Berlin – Bundesweit haben Jobcenter im aktuellsten Berichtsmonat (April) bei 33.752 Bürgergeld-Empfängern erneut den Rotstift angesetzt. Dabei kam jeder neunte Betroffene aus Berlin (3847).

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In der Hauptstadt wurde im Schnitt um 62 Euro monatlich gekürzt. Der Trend zeigt dabei nach oben: 2023 wurden durchschnittlich 51 Euro, 2024 bereits 58 Euro gestrichen.

In Berlin kassieren allein 145.140 Arbeitslose nach einem Jahr ohne Job Bürgergeld (früher Hartz IV) und weitere 183.870, die z. B. in der Weiterbildung sind, Angehörige pflegen oder als Geringverdiener aufstocken.

Treffen können die Sanktionen alle diese Erwerbsfähigen – aber in unterschiedlichem Maße. So sind Alleinerziehende mit Kindern unter 3 Jahren nicht verpflichtet, eine Arbeit aufzunehmen, müssen aber sehr wohl Verabredungen einhalten.

Bürgergeld darf bis 30 Prozent gekürzt werden

Innerhalb von zwölf Monaten (Mai 2024 bis April 2025) gab es 23.386 Empfänger, denen in dieser Zeit neu Leistungen gekürzt wurden. Sanktioniert wurden bei ihnen 47.802 einzelne Verstöße. 2536 hatten sich geweigert, einen Job oder eine Ausbildung aufzunehmen oder fortzusetzen. Aber fast immer waren die Gründe für Sanktionen versäumte und geschwänzte Termine und Meldungen beim Jobcenter – insgesamt 43.699.

Gekürzt werden darf nur das Bürgergeld (Regelsatz 563 Euro/Monat): je nach Versäumnis bis maximal 30 Prozent. Überweisungen für Miete und Heizung sind ausgeschlossen.

Winfried Leitke (61), Chef des Jobcenters Spandau, wünscht sich eine härtere Gangart. „Es gibt Menschen, die drei, vier, fünf Mal eingeladen werden und trotzdem nicht erscheinen. Da haben wir derzeit nur die Möglichkeit, zehn Prozent des Bürgergeldes zu kürzen, und das reicht in bestimmten Fällen nicht aus“, sagte er im rbb. Er geht von 30 bis 50 Prozent Terminen aus, die nicht wahrgenommen werden.

Der Wunsch der Berliner Jobcenter: eine gesetzliche Änderung, damit Leistungen auch erst mal ganz eingestellt werden können. Sprecherin Vitalia Seidel zu B.Z. „Uns geht es ja nicht ums Bestrafen. Wir brauchen die Betroffenen bei uns am Schreibtisch, um sie zu beraten!“

Wen treffen Kürzungen am häufigsten?

Jeder hundertste Berliner Bürgergeld-Empfänger wurde im April mit mindestens einer Sanktion belegt. Wen es am häufigsten traf?

MÄNNER: Von 166.993 Empfängern kassierten 2549 im April eine neue Kürzung.

FRAUEN: Von 162.020 mussten 1298 mit weniger Geld auskommen.

ÄLTERE: Über 55 Jahre alt sind in Berlin 58.914 Bürgergeld-Empfänger, 267 provozierten mindestens eine Kürzung.

JÜNGERE: Unter 25 Jahren sind 61.814 Bürgergeld-Empfänger, bei 991 wurde Geld gestrichen.

AUSLÄNDER: 155.363 stehen in der Bürgergeld-Statistik als erwerbsfähige Leistungsberechtigte, davon 1258 mit Kürzungen.

Mehr zum ThemaDie meisten Sanktionen in Neukölln

Das Jobcenter Neukölln sprach im April allein 791 Kürzungen um im Schnitt 62 Euro aus: die meisten unter den zwölf Bezirken. Viele Sanktionen gab es ebenfalls mit 568 in Marzahn-Hellersdorf (im Schnitt 68 Euro).

In Brandenburg/Havel kassierte jeder zehnte Bürgergeld-Empfänger eine Kürzung. Im April traf es 61 mit im Schnitt 81 Euro weniger

In Brandenburg mussten im April 1102 Bürgergeld-Empfänger neue Kürzungen hinnehmen. Am härtesten ging dabei das Jobcenter der Stadt Brandenburg/Havel vor: Hier traf es 61 Empfänger, denen im Schnitt 82 Euro gestrichen wurden.