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Ein potenzieller „Luftwaffenstillstand“ könnte Putins Strategie für die Zeit nach dem Ukraine-Krieg einleiten. Offenbar bereitet sich Russland schon jetzt darauf vor.

Moskau – Am 15. August wollen sich Donald Trump und Wladimir Putin offiziell im US-Bundesstaat Alaska treffen, um Wege zur Beendigung des Ukraine-Kriegs zu erörtern. Der Kreml bringt dabei einen „Luftwaffenstillstand“ ins Spiel, der bereits ein Baustein einer beginnenden russischen Nachkriegsstrategie sein könnte. So analysiert ein Bericht des internationalen russischen Nachrichtenportals Meduza die aktuellen Ereignisse.

Der mögliche „Luftwaffenstillstand“, der beim Putin-Trump-Treffen am Freitag besprochen werden könnte, sieht demnach vor, dass sowohl russische Raketen- und Drohnenangriffe auf ukrainische Städte als auch ukrainische Attacken auf russische Energieanlagen pausieren. Während dies für die Ukraine einerseits weniger Zivilopfer bedeuten würde, verlöre Kiew gleichzeitig ein wirksames Druckmittel gegen Russland: die Angriffe auf russische Ölraffinerien und Militärbasen.

Nach Ansicht des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj allerdings sind die Friedensverhandlungen in Alaska nicht der Hauptgrund für das Putin-Trump-Treffen in den USA. Er sieht darin vor allem einen persönlichen Triumph für den russischen Präsidenten.

Trump trifft Putin in Alaska: Die Geschichte ihrer Beziehung in BildernOsaka 2019Fotostrecke ansehenEnde des Ukraine-Kriegs: Wie Putin strategischen Nutzen ziehen kann

Und auch nach dem Bericht von Meduza erhält Putin durch seinen Vorschlag vor allem maximalen strategischen Nutzen: Er demonstriert Friedenswillen, während seine Bodentruppen ungehindert weiter vorrücken können. Bei einem Scheitern der Vereinbarung könnte Moskau die Luftangriffe wieder intensivieren und Kiew für die erneute Eskalation verantwortlich machen.

Wie der Journalist Maxim Trudoljubow für Meduza analysiert, signalisieren sowohl die diplomatischen Initiativen als auch die verschärfte Innenpolitik Moskaus eine Vorbereitung auf ein mögliches Ende des Ukraine-Krieges. Für das Putin-Regime stellt dies jedoch eine fundamentale Herausforderung dar – es würde die rechtfertigende Kraft verlieren, mit der es Repression, Machtkonzentration und wirtschaftliche Härten begründet.

„Dauerbelagerung“ statt Ukraine-Krieg: Putin formt Rhetorik um und verschärft Repressionen

Ein Ende der Kampfhandlungen im Ukraine-Krieg würde in Russland zudem unbequeme Fragen nach Kriegskosten, politischer Verantwortung und der künftigen Entwicklung des Landes aufwerfen. Deshalb transformiert der Kreml bereits präventiv sein Herrschaftssystem, so die Einschätzung Trudoljubows.

Russland forme seine Kriegsrhetorik im Land bereits zu einer „Dauerbelagerungs“-Mentalität um, verschärfe repressive Gesetzgebung und definiere interne wie externe „Feindbilder“, die den Konflikt als gesellschaftliches Kontrollinstrument ablösen können.

Russischer Soldat in Moskau. (Archivbild)Russland bereitet sich möglicherweise bereits auf das Ende des Ukraine-Kriegs vor. © IMAGO/Mikhail TereshchenkoPutins Gesetze: Mit Ukraine-Krieg kam Zensur und Massenrepression

Mit Beginn der Großoffensive 2022 implementierte der russische Staat neue Strafnormen – insbesondere Gesetze gegen „Falschinformationen“ über die „Spezialoperation“. Landesweit etablierte sich Kriegszensur, unabhängige Medien wurden mundtot gemacht, so der Bericht des Nachrichtenportals Meduza.

Öffentliche Proteste seien nahezu aus dem Alltag verschwunden. Anstelle von Massenrepression fokussiere die Justiz sich nun auf zwar weniger Verfahren, dafür aber drastischere Strafen. Gleichzeitig verfolgen Sicherheitsbehörden systematisch Unterstützer der Anti-Korruptions-Stiftung.

Nach dem Ukraine-Krieg: Überwachung digitaler Kommunikation und politischer Zwang in Russland

Ein weiteres Großprojekt sei der Ausbau digitaler Autoritarismus-Strukturen, die über eine reine Überwachung digitaler Kommunikation hinaus das Verhalten der Bürger noch stärker lenken sollen.

Besonders beunruhigend sei zudem die offizielle Rücknahme der Stalin-Opfer-Rehabilitierung und die Neugestaltung des staatlichen Gedenkens an politische Verfolgung. Diese Maßnahmen würden politischen Zwang rückwirkend normalisieren und konditionierten die russische Gesellschaft somit auf das vom Kreml erwünschte Verhalten.

Russische Soldaten vor dem Kreml. (Archivbild)Russland bereitet sich möglicherweise bereits auf das Ende des Ukraine-Kriegs vor. © IMAGO/Komsomolskaya PravdaRussland nach dem Ukraine-Krieg: Putin-Freunde setzen auf stabile Repression

Die möglichen Szenarien eines Nachkriegs-Russlands beschäftigen auch die Eliten, die ihre Machtpositionen absichern möchten. Das kommende Hauptziel der Repression wird laut Trudoljubow der Kampf gegen alternative Gesellschaftsvisionen sein. Oppositionelle Reformkonzepte, Auflösung repressiver Staatsorgane und schnelle demokratische Reformen würden deren Position gefährden.

Sie würden daher vielmehr auf evolutionären statt revolutionären Wandel setzen. Gelingt ein stabiler Übergang in die Nachkriegsära, dann verfügen künftige russische Machthaber auf diese Weise bereits über eine politisch konditionierte Bevölkerung, die Gehorsam und vorgegebene Entscheidungen akzeptiert. (nana)