Rot-Weiss Essen geht als Außenseiter ins Pokalspiel gegen Borussia Dortmund. Für Trainer Uwe Koschinat zählt aber nicht nur der sportliche Erfolg.
Das Los Borussia Dortmund in der ersten Runde des DFB-Pokals ist entweder Los-Glück oder Los-Pech. Das kommt ganz darauf an, welchem Verein der BVB als Gegner zugelost wird. Für die Spieler kleiner Amateurvereine geht mit einem Spiel gegen Dortmund meistens ein Traum in Erfüllung. Das ist dann Los-Glück. So manch ambitionierter Drittligist wünscht sich dagegen mitunter einen leichteren Gegner. Der BVB wäre das Los-Pech.
Rot-Weiss Essen ist so ein ambitionierter Drittligist. Für Trainer Uwe Koschinat ist Borussia Dortmund dennoch ein Wunsch-Los: „Einfach deswegen, weil zum einen die Fanlager beider Vereine eine sehr gesunde Beziehung zueinander haben. Das ist ungewöhnlich für zwei Vereine aus dem Pott. Insofern glaube ich, haben beide Fanlager ganz große Lust auf dieses Spiel. Da wird nicht so viel Aggressives im Vorfeld hochgepusht, sondern eher das Verbindende“, sagte Koschinat im WDR-Interview.
Schweigeminute für Frank Mill
Wie eng beide Vereine miteinander verbunden sind, wird sich auch vor dem Spiel zeigen. Dann wird es eine Schweigeminute für den kürzlich verstorbenen Frank Mill geben, der sowohl für den BVB als auch für RWE aktiv war. „Das verbindet dann auch nochmal, weil man merkt, dass gerade im Pott natürlich auch unheimlich viele Spieler unterwegs waren, die eben nicht nur für einen Verein gespielt haben, sondern absolute Legenden in unterschiedlichen Clubs geworden sind“, sagte Koschinat.
Der 53-Jährige ist seit Mitte Dezember vergangenen Jahres RWE-Trainer. Damals stand der Verein in der 3. Liga auf einem Abstiegsplatz. Unter Koschinat holte Essen dann allein in der Rückrunde satte 39 Punkte und beendete die Saison noch auf Rang acht. In der Rückrundentabelle belegte Essen den zweiten Platz hinter Aufsteiger Arminia Bielefeld.
Koschinat: „Können nur gewinnen“
Dazu führte Koschinat RWE über den Niederrheinpokal auch in den DFB-Pokal. Im Halbfinale und Finale räumte RWE mit Rot-Weiß Oberhausen und dem MSV Duisburg gleich zwei schwere Brocken aus dem Weg. „Da wird dir auch bewusst, wie wichtig diese Landespokalwettbewerbe sind. Sie sind ja meistens die Vorstufe für so ein großes Los. Und deswegen finde ich das Los Borussia Dortmund einfach nur fantastisch. Wir können in diesem Spiel nur gewinnen.“
Auf dem Papier geht RWE natürlich als klarer Außenseiter ins Spiel. In der Liga ist die Euphorie der vergangenen Rückrunde ein wenig verflogen. Zum Auftakt haben die Essener gegen 1860 München und den TSV Havelse zwei Mal 1:1 gespielt und dabei jeweils eine 1:0-Führung aus der Hand gegeben. In Havelse fiel der Ausgleich in der Nachspielzeit per Fallrückzieher.
„Das war schon ein deutlicher Rückschlag, das muss man ehrlich sagen. Damit habe ich auch erst einmal gehadert“, gab Koschinat zu. „Wir müssen uns vorwerfen, dass wir uns eine zu geringe Anzahl an klaren Möglichkeiten rausgespielt haben, trotz 70 Prozent Ballbesitz. Das zeigt aber auch, dass man auch mit ganz wenig Ballbesitz, Fußballspiele trotzdem erfolgreich gestalten kann. Das ist dann vielleicht auch so ein Fingerzeig für Montagabend.“
Ergebnis für Koschinat zweitrangig
Jeder Essener werde gegen den BVB von der großen Sensation träumen, weiß Koschinat. „Das ist jetzt, glaube ich, nicht so sehr meine Aufgabe, sondern die Mannschaft sportlich bestmöglich auf dieses Spiel vorzubereiten“, hält er dagegen.
Das Ergebnis ist für Koschinat sogar zweitrangig. Wichtiger ist für ihn die Leistung seiner Mannschaft. „Man muss ehrlicherweise sagen, im Regelfall hängt das eine mit dem anderen schon sehr stark zusammen. Aber es kommt natürlich nicht allzu häufig vor, dass auch eine herausragende Leistung von uns am Montagabend nicht zwingend dazu reichen muss, dieses Spiel zu gewinnen.“
Dennoch schätzt Koschinat seine Mannschaft stark genug ein, um dem BVB einen harten Kampf zu liefern. „Dafür müssen wir aber wirklich in allen Teilbereichen an unser Maximum kommen. Es muss am Ende sehr viel zusammenpassen.“
Koschinat erwartet bekannten BVB
Im besten Fall erwischt auch die Borussia nicht ihren besten Tag. Nach der Klub-WM in den USA hatte der BVB nur eine sehr kurze Vorbereitung auf die neue Saison. Für Koschinat ein Vorteil: „Ich glaube, dass mein Kollege Nico Kovac sehr stark darauf angewiesen war, in dieser kurzen Zeit auf viele bestehende Dinge zu bauen. Es wird kaum ein Neuzugang in der Startelf stehen. Es gibt ein total gefestigtes System, das ermöglicht mir zumindest aus der Gegnervorbereitung auch einen sehr klaren Plan zu entwickeln.“
Unabhängig vom Ergebnis hofft Koschinat, dass das Spiel seiner Mannschaft, aber auch dem Umfeld einen Push für die restliche Saison gibt. Als RWE Ende des vergangenen Jahres noch auf einem Abstiegsrang stand, war die Stimmung im Umfeld entsprechend schlecht.
„Die Mannschaft wurde sehr kritisch gesehen, teilweise nicht mal kritisiert, sondern eher höhnisch begleitet, sehr skeptisch begleitet. Und das hat sich im Lauf der Rückrunde eben komplett gedreht. Das hat man jetzt in der Vorbereitung gemerkt, dass da was zusammengewachsen ist“, blickte Koschinat zurück.
Koschinat: „Mannschaft spürt Wucht der Hafenstraße“
Dieses Gefühl soll sich durch einen leidenschaftlichen Auftritt gegen den BVB noch einmal erhärten, sagte der 53-Jährige. „Sodass die Fans spüren, wir haben Lust, diese Mannschaft zu unterstützen, weil sie es verdient, weil sie die rot-weißen Farben super repräsentiert. Umgekehrt spürt die Mannschaft die Hafenstraße und die Wucht, die unsere Fans tatsächlich dann entwickeln können. Das kann so ein richtiger Faktor werden für die Saison.“
Diese Botschaft will Koschinat am Montag dann auch nach Außen vermitteln: „Wenn man in ganz Deutschland sieht, Essen ist ein Verein, der gerade echt im Kommen ist, der in allen Teilbereichen nach vorne geht, dann wäre das ein gelungener Tag, unabhängig vom Ergebnis. Wenn wir den Menschen am Bildschirm vermitteln können, die sich vielleicht nicht jeden Tag mit Rot-Weiss Essen beschäftigen, das ist ein Verein, der zusammenhält, der sich echt wieder nach vorne kämpfen will, ich glaube, dann haben wir viel erreicht.“
Unsere Quellen:
- Interview mit Uwe Koschinat
- Homepage von Rot-Weiss Essen