Eine Druckgrafik: William Wynne Ryland nach François Boucher: Schäferin und Schäfer, 18. Jh.

AUDIO: Kunsthalle Bremen zeigt Druckgraphik aus Odesa (5 Min)

Stand: 13.08.2025 13:48 Uhr

Die Bremer Kunsthalle präsentiert in der Ausstellung „Spuren der Zeit“ Druckgrafiken des 16. bis 19. Jahrhunderts – Werke, die aus dem Museum für westliche und östliche Kunst Odessa stammen.

Der russische Überfall auf die Ukraine und die Zerstörung ukrainischer Kunst und Kultur haben deutsche Museen auf den Plan gerufen – erst hat die Berliner Gemäldegalerie in der ersten Jahreshälfte Malerei gezeigt, nun zeigt die Bremer Kunsthalle gut zwei Monate lang Druckgraphiken. Ein Gespräch mit dem Direktor der Kunsthalle, Christoph Grunenberg.

Cover: Von Odesa nach Berlin - From Odesa to Berlin

Die gleichnamige Ausstellung in der Berliner Gemäldegalerie zeigt Bilder aus der Ukraine, die in Sicherheit gebracht wurden.

Herr Grunenberg, wie transportiert man Kunstwerke aus einem Kriegsgebiet ab?

Christoph Grunenberg: Das ist eine komplexe Herausforderung. Die Bürokratie auf beiden Seiten ist nicht einfach, bis man endlich die gesamten Genehmigungen hat, um diese Werke, die natürlich auch für die Ukraine wichtig sind, aus dem Land herauszuführen. Und wenn es dann soweit ist, ist ein Transport von wertvollen Kunstwerken durch Kriegsgebiete auch eine Herausforderung. Da ist dann eine Polizei-Eskorte bis zur Grenze dabei. Wir sind sehr glücklich, dass das alles gut geklappt hat und dass die Werke hier sicher angekommen sind.

Wie ist überhaupt der Kontakt aus Odessa zur Kunsthalle in Bremen entstanden?

Grunenberg: Bremen und Odessa sind ja Partnerstädte seit wenigen Jahren, seit Beginn des Krieges. Aber es sind dann oft persönliche Kontakte, und in diesem Fall war es einer der Gründer des Osteuropainstituts an der Universität Bremen, Wolfgang Eichwede, der mich dem Direktor des Museums für Westliche und Östliche Kunst in Odessa vorgestellt hat, Herrn Poronyk. So entwickelte sich dann ein Gespräch. Es gab ja bereits eine große Ausstellung in Berlin mit Gemälden. Es ist ein sehr umtriebiger Direktor, der immer wieder versucht, Aufmerksamkeit auf den Krieg in der Ukraine zu ziehen. Und so haben wir uns dann entschlossen, auch hier in Bremen eine Ausstellung zu präsentieren.

Jener Direktor hat auch erwähnt, dass es neben den Finanzierungsfragen bürokratische Hürden gab. Wo muss man denn da Anträge stellen, wenn man Kunst retten will?

Grunenberg: Man muss Anträge bei den relevanten ukrainischen Autoritäten, Behörden stellen, also dem Kulturministerium. Man muss erstmal eine Ausfuhrgenehmigung bekommen – das ist eine der großen Hürden. Aber gleichzeitig muss man garantieren, dass die Werke wieder zurückgehen. Der Senator für Kultur in Bremen ist involviert, auch das Bundeskulturministerium in Berlin. Da sind schon einige Formulare auszufüllen, und das hat alles erstaunlich lange gedauert, es ist sehr kompliziert.

Ein großes weißes Gebäude mit der Aufschrift "Jam Factory Arts Center"

Eine ehemalige Lebensmittelfabrik im Industriegebiet der ukrainischen Stadt Lviv ist zu einem Kultur-Zentrum umgebaut worden.

125 der besten Grafiken sind an einen sicheren Ort gebracht worden, 40 Werke kann man jetzt bei Ihnen im Museum in Bremen sehen. Insgesamt soll es aber 4.500 grafische Arbeiten geben in Odessa. Wo sind denn die restlichen? Sind die noch in Gefahr?

Grunenberg: Ich hoffe, dass sie es nicht sind. Odessa ist eine Stadt, die unter ständigem Angriff steht. Das Museum ist teilweise beschädigt worden, aber im Großen und Ganzen steht es noch. Aber man hat direkt nach Beginn des Krieges die Werke evakuiert. Wo sie genau sind, kann ich nicht sagen, und ich nehme an, das Museum will es auch nicht sagen. Sie sind hoffentlich in Sicherheit. Sie sind ausgelagert, wie auch die Bestände, die nach Bremen gekommen sind, bereits ausgelagert waren. Viele der Werke sind nach Berlin gebracht worden und werden bald in Heidelberg gezeigt, der zweiten Station. Auch diese Werke sind erst einmal in Sicherheit und werden für die nähere Zukunft hier in Deutschland bleiben.

Das Thema Druckgrafiken, Kupferstiche, Holzschnitte, Radierungen – das ist nicht unbedingt ein Blockbuster-Ausstellungsthema, sondern eher etwas für Spezialisten. Wie würden Sie Menschen in die Kunsthalle locken? Was lohnt sich an dieser Ausstellung besonders?

Grunenberg: Uns war es wichtig, einen anderen Aspekt dieses wichtigen Museums zu zeigen und auch die Verbundenheit der Ukraine mit Deutschland, mit Westeuropa, dass es da gemeinsame kulturelle Traditionen und ein gemeinsames kulturelles Erbe gibt. Das Museum ist ja für westliche und östliche Kunst, also Kunst aus Europa wie auch Kunst aus Asien. Es gibt auch Bestände von antiker Kunst. Für uns als Kunsthalle ist Druckgrafik sehr wichtig. Am Beginn der Sammlung und der Gründung des Kunstvereins 1823 stand Druckgrafik, sodass es da auch ganz klare Parallelen gibt. Wir wollten gerade diesen manchmal etwas übersehenen Aspekt von Sammlungen in den Fokus stellen.

Das Gespräch führte Mischa Kreiskott.

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