Weingarten (Rheinland-Pfalz) – Für die Mutter und den Bruder war das Urteil ein Schlag ins Gesicht: Arthur Leven (†17) wurde erstochen, doch der Täter kam mit einem Freispruch davon – weil er angeblich aus Notwehr gehandelt habe.

Der umstrittene Richterspruch im Februar 2024 am Landgericht in Landau (Rheinland-Pfalz) sorgte bei den Angehörigen für Unverständnis und bundesweit für Aufsehen. Staatsanwaltschaft und Nebenkläger legten Revision ein. Mit Erfolg: Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe kassierte das Urteil ein, eine andere Jugendkammer muss den Prozess jetzt neu aufrollen.

Lauerte der Angeklagte seinem Opfer auf?

Die tragische Nacht zum 1. Juli 2023: Arthur besuchte mit Freunden eine private Oberstufenparty des örtlichen Gymnasiums an einer Grillhütte bei Weingarten (Landkreis Germersheim). Kurz nach Mitternacht gerieten er und Kerem B. aneinander. Laut Staatsanwaltschaft seien Partygäste Arthur zu Hilfe geeilt und hätten dem Angeklagten mehrere Schläge ins Gesicht verpasst. Bekannte hätten den damals 20-Jährigen schließlich nach Hause gebracht.

Kerem B. (mittlerweile 21) saß nach dem tödlichen Messerstich bereits in U-Haft, wurde damals in Handschellen in den Gerichtssaal gebracht

Kerem B. (mittlerweile 21) saß nach dem tödlichen Messerstich bereits in U-Haft, wurde damals in Handschellen in den Gerichtssaal gebracht

Foto: Jürgen Mahnke

Doch für B. war der Streit damit offenbar noch nicht beendet gewesen: Er kam wieder, stellte sein Auto auf einem Feldweg ab – wenige hundert Meter entfernt von der Grillhütte. Vor Gericht äußerte der Angeklagte, er sei nicht auf Rache aus gewesen, sondern habe lediglich sein verloren gegangenes Handy suchen wollen.

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Doch als Arthur mit seinen Freunden gegen 3 Uhr auf dem Heimweg war, stieg B. aus – bewaffnet mit einem Messer. Es kam erneut zu einem Gerangel. Arthur soll seinem Kontrahenten zunächst einen Schlag ins Gesicht verpasst haben. Dann der tödliche Stich – mitten in Arthurs Brust! Der 17-Jährige starb noch am Tatort. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen Totschlags, forderte fünf Jahre Knast.

Der Täter beruft sich auf Notwehr

Der Messerstecher berief sich im Prozess auf Notwehr. Er habe Angst vor weiteren Schlägen gehabt, keinen anderen Ausweg gesehen, sein Leben zu schützen. Der BGH urteilte nun, das Gericht sei fehlerhaft mit den Aussagen des Beschuldigten umgegangen. Beweise seien zudem lückenhaft ausgewertet worden.