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Die Flüchtlingssituation in Pakistan verschlimmert sich. Mehrere Afghanen mit Aufnahmezusage aus Deutschland wurden nun verhaftet. Über 2000 Menschen warten noch auf ein Visum.
Bernburg/Islamabad – In Pakistan haben die Behörden nach Angaben eines lokalen Polizeisprechers mindestens 20 Afghanen festgenommen. Die Verhafteten hatten offenbar bereits eine Aufnahmezusage aus Deutschland, wurden jetzt jedoch in Abschiebezentren in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad gebracht, so der Polizeisprecher. „Wir haben jetzt in Erfahrung gebracht, dass auch Afghanen betroffen sind, die sich bei uns in einem Programm befinden“, bestätigte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt am Donnerstag (14. August).
Mindestens 20 Afghanen festgenommen: Pakistanische Behörden seien über Aufnahmezusage informiert
Mittlerweile seien auch die pakistanischen Behörden darüber informiert worden. Dobrindt erklärte am Rande seiner Sommerreise durch Sachsen-Anhalt, dass Pakistan schon seit längerer Zeit bestrebt wäre, Afghanen in ihr Herkunftsland abzuschieben. Aus Sorge vor drohenden Abschiebungen und Abweisungen haben bereits eine Million geflüchtete Afghanen Pakistan wieder in Richtung Heimat verlassen.
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Die Massenabschiebungen in Pakistan sollten sich jedoch nicht gegen Personen richten, die bereits eine Aufnahmezusage aus Deutschland haben. Trotzdem geschieht dies offenbar immer wieder. Reporter ohne Grenzen teilte mit, dass die pakistanische Polizei schon am Mittwoch (13. August) einen Journalisten und seine Familie mit einer Aufnahmezusage in ein Abschiebelager gebracht habe. Von der Bundesregierung forderte die Organisation, dass diese sich für eine Freilassung einsetzt.
Afghanen mit Aufnahmezusage aus Deutschland festgenommen: Dobrindt bezieht Stellung
Der CSU-Politiker Dobrindt antwortete auf die Frage, ob bereits nach Afghanistan abgeschobenen Personen nun zurückgeholt würden, dass über die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ein Kontakt zu diesen Menschen bestehe. Sie würden auch Unterstützung erhalten. In jedem Einzelfall werde geprüft, ob eine rechtsverbindliche Verpflichtung zur Aufnahme bestehe. Auch eine Sicherheitsüberprüfung der Personen sei vorgesehen.
Warum gibt es das Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan?
Das Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan hilft Menschen, die wegen ihres Einsatzes für Demokratie und Menschenrechte verfolgt werden. Auch Journalisten, Wissenschaftler oder Betroffene von Gewalt wegen Geschlecht, Religion oder sexueller Orientierung können aufgenommen werden. Ziel ist der Schutz vor Verfolgung durch das Taliban-Regime.
NGOs schlagen gefährdete Personen vor, ein Punktesystem entscheidet über die Aufnahme. Die Betroffenen erhalten Hilfe bei der Ausreise und eine Aufnahmezusage für Deutschland. Familienangehörige können mitkommen. Das Programm sollte bis September 2025 laufen, wurde aber Anfang Mai von der Bundesregierung aus CDU und SPD vorzeitig gestoppt.
Quellen: Bundesinnenministerium und Auswärtiges Amt
Aktuell sitzen nach Angaben des Auswärtigen Amtes vom 20. Juni etwa 2400 Afghaninnen und Afghanen in Pakistan fest und warten auf ein Visum. Darunter seien rund 350 ehemalige Ortskräfte deutscher Institutionen. Seit die deutsche Botschaft in Kabul nach der Machtübernahme der Taliban im August 2021 geschlossen wurde, findet das Prüfverfahren für Betroffene in Pakistan statt. Bis es jedoch zu einem Termin mit den Sicherheitsbehörden kommt, vergehen häufig mehrere Monate.
In pakistanischen Flüchtlingslagern warten Tausende Afghanen auf ein Visum. © Qyass Khan/AP/dpaMassenabschiebungen in Pakistan: Hilfsorganisationen kritisieren Bundesregierung
Hilfsorganisationen wie Kabul Luftbrücke kritisieren die derzeitigen Zustände. Pakistanische Polizisten würden teilweise mit Gewalt gegen Geflüchtete aus Afghanistan vorgehen und Familien trennen. „Die Deutsche Botschaft Islamabad kann die Betroffenen offenkundig nicht effektiv schützen“, teilte die Organisation mit. Kabul Luftbrücke forderte, dass den Betroffenen umgehend Visa ausgestellt werden. (mit dpa)