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Trump räumt Hindernisse aus dem Weg, testet Grenzen und Kompetenzen. Eine Analyse zeigt, wo der US-Präsident nach mehr Macht greift. Wackelt die US-Demokratie?

Washington, D. C. – Seit seiner Rückkehr ins Weiße Haus hat US-Präsident Donald Trump mit so einigen Schritten seine politische Macht erweitert. Die ersten sieben Monate seiner zweiten Amtszeit zeigen, wie er Hindernisse aus dem Weg räumt, Grenzen testet und Entscheidungskompetenzen bündelt – oft auf Kosten traditioneller Gewaltenteilung. Eine Analyse von CNN, die einige der radikalsten Änderungen zusammenfasst, zeigt nun die Ausmaße. Doch die autoritären Merkmale gehen weit über diese Aufzählung hinaus.

Da ist zuerst Trumps harte Linie im Thema Abschiebungen, die er teils unter Missachtung gerichtlicher Anordnungen weiterführt. Dabei beruft er sich auf das „Alien Enemies Act“, ein Gesetz aus Kriegszeiten. In dem Zusammenhang fällt auch die Militarisierung des US-Inlands auf, besonders im Fall der Proteste in Los Angeles gegen das Abschieberegime. Lokale Politiker hatten den Einsatz von Militär dort scharf kritisiert.

Rückblick auf die ersten 100 Tage: Trump krempelt die USA um – eine ChronikAls Papst Franziskus im Alter von 88 Jahren im Vatikan starb, war die Trauer groß. US-Präsident Donald Trump nahm an der Beisetzung des Heiligen Vaters teil: er in blau – ohne rote Krawatte. Melania ganz in Schwarz. Vor dessen Tod befand sich Trump im offenen Widerspruch mit dem Papst: Franziskus hatte Trumps Migrationspolitik offen kritisiert. Seine Massenabschiebung „würde viele Männer und Frauen und ganze Familien“ verletzen. Fotostrecke ansehenUS-Militär, TikTok-Verbot und Zollpolitik: Trump umschifft geltendes Recht

US-Präsident Trump sprach dabei offen über den Einsatz aktiver Truppen in weiteren Städten. Dafür müsste er sich auf Notstandsbefugnisse berufen, was rechtlich umstritten ist. Kritiker sehen eine gefährliche Politisierung des Militärs. Dennoch setzte Trump erst am Mittwoch (13. August) in der US-Hauptstadt Washington die US-Nationalgarde wegen angeblich zu hoher Kriminalität ein. Die Bürgermeisterin von Washington, Muriel Bowser (Demokratin) bezeichnete den Truppeneinsatz laut BBC als „autoritären Vorstoß“.

Die Abschiebepolitik ist nicht die einzige, in der Trump die Judikative ignorierte. Das passierte auch, als Trump Fristen zum TikTok-Verbot trotz klarer gesetzlicher Vorgaben und Urteilen des Supreme Court eigenmächtig verlängerte. Das war ein Präzedenzfall für das bewusste Übergehen von Gesetzen, so CNN.

Bei der Zollpolitik verhelfen Sonderbefugnisse Trump zu mehr Entscheidungsgewalt. Er umgeht so den verfassungsmäßigen Einfluss des US-Kongresses und schwächt die gesetzgebende Instanz in den USA. Immer wieder nutzt der Republikaner flexible Zollanpassungen, um auf andere Länder Druck auszuüben.

US-Präsident Donald Trump spricht während eines Treffens mit den Republikanern des RepräsentantenhausesDonald Trumps zweite Amtszeit: Politikwissenschaftler sehen autoritäre Tendenzen (Symbolbild). © IMAGO/ALLISON ROBBERTTrumps radikales Vorgehen gegen Kritiker: Steigender Druck auf „woke“ Organisationen

Deutlich wird zudem in der CNN-Analyse, wie Trump Loyalisten in Schlüsselpositionen setzt und politische Gegner ins Visier nimmt. Beispielsweise wurde erst kürzlich der Leiter des Bureau of Labor Statistics (Behörde für Arbeitsstatistiken) von seinem Amt entfernt. Er soll durch einen Trump-treuen Ökonomen EJ Antoni von der Heritage Foundation ersetzt werden. Gleichzeitig stoßen Trump und seine Anhänger immer wieder Ermittlungen gegen Kritiker an, zum Beispiel gegen Personen, die an Trumps Amtsenthebungsverfahren beteiligt waren. Die Botschaft: Wer Trump herausfordert, riskiert selbst Ermittlungen.

Auch gegen kritische oder progressive Institutionen geht die Trump-Regierung vor. Trump brüstet sich damit, dass die US-Universitäten und Anwaltskanzleien klein beigeben. Den angeblich „woken“ Universitäten hatte Trump zuvor mit massiven Fördergeldkürzungen gedroht. In einem Dekret ging der US-Präsident zudem gegen spezifische Anwaltskanzleien und einzelne Anwälte vor. Um politische Verfolgung zu vermeiden, haben weitere neun Kanzleien einem Pro-Bono-Deal im Wert von insgesamt 940 Millionen US-Dollar zugestimmt, wie Axios berichtete.

Zusätzlich kritisierten die Reporter ohne Grenzen (RSF) Trumps Vorgehen gegen die Medien. „Viele dieser Taktiken sind nicht neu – es handelt sich um dieselbe Vorgehensweise, die wir bei den Verfolgern der Pressefreiheit auf der ganzen Welt beobachten konnten“, sagte der geschäftsführende Direkter der RSF USA, Clayton Weimers. Die Organisation erinnert an Anklagen, Verboten von Wörtern wie dem Golf von Mexiko, Angriffe auf öffentlich-rechtliche Medien und Gewalt gegen Journalisten bei den LA-Protesten.

„Kein Zweifel“: Trump-Regierung ist autoritär – Demokratie offenbar in Gefahr

Für den deutschen Politikwissenschaftler Michael Zürn besteht „kein Zweifel“, wie er in einem Artikel im Wissenschaftsmagazin Spektrum schrieb. Laut Zürn handle es sich bei der Trump-Regierung klar um autoritäre Populisten. Im Gegensatz zum Faschismus kontrastierte er: Autoritäre Populisten wie Trump wollten „die liberale Demokratie ‚nur‘ illiberal umformen, die demokratische Fassade jedoch erhalten“. Die von CNN hervorgehobenen Ereignisse kratzen dabei womöglich nur an der Oberfläche eines Umwälzungsprozesses, für den es jetzt schon zahlreiche weitere Beispiele gibt.

In einer Umfrage, bekannt als die „Bright Line Watch“, mit 760 US-Politikwissenschaftlern aus dem April wird deutlich: Zürn ist nicht der einzige, der autoritäre Tendenzen sieht. Nach der Wahl von US-Präsident Trump im November 2024 hatten die Wissenschaftler die amerikanische Demokratie noch mit 67 eingestuft (100=perfekte Demokratie). Im April war die Zahl bereits auf 49 gesunken. Damit lag der Wert zum ersten Mal seit Erhebungsbeginn 2018 unter 50. (lismah)