Die ständig zunehmenden Mengen an Baggergut aus der Elbe sind für Hamburgs Hafen ein Riesenproblem. Als Befreiungsschlag gilt die Verbringung der Sedimente in die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) in der Nordsee – rund 100 Kilometer vor der Küste.

Doch jetzt zeigt sich: Die nötige Erlaubnis lässt länger auf sich warten als gehofft. Schon im Juli 2022 hatte die Hafenverwaltung HPA den entsprechenden Antrag beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) gestellt. Eine CDU-Anfrage macht nun deutlich, dass sich das Verfahren äußerst zäh gestaltet. Aus der Senatsantwort geht hervor, dass der Antrag für die Ablagerstätte aktuell noch „ergänzt und überarbeitet“ wird.

Entsprechende Gespräche liefen auf mehreren Ebenen. Erst wenn diese abgeschlossen seien, werde der überarbeitete Antrag zur Genehmigung beim BSH eingereicht.

Wohin mit Hamburgs Schlick? Es gibt keinen Zeitplan

Vor drei Jahren hatte die Wirtschaftsbehörde noch gehofft, Baggergut ab etwa 2025 in der AWZ loszuwerden. Inzwischen machen die Verantwortlichen lieber keine Angaben mehr zum Zeitplan. Lakonisch hält der Senat fest, es liege im Ermessen des BSH, wie es nach Vorliegen des finalen Antrags weitergehe.

Das BSH wiederum gibt keine Einschätzung dazu ab, wie lange das Genehmigungsverfahren brauchen werde.

Hamburger Hafenschlick vor Scharhörn: Zwischenlösung im Dauerstreit bahnt sich an

Dabei eilt die Sache für Hamburg. Deutschlands größter Hafen muss Jahr für Jahr immer mehr Schlick aus Fahrrinne und Hafenbecken holen, um einen reibungslosen Schiffsverkehr zu gewährleisten. Teile des Baggerguts deponiert die HPA zwar bei Tonne E3 nahe Helgoland.

Weil dort die Kapazität aber begrenzt ist, kippt Hamburg zugleich große Mengen an der Stadtgrenze in die Elbe. Der Strom spült diese Sedimente binnen weniger Wochen zurück in den Hafen – Folge ist eine kostspielige Kreislaufbaggerei.

Die Elbmündung mit Lagerstätten für Hafensedimente. Bislang verklappt Hamburg einen Teil seines Schlicks bei Tonne E3 nahe Helgoland und behält sich die Option bei Scharhörn (Hamburger Außenelbe) offen. Bevorzugt wird die Ablagerung noch weiter westlich in der Ausschließlichen Wirtschaftszone.
Foto: HPA

Die Elbmündung mit Lagerstätten für Hafensedimente. Bislang verklappt Hamburg einen Teil seines Schlicks bei Tonne E3 nahe Helgoland und behält sich die Option bei Scharhörn (Hamburger Außenelbe) offen. Bevorzugt wird die Ablagerung noch weiter westlich in der Ausschließlichen Wirtschaftszone. Icon MaximizeIcon Lightbox Maximize

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Um diese zu beenden, war der Stadtstaat 2020 in einen Clinch mit seinen Nachbarn gegangen. Hamburg drohte, das Baggergut nahe der eigenen Insel Scharhörn in die Elbmündung zu kippen. Gegen die Verbringung schadstoffbelasteten Schlicks in unmittelbarer Nähe zum Weltnaturerbe Wattenmeer gingen nicht nur Umweltschützer auf die Barrikaden, sondern auch die Landesregierungen in Kiel und Hannover.

In einem waren und sind sich die Streithähne einig: Die beste Möglichkeit, um die ungeliebte Scharhörn-Variante zu verhindern, ist eine Ablagerstätte in der AWZ.

Die Inseln Scharhörn (links) und Nigehörn in der Elbmündung gehören zu Hamburg.
Foto: Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer

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Das freilich ist komplizierter als gedacht. Der Senat weist nun darauf hin, dass die Verbringung von Baggergut in die Ausschließliche Wirtschaftszone „fachlich und genehmigungsrechtlich Neuland“ darstelle. Der Abstimmungsbedarf zwischen Verfahrensbeteiligten sei groß.

Dabei gehe es unter anderem um Wirkungen der Schlickverklappung, Minimierungsmöglichkeiten bei der Menge, landseitige Alternativen und die Freigabe des Baggerguts. Im Zentrum stehen die Auswirkungen auf die Meeresumwelt. Außer BSH und HPA sind daher auch das Umweltbundesamt sowie das Bundesamt für Naturschutz beteiligt.

Hamburg hält an der Option Scharhörn fest

CDU-Hafenexperte Götz Wiese, der den Stand der Planungen abgefragt hatte, wirft dem Senat nach Lektüre der Antworten ein „erschreckendes Maß an Ahnungslosigkeit und Untätigkeit mit Blick auf die Funktionstüchtigkeit des Hafens“ vor. Für die Ungewissheit zum weiteren Ablauf hat der Oppositionspolitiker kein Verständnis und schlussfolgert: „Mit der Genehmigungslage beim Thema Schlickverbringung hat sich das Senatskollegium offensichtlich nicht befasst.“

Wie lange Hamburg auf die Verklappung fernab der Küste noch warten kann und will, ist offen. Die Möglichkeit Scharhörn hält sich die Hansestadt jedenfalls warm. Im rot-grünen Koalitionsvertrag aus dem April heißt es: „Für unbelastete Sedimente, die aus der Elbe ausgetragen werden müssen, bleibt die Hamburger Außenelbe eine Option, sofern andere Verbringstätten nicht zur Verfügung stehen.“