Die Europäer werfen ihr ganzes Gewicht in die Waagschale. Mit hochrangig besetzten Schaltkonferenzen wollen sie gemeinsam mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj noch Einfluss auf den Alaska-Gipfel von US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin nehmen. Es geht darum, die ukrainische Position im Vorfeld zu stärken.
Doch es ist auch eine Bewährungsprobe: Haben Kanzler Friedrich Merz (CDU) und seine Verbündeten Erfolg, ist das ein wichtiges Signal für die außenpolitische Einigkeit und Handlungsfähigkeit Europas. Wenn aber die von Russland überfallene Ukraine nach dem Treffen von Trump und Putin am Freitag als Verliererin dasteht, sind die europäischen Bemühungen gescheitert. Das würde auch nichts Gutes für die Zukunft verheißen.
Bemerkenswert ist, dass es Merz gelungen ist, mitten in der Sommerpause so viele wichtige Akteure zusammenzubringen. Der Bundeskanzler nimmt dabei eine auffallend andere Rolle ein als sein Vorgänger Olaf Scholz (SPD), der meist erst einmal abgewartet hat, was die USA und andere Verbündete tun, bevor er sich festlegte. Merz hat sich gleichzeitig ein Stück weit von dem ständigen und oftmals erfolglosen Ringen in der Europäischen Union – Stichwort: Ungarn – freigemacht, indem er ein enges Bündnis mit Brexit-Land Großbritannien und Frankreich geschlossen hat. All dies sind Schritte in die richtige Richtung.
Allerdings ist vonseiten der Europäer mehr Klarheit nötig, wie weit sie bereit sind, zu gehen. Ganz gleich, was Trump mit Putin vereinbart, die Europäer werden sicherlich zur Umsetzung herangezogen. Denn es ist unwahrscheinlich, dass die Supermacht USA mit Blick auf die Ukraine noch einmal Geld in die Hand nimmt. Auch wird Trump es vermutlich ablehnen, US-Soldaten zu entsenden, um vor Ort die Sicherheit der Ukraine zu garantieren.
Doch hier liegt eine der größten Schwächen Europas: Innenpolitisch lässt der Rückhalt nach. So verlor Merz bei den Bundesbürgern zuletzt an Zuspruch. Eine Mehrheit ist laut ARD-Deutschlandtrend von seinem Kurs im Ukraine-Krieg nicht überzeugt. Ebenso haben Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Keir Starmer innenpolitisch an Autorität verloren.
Auch wenn fraglich ist, wie wirksam europäische Sicherheitsgarantien gegen künftige russische Angriffe überhaupt sein können – diese Aufgabe wird auf Europa zukommen. Frankreich hat schon eine französisch-britische Mission vorgeschlagen, um die ukrainische Armee zu unterstützen. Deutschland blieb zurückhaltend. Die Bundesregierung wird bald sagen müssen, wozu sie bereit ist – und was die Bevölkerung mitträgt.