Cover: Daniela Dröscher, "Junge Frau mit Katze"

Stand: 12.08.2025 13:51 Uhr

In Daniela Dröschers Erfolgsroman „Lügen über meine Mutter“ erinnert sich die junge Erzählerin an ihre Kindheit. In „Junge Frau mit Katze“ begegnen wir diesem Kind und ihrer Mutter viele Jahre später wieder.

von Sally-Charell Delin, SR

Der Körper ist ein zentrales Motiv im Schreiben der Autorin Daniela Dröscher. Doch stand im Roman „Lügen über meine Mutter“ noch der Körper von Elas Mutter im Mittelpunkt der Erzählung, so rückt in ihrem neuem Buch „Junge Frau mit Katze“ nun Elas eigener Körper in den Fokus.

Symptome ohne klare Diagnose: Der Körper rebelliert lautlos

Inzwischen ist Ela nicht mehr Kind, sondern eine erwachsene Frau Anfang 30. Gerade hat sie ihre Doktorarbeit eingereicht, eine anstrengende Zeit, gefolgt von durchfeierten Nächten, liegt hinter ihr. Da beginnt ihr Körper leise, aber immer deutlicher zu rebellieren. Es sind solche psychosomatischen Prozesse, die Daniela Dröscher in ihrem Schreiben interessieren: „Der Körper scheint mich nicht loszulassen, der fasziniert mich, weil er ein Eigenleben hat, weil er eine eigene Sprache hat, die wir zumeist schlecht verstehen. Es gibt so eine Trennung zwischen Körper und Geist oder Körper und Seele, und die kann einem ganz schön Probleme machen, gerade wenn man wie Ela krank ist und nicht weiß, was dahintersteckt.“

Was für Ela mit Halsschmerzen beginnt, entwickelt sich bald zu einem Herzpoltern. Es folgen ein Ausschlag am Körper, Allergien und ein scheinbar benebelter Geist. Doch was genau versetzt Elas Körper so in Aufruhr? Das versucht sie unablässig herauszufinden: Sie besucht einen Arzt nach dem anderen, hört Vermutungen und Unterstellungen, aber: lange keine klare Diagnose.

Der Weg zurück zu sich selbst

Während die Verzweiflung ob der unerklärlichen Symptome immer größer wird und auch Leserinnen und Leser in dieses Gefühl hineingesogen werden, arbeitet Ela weiter an der Universität und versucht sich parallel auf die Verteidigung ihrer Doktorarbeit vorzubereiten. Ein Spagat, der ihr nur schwer gelingt.

„Es gibt im Buch dieses schöne japanische Wort, Karoshi – Tod durch Überarbeitung. Dem begegnet Ela und denkt: Ja, aber das betrifft doch Menschen, die ganz krass ausgebeutet werden oder Manager oder so. Das bin doch nicht ich. Sie merkt es gar nicht, wie stark sie das in sich trägt, dieses Leistungsmärchen.“

Denn neben all der Arbeit und dem Erfüllen von Aufgaben und Erwartungen weiß Ela gar nicht mehr, wer sie wirklich ist und was sie will. Neben einer spät im Buch folgenden Diagnose ist es schließlich auch diese Erkenntnis, die ihr hilft:

Mit einem Mal lichtete sich der Nebel in meinem Kopf und hervor trat ein Gedanke, ein klarer, einfacher Gedanke. Ich kannte die Antwort auf die Frage. Mich selbst. Ich hatte mich selbst verloren.

Elas Mutter taucht in diesem neuen Roman nur noch als Nebenfigur auf: Auch sie ist erkrankt und sucht nach Heilung – ihrer Tochter steht sie telefonisch zur Seite.

Ein befreiender Schreibprozess

Die einzelnen Kapitel im Roman werden durch Zitate der japanischen und schon lange in Deutschland lebenden Schriftstellerin und Dichterin Yoko Tawada voneinander getrennt. Damit streut Daniela Dröscher auch in diesen Roman wieder Spuren ihrer eigenen Biografie ein. Denn so wie Ela im Buch hat auch sie selbst über Yoko Tawada promoviert:

„Ich finde, es ist größtenteils ein sehr ermächtigender Vorgang, weil ich sozusagen meine Geschichte mir selbst zusammenbaue. Neu, anders, im Kleid der Fiktion, mit sehr vielen Elementen, die tatsächlich so nie stattgefunden haben. Auch dieses Überhöhte oder leicht Märchenhafte, das der Text hat – das mag ich irgendwie auch. Also spielerisch, aber trotzdem wahrhaftig mit der eigenen Geschichte oder Vergangenheit umzugehen. Darin liegt etwas sehr Befreiendes für mich und vielleicht auch für die, die es lesen.“

„Junge Frau mit Katze“: Eine ermutigende Lektüre

„Junge Frau mit Katze“ ist keine Lektüre zum Wohlfühlen. Aber es ist ein Text, der davon erzählt, sich selbst zu verlieren und wiederzufinden. Ein Text, der dazu ermutigt, auf die Signale des eigenen Körpers zu hören.

Daniela Dröscher ist sich jedenfalls sicher: „Der Körper wird mich weiter begleiten, und es gibt viele Möglichkeiten, diese Geschichte weiterzuerzählen. Weitererzählen werde ich sie, so viel kann ich wahrscheinlich sagen.“

Cover: Daniela Dröscher, "Junge Frau mit Katze"

Junge Frau mit Katze

von Daniela  Dröscher

Seitenzahl:
320 Seiten
Genre:
Roman
Verlag:
Kiepenheuer & Witsch
ISBN:
978-3-462-00761-9
Preis:
24 €

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Romane