Liebe Leserin, lieber Leser,
das
Beste an einem Umzug ist dieser erste Bummel durch das neue Viertel. Einen
Cappuccino holen, die neue Umgebung aufsaugen, sehr junge Menschen
würden sagen, den „Vibe-Check“
machen (da kann ich nur zurückgeben: Exactly,
Leute, no
cap).
Als
ich einst in Eimsbüttel ankam, war ich allerdings verwirrt. Das mag
daran liegen, dass ich keine ausgefallene Frisur habe –
aber selbst wenn, wäre ich erschlagen worden von der Auswahl an
Friseursalons. Ein gutes Dutzend reiht sich in wenigen Blocks um die
Osterstraße aneinander. Haargott, Prime Cut, 10er Friseur, XL Cut und so weiter.
Mal
abgesehen davon, dass da einige schaurig-schöne Wortspiele
ausgelassen wurden (toll gefunden hätte ich etwa: „Vorhair,
Nachhair“):
Die Vermehrung scheint gar nicht mehr aufzuhören, sobald in den
vergangenen Jahren irgendein Laden in Eimsbüttel schloss, zog dort
recht sicher der nächste neue Friseursalon ein. Müsste das Wachstum
in der Friseurbranche nicht natürlich begrenzt sein?
Ich
habe, Ehrenwort, sehr darauf geachtet, ob die Menschen in meiner
Nachbarschaft ungewöhnlich oft die Haarfarbe wechseln oder stetig
gepflegte Kurzhaarfrisuren tragen. Aber richtige Spuren ergaben sich
nicht, es war zum … Sie wissen schon.
Und
solche seltsamen Ballungen gibt es nicht nur in Eimsbüttel: Bummeln
Sie mal durch Barmbek, und ersetzen Sie den inneren Suchbegriff
„Friseur“
durch „Apotheke“
oder „Lecker Döner“. Kürzlich bin ich wieder umgezogen, und in
meinem neuen Viertel nennen die Inhaber ihre Geschäfte oft bloß
nach sich selbst. Schon wirken die Teppiche oder Kleider, die sie
darin verkaufen, gleich viel hochwertiger (raten Sie gern den
Stadtteil).
© ZON
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Vor
einigen Tagen habe ich noch einen letzten Versuch unternommen, das
Rätsel zu lösen, und beim Friseursalon Soulmates in Eimsbüttel
angerufen. Die Mitarbeiterin sagte, man nehme das natürlich wahr,
drei Meter entfernt liege ja ein weiterer Friseuralon und direkt
daneben noch einer. Ihre Erklärung? „Wir haben in Eimsbüttel
einfach ein sehr modebewusstes und gepflegtes Publikum.“
Wenn
man aber Qualität biete und sich spezialisiere, könne man bestehen. Sie musste dann schon den nächsten Kunden betreuen. Die Konkurrenz schläft nicht.
Ich wünsche Ihnen einen
schönen Tag!
Ihr
Christoph Heinemann
WAS HEUTE WICHTIG IST
© Markus Scholz/dpa
Die
Immobilienpreise
in Hamburg steigen weiter deutlich an. Nach einer Auswertung des
Verbandes der Pfandbanken lagen die Kaufpreise im zweiten Quartal
dieses Jahres für selbst genutztes Wohneigentum um 3,6 Prozent höher
als im Vorjahreszeitraum, berichtet das „Abendblatt“. Der
Preisanstieg lag demnach bei Häusern (plus drei Prozent) und
Eigentumswohnungen (plus 4,5 Prozent) über dem bundesweiten
Durchschnitt.
Hamburgs
Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) mahnt eine erneute Überarbeitung
des Elterngeldes an.
Die Regelungen seien ein „bürokratisches Monster“. Eine
Novellierung des Gesetzes habe die Bearbeitung der Anträge viel
komplizierter gemacht als zuvor, sagte Dressel, das gelte für die
Eltern wie für die Verwaltung. Hamburg werde eine Initiative im Bund
einbringen, um die Regeln zu vereinfachen.
In aller Kürze
• Mehrere Menschen sind auf einer Busfahrt von
Hamburg nach Berlin in einem Reisebus möglicherweise durch Reizgas
leicht verletzt worden. Die Reisenden klagten am Montagabend über
Reizungen der Augen und der Atemwege sowie über Übelkeit •
Nach
dem Fund von 64 Kilogramm Kokain
in einer Teakholz-Lieferung im Hamburger Hafen stehen drei
mutmaßliche Schmuggler ab heute in Berlin vor Gericht
THEMA DES TAGES
© Heiko Rebsch/dpa
„Viele
fragten mich: Fährst du nach Hamburg, bringt das noch was?“
Der AfD-Politiker
Ulrich Siegmund möchte Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt werden.
