Kiel. Mark Prill hat die Hälfte seines Lebens dem Restaurant „Der Bauch von Kiel“ gewidmet – doch damit ist bald Schluss. Die etablierte und bewährte Gaststätte in der Kieler Legienstraße befindet sich im Insolvenzverfahren. Bereits am 30. August 2025 schließen Prill und seine Geschäftspartnerin Petra Müller das Lokal zum letzten Mal auf und – wenn alle Gäste gegangen sind – endgültig ab.
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Auf knapp drei Jahrzehnte Kieler Gastronomie-Geschichte blickt Mark Prill (59) zurück: „Der Bauch von Kiel“ öffnete 1996 mit ihm und Müller als Geschäftsführer-Duo. Drei Jahre später übernahmen beide das Restaurant vom Eigentümer und betreiben es seitdem auf eigene Rechnung. „Fast hätten wir die 30 Jahre vollgemacht“, sagt Mark Prill. Doch die Gastrokrise in Kiel, die Anfang des Jahres bereits einen Höhepunkt erreicht hatte, ist offenbar noch nicht vorbei.
Kieler Gastro: Mit Mindestlohn, Mehrwertsteuer und Corona in die Insolvenz
„Wir haben im Juli Insolvenz angemeldet, weil wir die Juni-Löhne nicht zahlen konnten“, berichtet Prill. Ihm zufolge ist „Der Bauch von Kiel“ aus mehreren Gründen in wirtschaftliche Turbulenzen geraten. Ausgangspunkt war die Corona-Pandemie ab 2020. „Vor Corona waren wir schuldenfrei“, so Prill. Der Betrieb habe damals 15.000 Euro Soforthilfe erhalten, musste aber zwei Monate lang schließen.
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Damit war das Geld innerhalb kurzer Zeit durch Miete, Löhne und Energiekosten aufgezehrt – und muss zurückgezahlt werden. Als die Gastro-Mehrwertsteuer im vergangenen Jahr wieder von 7 auf 19 Prozent angehoben wurde, musste auch der „Bauch von Kiel“ die Preise nach oben anpassen. Die von der schwarz-roten Bundesregierung angekündigte Rückkehr auf den geringeren Satz ab 2026 kommt für die Betreiber nun zu spät.
„Der Bauch von Kiel“ schließt am 30. August
Ein landespolitischer Beschluss sorgte für das abrupte Ende. „Die Entscheidung, den Mindestlohn in der Gastronomie im Mai auf 15 Euro anzuheben, hat uns den Rest gegeben“, sagt Mark Prill. Denn auch das durchaus beliebte Restaurant in der Legienstraße habe in den vergangenen Jahren einen Gästeschwund festgestellt.
Mark Prill führt das darauf zurück, dass die Menschen in Kiel durch gestiegene Lebenshaltungskosten ihr Geld zunehmend zusammenhalten. „Viele können es sich nicht mehr leisten, essen zu gehen.“ Und die Gäste, die noch kommen, wollten oft nicht so viel ausgeben – die Bestellungen fielen knapper aus.
Diese Art von Gastronomie hat sich überlebt.
Mark Prill
Mitinhaber „Der Bauch von Kiel“
Immerhin: Fast alle der 13 Beschäftigten in Küche und Service haben laut Prill bereits andere Arbeitsstellen gefunden. Nur wie es für ihn ab September weitergeht, weiß er noch nicht. Für das Lokal in dem schmucken Eckhaus gibt es bereits Interessenten, die aber andere Konzepte verfolgen. „Diese Art von Gastronomie – gute Qualität zu erschwinglichen Preisen – hat sich überlebt“, sagt Mark Prill.
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Seine Stammgäste fragten sich bereits, wo sie künftig zum Essen gehen sollen. Ähnliche Angebote seien rar geworden in der Landeshauptstadt. Tatsächlich haben etliche Kieler Gastronomen in den vergangenen Monaten aufgegeben – zum Teil ebenfalls, nachdem die Restaurants über viele Jahre gut gelaufen waren. Dazu zählte etwa die Pizzeria San Remo am Dreiecksplatz, die es seit 1977 gegeben hatte. Zuvor schloss bereits das Restaurant Längengrad im Schwedenkai nach rund 14 Jahren.
Zu den Gründen gibt es unter Experten unterschiedliche Meinungen. Die Branche beklagt etwa, dass vor allem politische Entscheidungen den Gastronomen das Leben schwermachen. Es sind aber auch Stimmen lautgeworden, die bei manchen Gastwirten einen mangelnden Veränderungswillen feststellen, obwohl die Nachfrage sich gewandelt habe. Wer moderne Gastro-Konzepte habe, sei in der Krise besser gewappnet.
KN