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Bäckermeister Wolfgang Lang an seiner sogenannten Kliefmaschine, mit der er Teig schnell in kleine Portionen teilen kann. Seit 2014 betreibt er sein Geschäft an der Münsterer Tannenstraße. 2026 könnte Schluss sein. © Dörr, Jens
Die Initiative „Heimat shoppen“ will lokale Händler in Münster stärken. Wir haben einige Betriebe besucht, um deren Herausforderungen zu verstehen. Ein Geschäft steht vor dem Aus.
Münster – Die lokalen Händler, Dienstleister und Gastronomen stärken – darum geht es bei der bundesweiten Initiative „Heimat shoppen“. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt setzt sie auch 2025 gemeinsam mit Wirtschaftsförderungen und Gewerbevereinen in elf Kommunen des Landkreises Darmstadt-Dieburg um. Eine davon ist Münster, wo sich ein Team um Wirtschaftsförderin Sandra Schröbel und Gewerbevereinsvorsitzende Hiltrud Schäfer alljährlich neue Aktionen einfallen lässt. Am Freitag besuchte ein Tross, dem neben den zwei Frauen und Bürgermeister Joachim Schledt (parteilos) auch Vertreter der IHK angehörten, per Kleinbus mehrere Münsterer Betriebe. In drei davon hörte sich auch unsere Mediengruppe um: Wie geht es den kleinen Firmen im Ort? Was bewegt sie? Ein Geschäft könnte nächstes Jahr schließen.
Erste Station: Bäckerei Lang an der Tannenstraße, Inhaber Wolfgang Lang, drei Mitarbeiter, 130 000 Euro Jahresumsatz
„Wir bräuchten noch zwei, drei Aushilfen für den Verkauf“, sagt der Bäckermeister. Vor einem halben Jahr seien ihm Verkäuferinnen weggebrochen, seitdem müssen seine Frau und er mit nur noch einer weiteren Teilzeitkraft klarkommen. „Die Eltern haben zu viel Geld“, meint Lang. „Die jungen Leute haben es nicht nötig zu arbeiten.“ So finde er kaum noch Studenten, die sich etwas hinzuverdienen wollten.
Zweites Problem seien die Energiekosten. Sowohl die Kühlung als auch der Ofen in der Backstube, die die Bäckerei Lang im Verkaufsraum integriert hat, so dass jeder Kunde dem Chef beim Backen zuschauen kann, sind strombetrieben. „Wir verbrauchen im Jahr 40 000 Kilowattstunden und haben dadurch Stromkosten von 14 000 Euro“, rechnet Lang vor. Das sei im Verhältnis zum Gesamtumsatz zu viel: „Eigentlich dürfte das nur sechs bis acht Prozent davon ausmachen.“
Darum sorgen muss sich Lang freilich wohl nur noch zwölf Monate: Im September 2026 will der 68-Jährige aufhören. Dass ein Nachfolger die von ihm seit 2014 betriebene Bäckerei im gemieteten Objekt im Wohngebiet unweit des Bürgerparks übernehmen wird, glaubt er nicht. Eine aktive Suche habe er deshalb erst gar nicht betrieben. Je nach weiterem persönlichen Lebensweg – ein Rückzug nach Rheinhessen, von wo die Langs vor elf Jahren kamen, steht im Raum, ist aber noch unsicher – könne er sich aber vorstellen, die Bäckerei ab Herbst 2026 zumindest noch an zwei, drei Tagen die Woche fortzuführen.
Zweite Station: Adams Radladen auf der Beune, Inhaber Adam Schneider, zwei Mitarbeiter, 500 000 Euro Jahresumsatz
Im Jahr 2013 machte sich der Münsterer, damals noch an der Goethestraße, selbstständig, baute dann vier Jahre später auf einem Grundstück seines Vaters im Gewerbegebiet auf der Beune sein heutiges Wohn- und vor allem Geschäftshaus. „Ich würde es wieder tun“, sagt der 36-Jährige zwar rückblickend. „Dazu müssten aber ein paar Bedingungen passen.“ So habe er vor acht Jahren noch von deutlich niedrigeren Baukosten und günstigeren Finanzierungsbedingungen profitiert. „Heute wäre das wesentlich teurer.“
Auch Adam Schneider (Mitte) bekam am Freitag in seinem Radladen Besuch von einem Tross der IHK (rechts Daniel Theobald, Geschäftsbereichs-Leiter Unternehmen und Standort), des Gewerbevereins (links Vorsitzende Hiltrud Schäfer) und der Gemeinde (2. von links Bürgermeister Joachim Schledt, 2. von rechts Wirtschaftsförderin Sandra Schröbel. © Dörr, Jens
Anspruchsvoll sei sein Business, das umsatztechnisch an der Hauptsache vom Verkauf lebe („Die Werkstatt ist aber eine Konstante, die wir ebenfalls beibehalten“) und dabei mittlerweile in sieben von zehn Fällen ein E-Bike statt eines „Biorads“ an den Kunden bringe, aufgrund stark schwankender Parameter. So sei der Umsatz in der Corona-Zeit regelrecht explodiert, „da hatten wir fast eine Million Euro“. Bis heute ging er wieder auf die Hälfte zurück. Halbiert hat sich in jüngerer Vergangenheit auch das Team von Adams Radladen. „Vor einiger Zeit waren wir noch zu viert“. Ein Mitarbeiter sei jedoch weggezogen, eine Mitarbeiterin zur Konkurrenz gewechselt. Sehr unterschiedlich sei auch die Intensität der Arbeitstage: „Wir haben zwar immer zu tun, in der Hauptsaison ist es aber sehr anstrengend.“
Dritte Station: ÖkoBrix und hardbrix auf der Beune, Inhaber Michael Kendzia, zehn Mitarbeiter, 3 Millionen Euro Jahresumsatz (beide Firmen zusammen).
Mit seinem Team und der hauseigenen Lkw-Flotte beliefert der Münsterer Unternehmer mittlerweile mehr als unglaubliche 30 000 Kunden im Radius von meist 200 Kilometern mit Brennholz, Briketts und Pellets. Kendzias Geschäft boomt. „Wir gewinnen pro Jahr 2000 Kunden hinzu.“ Täglich verließen bis zu 70 Tonnen Ware das gemietete, 2000 Quadratmeter große Lager im Münsterer Gewerbegebiet. „Wir fahren 50 Touren am Tag, liefern bis zu 12 000 Tonnen jährlich aus“, sagt der 65-Jährige, der sich vor 18 Jahren selbstständig machte und hofft, dass in ein paar Jahren eins seiner vier Kinder die Firmen übernimmt.
Sein Geschäft boomt, doch die Bürokratie erschwert den betrieblichen Alltag: Michael Kendzia, Inhaber von ÖkoBrix und hardbrix auf der Münsterer Beune. © Dörr, Jens
Unerfreulich seien im betrieblichen Alltag vor allem bürokratische Erschwernisse, sagt Kendzia: „Die Nachweis- und Dokumentationspflichten müssten reduziert werden.“ Beispielsweise Regelwerke wie Verpackungs- und Datenschutzverordnungen seien eine wesentliche Last.