Noch bis Mittwoch, 13. August, findet die Tagung „Ökologie, Evolution & Wirtschaft“ am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) in Leipzig statt. Das gemeinsam vom Graduiertenkolleg (GRK) Translationale Evolutionsforschung (TransEvo) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und dem GRK Economics of Connected Natural Commons (ECO-N) an der Universität Leipzig organisierte Treffen beleuchtet die enge Verzahnung von Strategien zur Bewahrung natürlicher Ressourcen aus der Evolutionsforschung wie auch aus den Wirtschaftswissenschaften. Rund 60 Teilnehmende, darunter vor allem Promovierende des Kieler GRK TransEvo, stellen ihre Forschungsprojekte aus einem weiten Spektrum der Evolutionsbiologie, Ökologie wie auch der Wirtschaftswissenschaften vor. Mehrere Workshops und Vorträge richten dabei den Blick auf umweltökonomische Aspekte, etwa das optimale Management natürlicher Ressourcen wie zum Beispiel Fischbestände und die wirtschaftlichen Hintergründe bei der Bekämpfung der Antibiotika-Krise.
Translationale Evolutionsforschung und Ökonomie
Im GRK TransEvo im Rahmen des CAU-Forschungsschwerpunkts Kiel Life Science (KLS) werden seit 2020 Promovierende in der angewandten Evolutionsforschung ausgebildet und entwickeln in ihren Dissertationen neuartige Ansätze, die zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen in den Bereichen Umwelt, Medizin und Landwirtschaft beitragen sollen. Dabei geht es zum Beispiel um Artensterben durch Überfischung, antibiotikaresistente Krankheitserreger oder die Resistenzevolution im Pflanzenbau. Ein zentraler Aspekt dieser Problemstellungen ist häufig das wirtschaftliche Nutzungsinteresse an natürlichen Ressourcen, das nach einem nachhaltigen Management verlangt.
„An dieser Schnittstelle suchen wir gezielt nach einem intensiven Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, die diese wirtschaftliche Perspektive vertreten. Mit dem Leipziger Graduiertenkolleg haben wir eine ideale Partnerinstitution gefunden, um die evolutionsbiologische mit der ökonomischen Sichtweise zu verknüpfen und so effektiver die Herausforderungen bei der Nutzung natürlicher Gemeingüter angehen zu können“, betont die Evolutionsbiologin Professorin Olivia Roth, Vize-Sprecherin des GRK-TransEvo an der CAU und Organisatorin der Tagung in Leipzig.
Enge Zusammenarbeit der Graduiertenkollegs in Kiel und Leipzig
Die Tagung am Leipziger iDiv bildet einen wichtigen Baustein dieser Zusammenarbeit: Seit dem vergangenen Jahr arbeitet das GRK ECO-N an der Entwicklung nachhaltiger Nutzungskonzepte natürlicher Gemeingüter. Dabei konzentrieren sich die Promovierenden an der Uni Leipzig auf die wirtschaftliche Komponente der zentralen Problemstellungen, die ihre Kolleginnen und Kollegen an der CAU aus der evolutionsbiologischen Perspektive bearbeiten.
„Die komplexen Wechselwirkungen aus wirtschaftlichen Ansprüchen, dem Verhalten des Menschen und natürlichen Ressourcen erforschen wir in Leipzig und wollen unseren Promovierenden eine grundlegende Nachhaltigkeitsperspektive in ihren individuellen Arbeitsfeldern vermitteln“, sagt der Umweltökonom Professor Martin Quaas von der Uni Leipzig und dem iDiv, der das GRK ECO-N leitet. „Die Kooperation mit unseren Partnerinnen und Partnern in Kiel ist dabei für uns besonders wertvoll, weil sie unsere interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Naturwissenschaften stärkt und mittelfristig zur Entwicklung darauf basierender, integrierter Modelle für die Nutzung natürlicher Ressourcen führen kann“, so Quaas weiter.
Evolutionäre und wirtschaftliche Perspektiven verbinden
Die insgesamt rund 20 Vorträge und verschiedenen Workshops und Diskussionsforen an drei Konferenztagen sollen neben dem Austausch über die verschiedenen Forschungsansätze insbesondere die Verbindung der wirtschaftlichen und biologischen Herangehensweisen fördern. Einerseits erlangen die Teilnehmenden dabei ein besseres Verständnis der vom Menschen beeinflussten Selektionsprozesse in natürlichen Systemen und lernen darüber verschiedene evolutionäre Problemlösungsstrategien kennen – etwa zur Vermeidung von Resistenzen bei der Antibiotikagabe oder in der Tumortherapie, der Einfluss der Fischerei auf Fischbestände oder nachhaltige Schutzmaßnahmen gegenüber landwirtschaftlich relevanten Pflanzenschädlingen.
Andererseits vermittelt das Meeting Einblicke in die im GRK ECO-N bearbeiteten Konzepte zur nachhaltigen Nutzung natürlicher Gemeingüter, die über privatwirtschaftliche Interessen oder staatliche Regulierung hinausgehen. Dabei geht es zum Beispiel um Ansätzen, die Nutzungsgruppen die Freiheit lassen, ihre eigenen Governance-Systeme zu entwickeln. Dies kann sowohl wirtschaftlichen Wohlstand als auch Nachhaltigkeit verbessern und unter den Gesichtspunkten der wirtschaftlichen Effizienz und der Verteilungsgerechtigkeit viele Verbesserungspotenzial bieten – insbesondere auch auf den Anwendungsfeldern, die im Mittelpunkt der Kieler Evolutionsforschung stehen.
„Unsere Tagung markiert den erfolgreichen Auftakt zu einer zukunftsweisenden Zusammenarbeit mit unseren Leipziger Partnerinnen und Partnern, die für weitere Fortschritte in der evolutionsbiologisch und ökonomisch optimierten nachhaltigen Ressourcennutzung sorgen wird“, fasst Professor Hinrich Schulenburg, Sprecher des GRK-TransEvo, zusammen. Insbesondere die in Kiel angestrebten Lösungsstrategien auf den Gebieten der Evolutionsmedizin, im Umweltschutz oder in der Landwirtschaft, würden von dieser interdisziplinären Kooperation stark profitieren.