Die Hersteller von Zuckerrüben und Haselnüssen hatten zuvor über Wettbewerbsnachteile geklagt. Tatsächlich sind die umstrittenen Insektizide in Frankreich seit 2018 verboten, in den anderen EU-Ländern aber bis 2033 zugelassen. Umweltwissenschaftler, Mediziner und Biologen wiesen hingegen darauf hin, dass es längst weniger aggressive Alternativen gebe, auch der Nationalrat des Medizinerordens bezog Ende Juli Position gegen die Insektenbekämpfungsmittel, welche ebenfalls Bienen töten.

Macron ließ verlauten, er werde das restliche Gesetz trotzdem in Kürze in Kraft setzen. Für ihn handelt es sich um eine gesichtswahrende Lösung, um die Arbeit der Regierungsmehrheit nicht zu torpedieren, die Landwirte nicht noch mehr gegen sich aufzubringen und zugleich den Widerstand in der Bevölkerung gegen das Gesetz zu berücksichtigen. Die Entscheidung des Verfassungsrats bedeutet einen Teilsieg für die Umweltschützer sowie die Parteien der linken und grünen Opposition, die sich übergangen fühlten. Sie hatten 3500 Änderungsanträge eingebracht, die gar nicht zur Diskussion kamen, da sich ein parlamentarischer Vermittlungsausschuss über ihre Köpfe hinweg einigte. Das Gesetz ist in Frankreich auch als „Duplomb-Gesetz“ bekannt – benannt nach dem federführenden konservativen Senator Laurent Duplomb.

Marcon will Gesetz trotzdem in Kraft setzen

Um die Bauern zu besänftigen, lobte die republikanische Landwirtschaftsministerin Annie Genevard „konkrete Fortschritte“ durch das Gesetz. Es hebt unter anderem administrative Beschränkungen für die Intensivlandwirtschaft und den Bau riesiger Wasser-Auffangbecken auf.

Neonikotinoide dienen auch dem Schutz von Zuckerrübenpflanzen.

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Neonikotinoide dienen auch dem Schutz von Zuckerrübenpflanzen.
Foto: Stefan Sauer dpa

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Neonikotinoide dienen auch dem Schutz von Zuckerrübenpflanzen.
Foto: Stefan Sauer dpa

Die bürgerliche und die extreme Rechte kritisierten die Entscheidung des französischen Verfassungsgerichts. „Indem er sich wie ein Gesetzgeber benimmt, obwohl er keine demokratische Legitimität hat, sägt der Verfassungsrat an dem Ast, auf dem er sitzt“, reagierte Marine Le Pen, Fraktionschefin des rechtsextremen Rassemblement National (RN). Auch ihr republikanischer Kollege Laurent Wauquiez bezeichnete die „Einmischung“ der Verfassungsrichter als „echtes Problem für unsere Demokratie“.

Petiton wollte vollständige Zurücknahme des Gesetzes

Vertreter der Linken und der Grünen forderten eine neue Debatte im Herbst über das Gesetz, das Millionen Menschen ablehnen. Die Petition hatte eine vollständige Rücknahme verlangt.

  • Birgit Holzer

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