Nun trat er in Hamburg auf. Und wurde bejubelt. Lesen Sie hier einen
Auszug aus der Reportage von ZEIT:Hamburg-Redakteur
Christoph Heinemann.
Ulrich Siegmund zückt sein Handy, öffnet die Kamera-App, drückt auf
Aufnahme. „Ihr fragt mich ja oft, ob Deutschland noch zu retten
ist“, sagt er. „Ja,
das sage ich euch, mit schönen Grüßen aus Hamburg!“
Er reckt das Gerät über den Kopf und filmt ins Publikum.
Im
Großen Festsaal des Hamburger Rathauses stehen am Montagabend rund
500 Anhänger der AfD, sie jubeln und johlen. Einer trägt den
Bundesadler übers rechte Knie tätowiert, ein anderer schwenkt
hektisch die Deutschlandfahne. Auch die vielen älteren Damen und
Herren im Saal haben sich erhoben.
Den
Videoclip will Ulrich Siegmund, 34, Fraktionschef der AfD in
Sachsen-Anhalt, bei TikTok posten. Er hat dort 560.000 Follower, 10,8
Millionen Likes. Seine Parteikollegen aus Hamburg, die Siegmund heute
ins Rathaus eingeladen haben, können davon nur träumen. Siegmund
soll Glanz in den Norden bringen – er gilt als einer der
beliebtesten Politiker seiner Partei, und im September 2026 könnte
er der erste Ministerpräsident der AfD werden. In mehreren Umfragen
liegt er vorn.
Gewinnt
er, hätte das auch Auswirkungen auf die Lage im Bund und womöglich
sogar in Hamburg. Jedenfalls träumen die Rechtspopulisten und ihre
Anhänger an diesem Abend davon. Der Titel der Veranstaltung: „Der
Weg zur Regierungsverantwortung“.
Was
Ulrich Siegmund plant, und warum die Rechtspopulisten auch in Hamburg
auf Erfolge hoffen, lesen
Sie weiter in der ungekürzten Fassung auf zeit.de.
DER SATZ
© Gregor Lengler/laif
„Vielleicht
wäre die Elbe ja gern ein Meer, wenigstens ein bisschen Meer, wie
die Ostsee. Immerhin fließt sie auf der Höhe unseres
Lieblingsstrandes auch im Rhythmus der Gezeiten.“
In
der aktuellen Sonderausgabe stellen ZEIT-Redakteure und
–Redakteurinnen ihre Lieblingsorte an
See und Fluss vor. Mit dabei ist Hella Kemper; sie erzählt,
warum sie den Elbstrand immer lieben wird.
DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN
Nein,
Sie verhören
sich nicht, wenn Sie auf einmal einen Baum sprechen hören. Das von
Jule Nordholz initiierte Projekt „Parlament der Bäume“ lädt
Spaziergänger ein, an ausgesuchten Orten Bäumen zuzuhören. Bei den
Soundinstallationen entsteht ein poetischer Hörraum: Prominente
Schauspieler leihen den Bäumen ihre Stimme für deren Geschichte von
Stadtwandel und Klimakrise und über das Verhältnis von Mensch und
Natur. Lautsprecher hängen in den Bäumen, oder man nutzt den in der
Nähe der Bäume zu findenden QR-Code, um auf dem Handy die
Geschichte zu hören.
„Parlament
der Bäume“ bis 28.9., Bäume finden Sie in Planten un Blomen (Alter
Botanischer Garten), am Gerhart-Hauptmann-Platz, im Lohsepark (Zugang
Yokohamastraße), auf den Marco-Polo-Terrassen, an der
Christianskirche (Altona) und am Audimax der Uni
MEINE STADT
Natürliche PS auf der Straße © Frauke Johannigmann
HAMBURGER SCHNACK
An
der Kasse eines großen Supermarktes hört man kurz vor Kassenschluss
das Seufzen eines jungen Kassierers. Auf meine Bemerkung hin, es sei
ja gleich geschafft, kontert er: „Nein, noch 50 Jahre!“
Gehört
von Rebecca Wulf
Das war
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