Eigentlich war schon 2024 alles klar, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Zulässigkeit einer Take-Away-Steuer in Tübingen für rechtens erklärt hatte. Da hätte auch in Leipzig einer Einführung nichts mehr im Weg gestanden. Doch diese Verpackungssteuer wird es in Leipzig frühestens 2027 geben, wie in der Ratsversammlung im Februar klar wurde. Der BUND Leipzig setzt das Thema jetzt mit der ersten Leipziger Mehrwegkonferenz wieder auf die Tagesordnung. Denn wie die Stadt da inzwischen vorgeht, sorgt für geballte Irritationen beim BUND.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Leipzig äußert nun seine Irritation über das Vorgehen der Stadt Leipzig bei der Einführung der geplanten Verpackungssteuer. Und er fordert auch eine zeitnahe Einführung. Gleichzeitig kritisiert der BUND auch, dass im Kontext der Verpackungssteuer diese als Mittel zur Einnahmegenerierung genutzt werden soll, wie es etwa die Grünen kommunizieren. Aber die Verpackungssteuer sollte primär ein Beitrag zum Schutz der Umwelt, Natur und der Gesundheit sein und als Lenkungssteuer helfen, Abfallberge und Plastik zu vermeiden.

Der Finanzbürgermeister legt eine Kehrtwende hin

„Einwegverpackungen sind eine enorme Belastung für unsere Umwelt“, betont Lisa Falkowski, Vorständin des BUND Leipzig. „Die Verpackungssteuer muss endlich konsequent dafür sorgen, dass der Verpackungsmüll, der unsere Stadt und besonders unsere Umwelt belastet, deutlich reduziert wird.“

Beim letzten Runden Tisch zur geplanten Verpackungssteuer in Leipzig waren Vertreter/-innen der Stadtverwaltung, Leipziger Gastronomie-Betriebe, der Stadtreinigung, der Industrie- und Handelskammer (IHK), der DEHOGA, des Bundesverbandes der Systemgastronomie, der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, SPD, CDU und der Freie Fraktion sowie des BUND zusammengekommen.

Ziel des Treffens war es, die Chancen und Herausforderungen einer kommunalen Verpackungssteuer für Leipzig offen zu diskutieren und gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln.

Gleich zu Beginn sorgte dann freilich ein unerwarteter Paukenschlag für Aufsehen: Der Finanzbürgermeister der Stadt Leipzig, Torsten Bonew, kündigte an, die Verwaltung wolle dem Stadtrat vorschlagen, von einer Verpackungssteuer abzusehen. Das kam auch für den BUND überraschend, denn bislang waren die Äußerungen der Verwaltung zur Verpackungssteuer durchweg positiv – man hatte lediglich auf den Ausgang des Gerichtsprozesses gewartet.

Dieser Kurswechsel sorgt für einige Irritationen beim BUND Leipzig, der ja nun seit Jahren daran arbeitet, auch in Leipzigs Gastronomie Mehrwegsysteme durchzusetzen und die To-Go-Müllberge zu verringern. Doch inzwischen hat die Stadt auf einmal die IHK beauftragt, einen Gegenvorschlag zur Einführung einer Verpackungssteuer vorzulegen. Nach Aussagen der Stadt setzt man mal wieder auf Freiwilligkeit, was sich in der Vergangenheit nicht als erfolgreich gezeigt hat.

Der BUND agiert bereits seit fast drei Jahren mit seinem Projekt „Allerlei to Go“ zusammen mit der Stadtreinigung Leipzig in der Branche und versucht, basierend auf Freiwilligkeit, Mehrwegsysteme attraktiv für die Gastronomie und den Verbraucher zu machen. Mit mäßigem Erfolg, wie der BUND feststellt.

Gleichzeitig kritisiert der BUND neben der Vermeidungsstrategie der Stadt auch die Kommunikation einiger Parteien, die offenbar die Verpackungssteuer zuallererst als Einnahmequelle sehen. Es geht darum, Müll zu reduzieren, damit auch die Stadtreinigung zu entlasten, die Stadt sauberer zu gestalten, Mikroplastik zu vermeiden und damit auch einen Beitrag zum Gesundheitsschutz zu leisten. Die Fokussierung auf mögliche Einnahmen setze da die falschen Prioritäten.

