Gesundheitsversorgung in Stuttgart: Statt Hausarzt: Ein Gesundheitszentrum, das nah am Patienten ist Der Empfang am Port-Gesundheitszentrum in der Hohenheimer Straße, dem Innenstadt-Standort des Robert-Bosch-Krankenhauses Foto: RBK

Auch in der Innenstadt gibt es immer weniger Hausärzte. Das erste Port-Gesundheitszentrum Stuttgarts, das nun am RBK City eröffnet hat, will das auffangen.

Es ist ein sperriger Name: patientenorientiertes Zentrum zur Primär- und Langzeitversorgung, kurz Port. Um was es sich dabei handelt, erschließt sich nicht auf Anhieb. Doch es steckt ein Ansatz dahinter, ohne den es künftig in Zeiten von Ärztemangel, Schließungen von Notfallpraxen, fehlenden medizinischen Fachkräften und steigenden Gesundheitskosten wohl nicht mehr geht: Ein Team aus Allgemeinmedizin, Pflege, Therapie und sonstigem medizinischem Fachpersonal arbeitet dort zusammen. Gesundheitskompetenz soll somit gebündelt werden.

Noch gibt es nur ein Dutzend derartiger Zentren in Deutschland. In Stuttgart hat kürzlich nun auch das erste seiner Art in einer baden-württembergischen Großstadt eröffnet – am RBK City in der Hohenheimer Straße, dem Innenstadt-Standort des Robert-Bosch-Krankenhauses (RBK). „Durch den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel ist nicht nur die Gesundheitsversorgung in der Fläche, also auf dem Land, in Gefahr“, sagt Mark Dominik Alscher, der Geschäftsführer des RBK. Auch in den Städten gäbe es immer mehr Lücken. In der Stuttgarter Innenstadt seien im Bohnen- und Leonhardsviertel erst vor kurzem zwei Praxen weggebrochen. So schloss die Praxis des überregional bekannten Arztes Suso Lederle am Charlottenplatz nach seinem Tod im März diesen Jahres.

Der Allgemeinmediziner Matthias Holmer ist am Port des RBK angestellt. Foto: RBK Port als Anlaufstelle für alle Patienten

Für die Patientinnen und Patienten, die in der Gegend leben, sowie für Neuzugezogene stellte und stellt sich die Frage: Wohin wende ich mich bei alltäglichen Gesundheitsproblemen? Zumal es im dortigen Umfeld auch Menschen gibt, deren Leben von Sucht, Prostitution und Obdachlosigkeit geprägt ist und denen es an Ansprechpartnern für Gesundheitsfragen fehlt. „Wir berücksichtigen hier die sozialen Lebenswelten der Menschen“, so Alscher weiter.

Das Port-Gesundheitszentrum wolle aber allen eine Anlaufstelle bieten – und abdecken, was benötigt wird. „Ich sag es mal so: Vielerorts brauchen wir keine S-Klasse, sondern einen robusten Kleinwagen“, sagt Alscher. Überhaupt sei das bisherige Gesundheitssystem in Zukunft so nicht mehr tragbar, nicht mehr finanzierbar: „Man muss neue Modelle einführen, neue Strukturen schaffen“, ist sich Alscher sicher. Das Ziel unter anderem: kürzere Wege, effektiveres Arbeiten. Ein wirkungsvoller Ansatz sei das Port-Konzept, das ursprünglich in Skandinavien erdacht wurde.

Community Health Nurses als wichtige Säule

Eine wichtige Säule dabei: so genannte Community Health Nurses, deren Aufgaben nicht nur die medizinische Versorgung umfassen, sondern auch Prävention, indem sie vor allem Älteren frühzeitig Beratung und Unterstützung in Sachen Pflege anbieten. Ganz neu ist dieses Berufsbild in Deutschland nicht, einst gab es schließlich die Gemeindeschwester. Die SPD im Land will daher das Konzept der „Gemeindeschwester plus“ etablieren. Das ist allerdings noch Zukunftsmusik.

In der Realität sind am Port in der Hohenheimer Straße bisher zwei Community Health Nurses tätig sowie mit Matthias Holmer ein Allgemeinarzt, bald soll eine Kollegin sowie eine weitere Nurse hinzustoßen. Dass er angestellt und nicht als Selbstständiger und zudem in Teilzeit arbeiten kann, entspricht Holmers Vorstellungen, der lange als medizinischer Entwicklungshelfer im Kongo tätig war. „Wir wollen hier aber keine Konkurrenz für niedergelassene Ärzte sein“, betont er. Man nehme keinem „etwas weg“, sondern schließe Lücken: „Es waren schon einige bei mir, die einfach dankbar sind, dass sie nun einen Hausarzt haben.“

Das Geld kommt vom Bosch Health Campus

Genau das sei eines der Ziele in der Versorgung: „Der Hausarzt muss für alle Patienten die erste Anlaufstelle werden“, betont RBK-Chef Alscher. Bei der Finanzierung des Modells Port gibt es allerdings Probleme: „Die Regelversorgung deckt das nicht ab. Wir können hier nur arbeiten, weil der Bosch Health Campus das Geld dafür gibt.“ Dennoch biete man am RBK City eine weitere Besonderheit: Es ist das erste Port-Zentrum, das an ein Krankenhaus angegliedert ist. „Wir haben also nicht nur verschiedene Gesundheitsberufe unter einem Dach, sondern können bei komplizierteren Fällen schnell Experten einschalten“, so Alscher.