Am Freitag wollen Trump und Putin über das Schicksal der Ukraine verhandeln. Europäer fürchten einen Diktatfrieden. Doch tun sie selbst wirklich genug?

Er verspricht, sie liefert: Dänemark nimmt unter Mette Frederiksen (rechts) eine herausragende Rolle bei der Ukraine-Hilfe ein. Deutschland ist auf Rang 14. Er verspricht, sie liefert: Dänemark nimmt unter Mette Frederiksen (rechts) eine herausragende Rolle bei der Ukraine-Hilfe ein. Deutschland ist auf Rang 14.

Omer Messinger / Getty

Wenn es um Worte geht, sind die Staatschefs der grossen europäischen Länder stets vorne mit dabei. Nur mit Druck auf Russland und einer substanziellen Unterstützung für die Ukraine könne der Krieg beendet werden, schrieben Emmanuel Macron, Keir Starmer, Friedrich Merz, Giorgia Meloni und Donald Tusk in einer gemeinsamen Erklärung, nachdem Donald Trump angekündigt hatte, Putin in Alaska zu bilateralen Gesprächen zu treffen. Doch ausgerechnet an dieser substanziellen Unterstützung der Grossen hapert es.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Nach dreieinhalb Jahren Krieg zeigt sich: Die Ukraine bekommt zwar sehr viel, aber offensichtlich nicht genug, um den Aggressor zu bezwingen. Und es sind nicht die grössten europäischen Staaten, die dabei am meisten leisten. Eine herausragende Rolle nimmt ein kleines skandinavisches Land ein. Niemand gibt pro Kopf und gemessen am Bruttoinlandprodukt (BIP) mehr für die Ukraine aus als Dänemark. Das hat mehrere Gründe.

Der politische Wille

Kopenhagen hat erkannt: Kleine Länder können nur überleben, wenn die Welt nach bestimmten Regeln und nicht nach dem Recht des Stärkeren funktioniert. Russland bedroht diese regelbasierte Ordnung – und es dürfte so schnell nicht damit aufhören. Schon gar nicht, wenn der Kreml Erfolg hat. Dänemark sieht durch den russischen Angriff die eigene Sicherheit und Demokratie in Gefahr, den Freiheitskampf der Ukraine betrachtet es daher auch als seinen eigenen.

Russland führt schon heute einen Schattenkrieg gegen den Westen. Die Gefahr von Sabotageakten wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen, davor warnt der dänische Verteidigungsnachrichtendienst. Je nach Kriegsverlauf in der Ukraine könne Russland in zwei bis fünf Jahren auch genug militärische Stärke aufgebaut haben, um die Nato glaubwürdig zu bedrohen, heisst es im letzten Jahresbericht. Es ist zwar sehr unwahrscheinlich, dass Dänemark das erste Ziel einer militärischen Aggression wäre. Wenn sich der Krieg jedoch ausweitet, wird das alle europäischen Länder treffen.

Seit Russlands brutaler Invasion hat sich die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen als eine der lautesten Unterstützerinnen der Ukraine hervorgetan. Zugleich betont sie immer wieder, dass Worte allein keinen Frieden brächten. Die Freiheit kostet. Und weil Dänemark im Zweifelsfall nicht allein dastehen möchte, ist es bereit, für die Ukraine mit gutem Beispiel voranzugehen. Die Däninnen und Dänen tragen die Politik der Regierung mit.

Dänemarks Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen nimmt an einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Verteidigungsminister Rustem Umerow teil. Der Besuch in Kiew findet am dritten Jahrestag (Montag, 24. Februar 2025) des russischen Einmarsches in die Ukraine statt. Dänemarks Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen nimmt an einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Verteidigungsminister Rustem Umerow teil. Der Besuch in Kiew findet am dritten Jahrestag (Montag, 24. Februar 2025) des russischen Einmarsches in die Ukraine statt.

Bo Amstrup / Imago

Die nötigen Mittel

Dänemark kann helfen, weil es die Mittel dazu hat. Wirtschaftlich steht das Land besser da als seine nordischen Nachbarn. Das Bruttoinlandprodukt wächst stärker als im Durchschnitt der EU, und die Beschäftigung ist stabil. Seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine gab Dänemark etwa 9 Milliarden Euro für militärische Unterstützung und etwa 867 Millionen Euro für zivile Hilfe aus.

Bei der Unterstützung der Ukraine kommt es jedoch nicht allein auf die wirtschaftlichen Möglichkeiten an. Entscheidend sind vor allem die militärischen Kapazitäten. Zu Beginn des Krieges sagte die dänische Regierung zu, die Hälfte ihrer schweren Waffen in die Ukraine zu liefern. Dänemark spendete sogar seine gesamte Artillerie – bestehend aus 18 Caesar-Haubitzen – an Kiew. Bei den eigenen Streitkräften führte das zu Engpässen. Die leere Armeekasse sorgte international für Schlagzeilen. Das Geld reichte im letzten Sommer nicht einmal mehr für genügend Schreibblöcke und Putzmittel.

Das ist auf die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte zurückzuführen. Wie viele seiner europäischen Verbündeten hat auch Dänemark erst nach Donald Trumps zweitem Einzug in das Weisse Haus ernsthaft damit begonnen aufzurüsten. Ein «Beschleunigungsfonds» soll es nun richten. Zusätzlich zum ordentlichen Verteidigungshaushalt werden 50 Milliarden dänische Kronen (6,7 Milliarden Euro) bereitgestellt. Damit gibt Dänemark in diesem Jahr über 3 Prozent des BIP für die Verteidigung aus. Das Geld aus dem neuen Fonds soll vor allem für die eigene Verteidigung genutzt werden. Die dänische Regierung kann damit aber auch Waffen für die Ukraine finanzieren.

Innovative Ideen

Die europäischen Vorräte sind knapp, die Rüstungsfirmen überlastet. Dänemark hat einen Weg gefunden, beide Probleme zu umgehen. Das sogenannte dänische Modell sieht vor, dass Waffen und Ausrüstung direkt bei ukrainischen Produzenten gekauft werden. Diese liefern das Material ohne Umwege an die Front. Das ist nicht nur schneller und günstiger, sondern hat auch den Vorteil, dass die Ukraine selbst Ersatzteile herstellen kann.

Länder wie Schweden, Norwegen, Island und Kanada beteiligen sich bereits finanziell am dänischen Modell. Ein grosser Teil der finanziellen Mittel stammt aus aufgelaufenen Zinsen auf eingefrorene russische Vermögenswerte. Kopenhagen rechnet damit, dass im Jahr 2025 mindestens 1,2 Milliarden Euro für die ukrainische Rüstungsindustrie bereitstehen werden – also bereits doppelt so viel wie letztes Jahr.

Im Juli unterzeichneten Kopenhagen und Kiew zudem ein Abkommen, das es ukrainischen Rüstungsunternehmen ermöglicht, Produktionsstätten in Dänemark zu eröffnen. Auch hier nehmen die Dänen eine Pionierrolle ein. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hofft, dass andere Länder nachziehen werden.