Kontroverse Diskussion: Für und Wider

Der Runde Tisch zeichnete sich durch eine lebhafte Debatte aus. Während Umweltverbände wie der BUND und politische Vertreter/-innen von den Grünen die Verpackungssteuer als wichtigen Schritt für mehr Umweltschutz, Abfallvermeidung und nachhaltigen Konsum sahen, äußerten Vertreterinnen der Gastronomie, von IHK und DEHOGA deutliche Bedenken. Auch die SPD hielt eine Phase der Freiwilligkeit für durchaus denkbar, bevor schärfere Maßnahmen wie eine Steuer zu tragen kommen.

Ein häufiges Gegenargument war, dass die Verpackungssteuer die Müllmenge in Tübingen nicht reduziert habe. Dabei wird oft übersehen, dass bei Einwegverpackungen das Volumen und nicht das Gewicht entscheidend ist. Gerade darin liegt der ökologische Nachteil, erklärt der BUND Leipzig: „10.000 Einweg-Kaffeebecher wiegen nur etwa 100 kg, sorgen aber für ein enormes Müllvolumen.

Für die Stadtreinigung ist das Volumen das Hauptproblem, weil es öffentliche Mülltonnen verstopft, zu zusätzlichem Müll neben den Tonnen führt und der Transport von ‚Luft‘ teuer ist. Doch Müll ist nicht nur eine Frage der Ästhetik im Stadtbild. Vielmehr betrifft das Thema auch den Umwelt- und Artenschutz: Viele Einwegverpackungen enthalten problematische Inhaltsstoffe, die über den Müll in den Naturkreislauf gelangen können.

Tiere verschlucken Teile von Verpackungen, was zu Verletzungen oder sogar zum Tod führen kann. Zudem gelangen Schadstoffe wie Phthalate, Weichmacher und PFAS aus Einwegverpackungen in die Umwelt, wo sie Ökosysteme belasten und auch gesundheitliche Risiken für den Menschen darstellen können.“

Diese Aspekte – die Belastung von Umwelt und Artenvielfalt sowie die Gesundheitsgefahren durch schädliche Inhaltsstoffe in Einwegverpackungen – blieben in der bisherigen Debatte weitgehend unberücksichtigt, kritisiert der BUND. Dabei seien sie zentrale Argumente für eine konsequente Reduktion von Einwegmüll und die Förderung nachhaltiger Alternativen.

Umweltschutz und Müllproblem

Dazu kommt noch: Die Belastung durch hohe CO₂-Emissionen und den Energieverbrauch bei der Herstellung von Einwegverpackungen ist enorm – und das für meist sehr kurze Lebensdauern der Produkte. Die Steuer müsse daher auch ein Anreiz sein, verlässliche Mehrwegsysteme breit einzuführen und zu fördern.
„Wir können nicht weiter warten. Leipzig muss jetzt handeln und die Verpackungssteuer einführen, um die Verschmutzung unserer Umwelt, den Verlust der Artenvielfalt und die Gesundheitsrisiken durch Umweltgifte endlich ernsthaft zu bekämpfen“, betont Lisa Falkowski.

Der BUND Leipzig fordert deshalb, die Einführung der Verpackungssteuer schnell und ambitioniert umzusetzen und dabei den Fokus stärker auf Umweltschutz, Artenschutz sowie die gesundheitlichen Risiken durch schädliche Verpackungsbestandteile zu legen. Nur so könne die Stadt ihrer Verantwortung gerecht werden und deutlich machen, dass sie Müllberge und Umweltgifte ernst nimmt.

1. Leipziger Mehrwegkonferenz

Passend zu diesem Thema veranstaltet der BUND Leipzig am Montag, dem 18. August, die erste Leipziger Mehrwegkonferenz.

Gemeinsam mit Akteur/-innen aus Gastronomie, Verwaltung, Kammern, Verbänden und Zivilgesellschaft sollen konkrete Lösungen gegen Einwegverpackungen diskutiert und entwickelt werden.
Informationen dazu und die Möglichkeit zur Anmeldung findet man hier.