Auf dem Dach des Baubüros wird sofort klar, wie kniffelig die Aufgabe der Autobahnbauer ist. Sie schrammen mit ihrer Arbeit am Flughafen vorbei, direkt am Zaun und der Sicherheitslinie. An anderer Stelle der knapp zwei Kilometer zwischen Neuenlander Ring und Kattenturmer Heerstraße liegt das Airbus-Werk unmittelbar an der Trasse, wieder woanders der Metro-Großhandel und etwas weiter entfernt die Wohnbebauung in Huckelriede. Schwieriger kann’s kaum sein, diesen Schnitt zu machen für eine neue Verkehrsverbindung. Das geht, wenn man so will, zwischen Herz, Lunge und Leben hindurch. Die Hälfte der Operation ist nun geschafft. Am Mittwoch wurde Bilanz gezogen.
Mit dem Teilstück am Flughafen und zeitgleich dem Bau des Wesertunnels und seinen Anschlüssen zwischen Gröpelingen und Seehausen soll das Ewigkeitsprojekt A281 abgeschlossen sein. Zielmarke ist das Jahr 2030. Dann wurde vom Anfang der Planung bis zum Ende der Arbeiten fast ein halbes Jahrhundert benötigt. Der Ring um Bremen geschlossen, die Autobahneckverbindung zwischen A1 und A27 fertiggestellt – ein historischer Fakt, wenn man bedenkt, wie lange das gedauert hat und welche Bedeutung dem Vorhaben für die Entlastung des Stadtverkehrs zukommt.
„Wir bauen unter Verkehr“, sagt Ulf Evert. Und als wollte er das unter Beweis stellen, hebt auf dem Airport gerade zum Greifen nahe ein Flugzeug ab. Das ist die eine Seite des Korridors. An der anderen braust der Autoverkehr – die Neuenlander Straße ist chronisch überlastet, vor allem mit Lastwagen. Evert vertritt die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges) und ist für Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen zuständig. Ein Stammgast auf der Dauerbaustelle A281. 30 Jahre her, dass zwischen der A27 und dem Industriehafen der erste Abschnitt in Betrieb genommen wurde. Eigentlich könnte dort mit der Autobahn gleich wieder begonnen werden, sobald sie komplett fertig ist. Allemal wäre wohl eine Sanierung fällig.
Am Flughafen seien wegen der extrem beengten Platzverhältnisse umfangreiche Vorarbeiten notwendig gewesen, allein das habe viel Zeit gekostet, erklärt Evert. Zum Beispiel musste das Trafohäuschen am Flughafen verlegt werden und eine Starkstromleitung, die zu Airbus führt. Und nun seien es eben die „mannigfaltigen Einschränkungen“. Teilweise könne wegen des Flugverkehrs nur nachts gearbeitet werden. Drei-Schicht-Betrieb? Schön wär’s.
Der Bauabschnitt 2/2 ist einer von insgesamt sechs. Alle zusammen ergeben 18,7 Kilometer. Vier sind fertig und werden von Autos befahren. Das vergleichsweise kurze Stück am Flughafen kostet nach Angaben der Deges rund 370 Millionen Euro und beansprucht damit ein knappes Viertel des gesamten Investitionsvolumens für die A281. Stand heute sind das 1,64 Milliarden Euro. Das meiste Geld wird der Bau des Wesertunnels verschlingen: veranschlagt sind 775 Millionen Euro. Die ersten beiden von sechs Röhren sind derzeit im Bau. Sie werden im Kaiserdock auf der Lloyd-Werft in Bremerhaven hergestellt. Sechsmal rund 120 Meter, sechsmal 22.000 Tonnen. Zusammen mit den Zufahrten wird der Tunnel 1095 Meter lang sein.
Der aktuelle Stand zum Ausbau der A281.
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WESER-KURIER
Einen Tunnel lässt die Deges auch am Flughafen bauen. Er entsteht auf Höhe der Kattenturmer Heerstraße und wird ungefähr 200 Meter lang sein – ein Klacks im Vergleich zum Wesertunnel, der als Bauwerk durchaus ambitioniert ist. Die Fahrt hinein führt durch einen Trog, der 270 Meter misst. Am anderen Ende des Bauabschnitts 2/2 wird die im vorgelagerten Teilstück entstandene Hochstraße um 370 Meter verlängert. Das stellt sicher, dass der Airbus-Standort weiterhin über die Neuenlander Straße erschlossen bleibt.
Weil der Raum für die Autobahn dermaßen klein ist, können zur Befestigung der Fahrbahnen keine Böschungen entstehen. Die Folge: Es müssen auf einer Länge von rund 1200 Metern Stützwandbauwerke in die Erde gerammt werden. Auf den Fahrbahnen selbst wird wegen des engen Korridors an den Standstreifen gespart. Autopannen also besser vermeiden, sowieso und vor allem auf diesem Teilstück, auf dem später nicht schneller als 80 km/h gefahren werden darf.