Dresden. DNN, Wirtschaftsministerium, Ostsächsische Sparkasse Dresden, Industrie- und Handelskammer und Handwerkskammer Dresden haben zehn Unternehmen aus der Region für den DNN-Wirtschaftspreis „So geht’s aufwärts“ nominiert. Im Herbst gibt die Jury die drei Gewinner bekannt. Bis dahin stellten wir die Nominierten vor. Heute: „Additive Drives“ aus Dresden
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Dass 3D-Drucker mehr können, als nur Action-Figuren aus Plaste zu formen, war den drei jungen Ingenieuren Alex Helm, Jakob Jung und Philip Arnold schon länger bewusst: Absolventen sächsischer Hochschulen wissen natürlich, dass additive Fertigungsanlagen – wie industrielle 3D-Drucker vornehm genannt werden – allerlei ungewöhnlich geformte Bauteile auch aus Kupfer, Stahl, Titan und andere Metallen erzeugen können. Nach ein paar Jahren Arbeit im Automobilsektor zählten sie 1 und 1 zusammen: Solche Technologien und Werkstoffe lassen sich kombinieren und für den Bau innovativer Elektromotoren im Eiltempo einsetzen. Im Juli 2020 entstand „Additive Drives“ als Ausgründung der Bergakademie Freiberg. Heute sitzt der E-Motorenentwickler in Dresden – und kann sich vor Aufträgen aus der Autoindustrie, Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt kaum noch retten.
Schon nach zehn Monaten Gewinne gemacht
„Mit unserem Versprechen, die Fertigungszeit für Prototypen zu halbieren, sind wir am Tag 1 zu Schaeffler hingegangen“, erzählt Vertriebs-Geschäftsführer Philip Arnold. Der renommierte Automobilbau-Zulieferer aus Herzogenaurach gab den Sachsen dann auch den ersten Auftrag. Als sich der Erfolg herumsprach, häuften sich rasch die Anfragen weiterer Kunden. „Nach zehn Monaten waren wir bereits in der Gewinnzone“, berichtet Arnold sichtlich stolz – immerhin ist das keine Selbstverständlichkeit für ein „Startup“, schon gar nicht, wenn es vom ersten Tag an teure Produktionsanlagen braucht.
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Inzwischen sind die Jahresumsätze auf zehn Millionen Euro gestiegen. Die Belegschaft ist von anfänglich drei Gründern und einem Entwickler auf nun 70 Elektrotechniker, Materialwissenschaftler, Datenanalysten und andere Spezialisten sowie Werkstudenten gewachsen. Bereits im Mai 2022 war dem Start-up der ursprüngliche Firmensitz in Freiberg zu klein geworden. Seither residiert das Unternehmen im Xenon-Innovationszentrum im Dresdner Gewerbegebiet Coschütz-Gittersee.
Vertriebs-Geschäftsführer von Additive Drives Philip Arnold zeigt einen Elektromotor, dessen Komponenten teilweise von 3D-Druckern (links im Bild) erzeugt worden sind
Quelle: Lukas Günther für Additive Drives
Das „hochinnovative und interdisziplinäre Team“ sei ein ganz wichtiges Faktor für die technologische Spitzenposition, die „Additive Drives“ im Prototypen- und Kleinserienbau von Hochleistungs- und Hocheffizienz-Elektromotoren deutschlandweit und international errungen habe, meint Arnold. Dazu kommt ein Dreiklang aus modernsten Fertigungstechnologien wie eben 3D-Druck, fortgeschrittenem Motor-Design und besonderen Materialien.
In der Kleinserie spielt der 3D-Druck seine Stärken aus
Hintergrund: Anders als Fräsen, Bohrer, Stanzer und andere klassische Maschinen formen 3D-Drucker die Bauteile anhand von Computermodellen direkt aus dem Rohmaterial: Sie spulen beispielsweise lange Kupferdrähte im Endlosbetrieb von einer Rolle ab, schmelzen sie per Laser auf und erzeugen dann mit ihrem Druckkopf Schicht für Schicht die gewünschte Komponente. Für Großserien ist diese Technologie zwar zu teuer.
Bei Unikaten, Prototypen oder Kleinserien aber spielt sie ihre Stärken aus: Additive Produktion ist schnell, weil vorab keine neuen Werkzeuge gebaut werden müssen, sie ist flexibel und spart Material, weil keine Späne als Abfälle entstehen. Zudem können 3D-Drucker auch komplexe Geometrien erzeugen, für die CNC-Fräsen eine halbe Ewigkeit brauchen oder ganz daran scheitern würden.
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Wir sind der italienische Maßanzug unter den Elektromotor-Herstellern.
Philipp Arnold, Mitgründer von Additive Drives
Für ihre ersten Muster setzte „Additive Drives“ diese Technologie massiv ein, um nachzuweisen, wie stark man in 3D-Druckern verschiedene Metalle kombinieren, daraus ganze Elektromotoren bauen und diese durch besondere Spulen-Formen zu Hochleistungen treiben kann. Inzwischen haben die Dresdner diesen „additiven“ Anteil aus Kostengründen zwar etwas reduziert – er garantiert aber weiter an ausgewählten Stellen im Motor einzigartige Designs.
