Frankfurt/Main – Der Tag, der ihr Leben zerstörte, begann eigentlich voller Hoffnung. Ihre Herzoperation war gut verlaufen. Doch dann trat ein Pfleger an ihr Bett, spritzte eine Flüssigkeit in die Infusionskanüle, es verschwamm alles und sie bemerkte, wie sie plötzlich am ganzen Körper berührt wurde …
Am Dienstag saß Elif A. (21, Name geändert) beim Prozessauftakt vor dem Landgericht Frankfurt nur wenige Meter vom Angeklagten Gean G. (37) entfernt. Sie berichtete weinend: „Er sagte, er müsse die Kanüle spülen. Er hat eine unverpackte Spritze aus der Tasche geholt. Das Medikament brannte wie Feuer. Ein paar Sekunden später war ich weg und habe noch bemerkt, wie das Oberteil hochgezogen wurde.“
Am 11. August 2023 wurde die Ablation (Veröden von Herzgewebe) im Uniklinikum Frankfurt durchgeführt. Bereits einen Tag nach der Operation soll es zum ersten Übergriff gekommen sein. Am 13. August wollte der Pfleger wieder die Kanüle spülen. „Ich sagte, ich will das nicht, ich will das nicht“, weint Elif vor Gericht. „Im Dämmerschlaf habe ich gespürt, wie er mich an Oberschenkel, Brust und tiefer berührt habe. An den Rest kann ich mich nicht erinnern.“
Pfleger Gean G. soll im Frankfurter Uni-Klinikum zwei weitere Patientinnen betäubt haben
Foto: Fredrik von Erichsen
Zwei weitere Patientinnen bewusstlos
„Die Tatvorwürfe sind gefährliche Körperverletzung, sexueller Übergriff und das Ausnutzen einer hilflosen Lage“, erklärt die Staatsanwältin. Der Angeklagte soll zwei weitere Patientinnen bis zur Bewusstlosigkeit betäubt haben. Ermittler entdeckten im Spind des Pflegers eine aufgezogene Spritze mit dem Beruhigungsmittel Midazolam.
Am 15. August 2023 fand man in Elifs Urin einen deutlich erhöhten Benzodiazepine-Wert von 2610. Der Normbereich liegt bei 200
Foto: Privat
Unabhängig von den Ermittlungen der Polizei ließ Elifs Familie ihren Urin untersuchen. Das Ergebnis: „Man fand Benzodiazepine (Beruhigungsmittel, d. Red.). 60 Stunden nach der ersten Tat war der Wert noch immer um das 13-fache erhöht“, so die Angehörigen.
Pfleger bestreitet die Taten
Der Angeklagte kam als freier Mann zum Prozess. Verteidigerin Sabine Prinzessin zu Hohenlohe-Jagstberg: „Mein Mandant bestreitet die Handlungen.“ Er habe auch Elif „nicht sexuell berührt“.
Mehr zum ThemaOpfer brach im Gericht zusammen
Gean G. kam 2019 aus Indien nach Deutschland und bekam aufgrund seiner Ausbildung schnell einen Job im Krankenhaus. Wegen der Vorwürfe wurde ihm fristlos gekündigt. Laut Staatsanwaltschaft droht bei einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren.
Elif mit zitternder Stimme: „Während er sein Leben weitergelebt hat, ist meines zerstört. Ich wünsche mir, dass ich an diesem Tag gestorben wäre.“ Dann bricht sie weinend im Gericht zusammen und wird mit dem Krankenwagen in eine Klinik gebracht.