Weniger Einfluss, weniger Macht, weniger Geld – die kleineren Fraktionen im Duisburger Rat sind empört. Denn ihnen droht nach der Kommunalwahl am 14. September der Verlust ihres Fraktionsstatus.
Hintergrund ist eine im Juli vom Land beschlossene Änderung der Gemeindeordnung NRW. Danach ist die Mindestgröße einer Fraktion künftig gestaffelt nach der Mitgliederzahl des Rates. Wörtlich heißt es in der Neufassung der Gemeindeordnung: „Eine Fraktion muss (…) in Räten mit mehr als 90 Ratsmitgliedern aus mindestens fünf Mitgliedern bestehen.“
Das trifft in Duisburg auf folgende vier Fraktionen zu: SPD (32 Sitze), CDU (22), Grüne (19) und AfD (10). Die übrigen fünf Fraktionen haben die Mindestzahl an Mitgliedern dagegen nicht erreicht: BSW (4), Junges Duisburg, FDP, Linke/Die Partei, DAL/Tierschutz (jeweils 3). Momentan liegt die Mindestgröße einer Fraktion noch bei drei Mitgliedern. Die fünf kleineren Fraktionen im Duisburger Rat würden bei einem ähnlichen Wahlergebnis wie 2020 nach der Wahl nur noch den Status einer Gruppe erhalten.
Im Gegensatz zur Fraktion dürfen Gruppen keine Anträge, sondern lediglich Anfragen stellen. Zudem ist es für sie schwieriger, Ausschussvorsitze zu erhalten, außerdem erhalten sie weniger Gelder (siehe Box). Grundsätzlich ist Ratsarbeit ein Ehrenamt – es gibt lediglich Aufwandsentschädigungen, aber kein Gehalt.
Rein rechnerisch würde durch die Änderung der Gemeindeordnung die Zahl der Fraktionen im Duisburger Rat also von neun auf vier reduziert. Nach dem Willen des Landes soll die Ratsarbeit dadurch effizienter werden, Meinungen würden gebündelt und Sitzungen nicht unnötig in die Länge gezogen.
Bei den betroffenen Parteien sorgt dies für großen Unmut. Frederik Engeln von Junges Duisburg sieht in der Neuregelung gar „einen eklatanten Angriff auf die kommunale Demokratie“. Kleinere Parteien würden massiv geschwächt. Wenn man ihnen die Möglichkeit nehme, Anträge zu stellen, könne man politisch kaum noch richtig mitwirken.
Kleinere Parteien könnten sich zusammenschließen
Die einzige Lösung: Kleinere Parteien schließen sich zusammen. Ab fünf Mitgliedern kann dieser Zusammenschluss dann wieder als Fraktion agieren. Davon wurde auch in dieser Wahlperiode Gebrauch gemacht. Nachdem ein Teil der Fraktion der Linken zum Bündnis Sahra Wagenknecht wechselte, waren nur noch zwei Vertreter der Linken übrig. Sie nahmen Matthias-Maria Eidens (Die Partei) auf – und waren damit wieder zu dritt und so in Fraktionsstärke. Zuvor hatten schon die Vertreter der Tierschutzpartei und der Duisburger Alternativen Liste (DAL) diesen Weg gewählt.
Der Nachteil: In einem solchen Fall muss man natürlich Kompromisse mit den Vertretern der anderen Partei eingehen. „Wir können dann nicht mehr uneingeschränkt unsere Positionen vertreten“, sagt Frederik Engeln. Ganz ähnlich sieht es Oliver Alefs, FDP-Kreisvorsitzender und OB-Kandidat der Liberalen. Seine Partei leide unter der schlechten Performance der FDP während der Ampel-Regierung: „Das wirft man uns hier in Duisburg vor – obwohl wir Ehrenamtlichen nun gar nichts dafür können“, sagt er. Dass es unter den neuen Regelungen für eine liberale Fraktion reichen könnte, ist eher unwahrscheinlich.
Warum aber hat Duisburg überhaupt so viele Ratsmitglieder? Eigentlich sollte er aus 74 Ratsfrauen und Ratsherren bestehen. Bei der Kommunalwahl 2020 holte die SPD in 32 von 36 Wahlbezirken ein Direktmandat. 32 von 74 Ratssitzen bedeuten aber einen Anteil von 43,2 Prozent. Im Gesamtergebnis kamen die Sozialdemokraten aber nur auf 30,8 Prozent. Die Konsequenz: Die übrigen Parteien bekommen so viele zusätzliche Mandate, bis die Anzahl der Sitze auch dem prozentualen Anteil am Gesamtergebnis entspricht. Letztlich waren dafür 102 Ratssitze notwendig.
Seitdem finden Ratssitzungen nicht mehr im Saal 100 des Rathauses am Burgplatz statt. Denn neben den Ratsmitgliedern sind bei den Sitzungen immer auch Vertreter der Verwaltung, der Parteigeschäftsführungen und der Presse dabei. Und dafür ist der Ratssaal einfach zu klein, so dass man auf die Mercatorhalle auswich.
Auch der neue Rat könnte – abhängig vom Wahlergebnis – ähnlich groß werden. Eine Fünf-Prozent-Klausel gibt es nämlich nicht, und für einen Sitz im Rat reichten 2020 schon etwas weniger als 1000 Stimmen.