Washington/Berlin – Es war der Paukenschlag auf der Sicherheitskonferenz im Februar in München. In einer denkwürdigen Ansage nahm sich US-Vizepräsident JD Vance (41) vor allem Deutschland vor – wegen der aus seiner Sicht bedrohten Redefreiheit. Jetzt legt die US-amerikanische Regierung nach.
Im am Dienstag vorgestellten Menschenrechtsbericht des State Departments wirft die Trump-Regierung Deutschland hier „gravierende Mängel bei der Meinungsfreiheit“ vor – und warnt vor wachsendem Antisemitismus, den sie vor allem in der Zuwanderung begründet sieht.
So heißt es in dem Bericht, dass die Verfassung die Meinungsfreiheit, auch für Mitglieder der Presse und anderer Medien, respektiert. „Gleichwohl schränkte die Regierung im Einklang mit nationalem Recht die Redefreiheit von Gruppen ein, die sie als extremistisch einstuft.“
Mehrere Personen seien „festgenommen, vor Gericht gestellt, verurteilt und inhaftiert“ worden, weil ihre Äußerungen nach Auffassung der Behörden rassistischen Hass schürten, den Nationalsozialismus befürworteten oder den Holocaust leugneten.
Amis sprechen von „Zensur“
In dem Bericht ist wörtlich von „Censorship by Governments, Military, Intelligence, or Police Forces“ die Rede. Wörtlich übersetzt heißt das: „Zensur durch Regierungen, Militär, Geheimdienste oder Polizeikräfte.“
► Besonders kritisch bewerten die Amis dabei die Kontrolle der Sozialen Medien in Deutschland (und Europa) auf Grundlage des sogenannten Digital Services Act der EU. „Das Gesetz verpflichtet soziale Netzwerke nicht nur, potenziell illegale Inhalte zu prüfen und gegebenenfalls zu entfernen, sondern auch, Online-Hasskriminalität an das Bundeskriminalamt zu melden.“ Andernfalls drohten erhebliche Geldstrafen, stellt der Bericht fest.
Und: „Die Behörden verfolgen sowohl Äußerungen im Internet als auch das Wiederholen oder Weiterverbreiten solcher Inhalte strafrechtlich.“
Vance bei Sicherheitskonferenz: Die umstrittensten Sätze des Trump-Vize
Quelle: BR15.02.2025
Muslimischer Antisemitismus wird vernachlässigt
Nach Einschätzung des State Departments versuchten auch „nichtstaatliche Gruppen und Privatpersonen, die Meinungsfreiheit einzuschränken – einschließlich der Pressefreiheit“.
Laut Daten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) seien in Deutschland 2023 insgesamt 17.007 Hassdelikte erfasst worden, heißt es in dem Bericht. Ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 8585 Fällen im Jahr 2019.
Beim Kampf gegen Antisemitismus sehen die Autoren des Berichts ein Ungleichgewicht: Die Bundesbehörden konzentrierten sich zu stark auf Rechtsextreme und vernachlässigten die Rolle eingewanderter Muslime, so die Einschätzung der US-Regierung.
► Ähnliche Kritik richtet Washington auch an andere europäische Länder – darunter Frankreich und Großbritannien.