An diese Kerntechnologie hat das Team inzwischen weitere Alleinstellungsmerkmale angedockt: Sie entwerfen neue Motoren mit besonders modernen Simulationsprogrammen, setzen auf komplett digitalisierte Prozessketten vom Computermodell bis zum fertigen Bauteil. Damit die Motoren später unter höherer Vollast rotieren können, verwenden besonders hitzefeste Sondermaterialien, kühlen zudem den gesamten Motor-Innenraum mit speziellen Ölen. Hinzu kommen weitere, besonders moderne Fertigungstechnologien für jene Teile, die nicht aus dem 3D-Drucker kommen.
45 Prozent mehr Leistung pro Kilo
Mit diesem technologischen Zusammenspiel brauen die Dresdner mittlerweile Elektromotoren, die auf Leistungsdichten von 100 Kilowatt pro Liter beziehungsweise 20 bis 35 Kilowatt pro Kilogramm kommen. Anders ausgedrückt: Wer seine elektrischen Antriebe bei „Additive Drives“ bestellt, bekommt – je nach Modell – für jedes Kilo etwa zehn bis 45 mehr Leistung heraus
Das ist vor allem im Flugzeug- und Autobau ein ganz wesentliches Kriterium, dort dort jedes Gramm Gewicht und jeder Fingerhut Platz zählt. Zudem bedeutet mehr Leistungsdichte auch mehr Reichweite für den automobilen Stromer oder das E-Bike. Im Vergleich zu handelsüblichen Motoren „von der Stange“ kommen die Dresdner Modelle sogar auf die zehnfache Leistungsdichte, schätzt Arnold.
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Derartige Hochleistungs-Motoren entwickelt und fertigt Addive Drives mittlerweile in fast allen Leistungsklassen zwischen dem kleinen 250-Watt-Antrieb fürs E-Fahrrad bis hin zu den megawatt-starken E-Abtrieben, die in der Luftfahrt oder vom Militär gebraucht werden. „Unsere Motoren stecken aber auch in den humanoiden Robotern eines sehr bekannten Herstellers“, sagt der Vertriebs-Chef.
Konzentration auf anspruchsvolle Projekte
Für manche Kunden übernimmt das Tech-Unternehmen dabei „nur“ die Prototypen oder stellt seine Expertise für die Antriebs-Entwicklung neuer Elektroautos zur Verfügung, für andere Partner fertigt Additive Drives auch überschaubare Serien bis etwa 20.000 Stück. Die Betonung liegt dabei „Kleinserie“: Einerseits wollen die Dresdner nicht in ein Konkurrenzverhältnis mit ihren Kunden geraten, von denen ein Teil selbst massenhaft Motoren für die großen Autohersteller fertigt.
„Wir wollen deshalb gar nicht in die Großserie gehen und konzentrieren uns lieber auf die ingenieurtechnisch besonders anspruchsvollen Projekte“, erklärt Arnold. Andererseits ist das auch eine Kostenfrage: Besonderes Spulendesign aus dem 3D-Drucker zum Beispiel macht die Dresdner Elektromotoren einzigartig, verhilft ihnen zu extremer Leistung oder wahlweise besonders niedrigen Energieverbrauch – und dies in der halben Produktionszeit, die bei der Konkurrenz üblich ist. Doch das lohnt sich nur in der kleinen Serie, danach wird diese Ansatz zu teuer.
Dresdner rechnen mit Auftragsschub durch menschenähnliche Roboter
Und dieses Geschäftsmodell funktioniert ziemlich gut: Aufträge, Kundenstamm und das gesamte Unternehmen wachsen organisch und stetig, eine Verzehnfachung des Umsatzes auf 100 Millionen Euro erscheint den Gründern in den nächsten Jahren als realistisches Ziel. Ein Treiber: Die Dresdner rechnen mit einem Boom menschenähnlicher, also „humanoider“ Roboter, die bald in Fabriken, Lagerhäusern und später auch im Haushalt malochen. Und die werden bevorzugt E-Motoren mit extrem hoher Leistungsdichte brauchen.
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Neue Fabrik in USA geplant
Beim Wachstum soll zudem eine neue Vertriebs-Niederlassung in den USA helfen, die Additive Drives demnächst zu einer Motor-Fabrik ausbauen will. Ein Viertel ihrer Umsätze machen die Dresdner bereits auf der anderen Seite des großen Teichs, bald könnte es noch mehr werden: Trumps Zollkrieges und „America First“-Politik, die Re-Industrialisierungswelle in den Vereinigten Staaten, eine gewisse Eigenbezogenheit dieses Marktes sowie Impulse aus der Luftfahrt und Rüstungswirtschaft sollten für genügend Impulse sorgen, sind die Gründer überzeugt. Sachsen werde aber weiter der Heimathafen bleiben, so Arnold: „Wir investieren auch weiter hier in Dresden.“
Kurzüberblick
- Unternehmen: „Additive Drives“
- Geschäftsfelder: Auftrags-Entwicklung sowie Turbo-Produktion von Hochleistungs-Elektromotoren und sparsamen Asynchron-Motoren als Prototypen und in Kleinserien
- Gründung: 2020 in Freiberg
- Belegschaft: rund 70 Beschäftige
- Umsatz: ca. 10 Mio. €
- Hauptsitz: Dresden
- Mehr Infos im Netz: additive-drives.de
DNN