Solingen (NRW) – Für Michael W. (58) war es einer der schwersten Gänge: Im sogenannten Terror-Bunker des Oberlandesgerichts Düsseldorf trat er dem Mann gegenüber, der ihm das Liebste nahm. IS-Terrorist Issa Al Hasan (27) erstach auf dem Solinger Stadtfest drei Menschen – eines seiner Opfer ist Ines W. (56).
Am Dienstag schilderte der Witwer vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf in bewegenden Worten, wie er die letzten glücklichen Minuten mit seiner Frau erlebte, bevor der Angeklagte heimtückisch Ines W. von hinten in den Hals stach.
IS-Terrorist Issa Al Hasan (27) auf der Anklagebank des Oberlandesgerichts Düsseldorf
Foto: IMAGO/epd
Opfer dachte anfangs, ein Betrunkener sucht Ärger
„Wir waren mit Freunden auf dem Stadtfest in Solingen, es war eine super schöne Stimmung. Wir sind mit der Band befreundet. Meine Frau tanzte vor der Bühne. Ich bin nicht so der Tänzer und stand ein Stück dahinter“, erinnert sich der IT-Berater.
Plötzlich spürte er einen harten Schlag auf seiner Schulter. „Damals dachte ich noch, es wäre ein besoffener Idiot, der da herumtaumelt und Ärger sucht. Der Mann stolperte dann in Richtung meiner Frau“, berichtet Michael W. und fügt hinzu: „Heute weiß ich, der Schlag war ein Messerstich.“
Nach dem Anschlag standen die Menschen in Solingen zusammen und unterstützten die Opfer
Foto: Thomas Banneyer/dpa
Aus dem Hals meiner Frau spritzte Blut
Es entstand kurz eine unübersichtliche Situation, dann bemerkte Michael W.: „Plötzlich sah ich meine Frau nicht mehr tanzen. Sie saß auf dem Boden, konnte nicht reden und zeigte auf ihren Hals. Dann zog sie den Kragen weg und aus einer Wunde spritzte Blut, pochend, die Halsschlagader war aufgerissen.”
Michael W. zog seine Frau neben die Bühne, wo normalerweise Sanitäter und Polizisten stehen. Er hoffte auf Hilfe, doch da war niemand.
Vor dem Anschlag nahm der syrische Attentäter Issa Al Hasan (27) ein Bekennervideo auf, bekannte sich zur Terrororganisation „Islamischer Staat“
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„Meine Frau war schon sehr schwach, ich habe ihren Kopf zwischen meine Beine gelegt und verzweifelt versucht, die Blutung zu stoppen. Ich wusste zu dem Zeitpunkt gar nicht, dass ich selbst verletzt war. Meine Frau wurde immer schwächer, der Griff um meinen Arm löste sich, ihre Augen gingen zu und dann war sie tot. Blut kam aus Nase und Mund, es war schrecklich.”
Als die Notärztin eintraf, konnte sie nur noch den Tod von Ines W. feststellen. Ihr Ehemann kam ins Krankenhaus, wurde operiert und ins künstliche Koma gelegt. Gemeinsam mit seinem Sohn versucht er jetzt, die traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten. „Unser Junge bekam die Nachricht: Mama ist tot. Und er wusste nicht, ob ich auch überlebe.“
Kurz nach dem Anschlag flüchtete der IS-Terrorist mit einem Linienbus, trug dabei einen gelben Regenmantel
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Im Zeugenstand demonstrierte Michael W. Stärke, sagte: „Wir sollten uns von solchen Leuten nicht erpressen lassen, wir müssen weiterleben. Ich muss das jetzt alleine, aber immer in Gedanken an meine Frau.“
Nach dem Anschlag stürmten Spezialeinheiten der Polizei ein Asylheim in der Nähe des Tatortes, dort lebte der syrische Terrorist
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Issa Al Hasa zeigte während der Aussage seines Opfers keine Reaktion, blickte teilnahmslos in den Gerichtssaal. Dabei hatte der Syrer zum Prozessauftakt noch behauptet, er bereue die Tat und habe Mitleid mit den Opfern.
Bei dem Messer-Attentat auf dem Stadtfest in Solingen (NRW) am 23. August 2024 tötete der angeklagte Syrer drei Menschen (56, 56, 67), acht Personen wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt.